Ich sah runter in die tobenden Tiefen des Wassers

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Sicht Stegi

Ich lag in diesem Zimmer, es roch steril und die Nadel in meinem Arm nervte. Dazu kam noch, dass der Schlauch in meiner Nase so sehr kitzelte, dass ich immer wieder niesen musste. Die Tür zu meinem Zimmer ging auf und Felix und Sebastian kamen rein. ,,Stegi, wie geht es dir?'', fragte Basti und sie setzten sich auf das Bett neben meinem. Ich zuckte die Schultern und sagte dann: ,,Muss. Ich friere und mein Kopf tut weh.'' Felix nickte und Sebastian sah mich an. ,,Weiß du, was passiert ist?'', fragte er vorsichtig. Langsam nickte ich und er atmete einmal heftig aus. ,,Der Arzt hat uns gesagt, es kann sein, dass du dich nicht erinnern wirst.'' ,,Tim hat mir alles erzählt'', gab ich kleinlaut zu. Felix zog seine Augenbrauen zusammen und Basti zappelte unruhig auf seinem Platz rum. ,,Meinst du, du kannst uns jemals verzeihen?'', fragte Felix dann. ,,Wieso euch? Ich wollte mir wenigstens helfen.'' Ich merkte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten und schaute schnell weg. Basti und Felix seufzten. ,,Hör zu, wir müssen leider schon wieder los aber kommen dich morgen abholen. Der Arzt sagt, heute musst du nochmal hier bleiben damit sie deine Werte im Auge behalten können. Aber wenn er dich entlässt, ruft er uns an und wir kommen sofort her!'', sagte Felix und die beiden standen auf. Ich nickte nur und merkte, wie erschöpft ich war. Sie verabschiedeten sich und ich war wieder allein. Ich legte mich so bequem wie möglich hin und versuchte ein wenig zu schlafen. 

Ich sah runter in die tobenden Tiefen des Wassers. Ich wollte hier nicht stehen aber konnte mich nicht bewegen. Hinter mir hörte ich die Stimmen von Felix, Sebastian und Tim. Sie redeten auf mich ein, wollten, dass ich sprang. Meine Hände lösten sich langsam von dem kalten Metall des Geländers. Ich merkte wie ich fiel ... ich fühlte mich furchtbar leicht und gleichzeitig wahnsinnig schwer.... dann kam ich auf die sprudelnde Wasseroberfläche auf und war gefangen Unterwasser. Wusste nicht wo oben und wo unten war. Ich wollte auftauchen doch es gelang mir nicht.. Langsam wurde mir schwarz vor Augen und ich merkte, wie sich das Wasser einen Weg in meine Lunge bahnte... Ich spürte zwei Arme, die sich um meinen Oberkörper schlangen und mich an die unendlich weit entfernte Oberfläche zogen. Das letzte was ich sah, war das wunderschöne Gesicht von Tim. Dann wurde alles schwarz und ich hörte ihn nur noch meinen Namen schreien...

Schreiend wachte ich auf und fasste mir an die pochende Stirn. Ich war schweißgebadet und zitterte am ganzen Körper. Ich gab mir alle Mühe, meinen Atem wieder zu kontrollieren und es gelang mir letztendlich auch. Die Bettdecke wickelte ich fest um meine Schultern und setzte mich auf die Bettkante. Der Mond stand hoch am sternenbedeckten Himmel und schien hell in mein Zimmer. Ich schloss meine Augen und dachte an Tims glänzende Haut während er bis zum Bauch im Wasser stand. Ich dachte an unser erstes Mal und seufzte. Es war so schön, er war vorsichtig und liebevoll gewesen und ich wollte nicht glauben, dass dieser Tim sich einfach so gegen uns wandte. Und sofort dachte ich wieder an seine Worte von vorhin. Er wollte uns schützen und hat gesagt, er liebt mich. Doch wie fühle ich für ihn? Eigentlich brauchte ich mir die Frage nicht stellen aber ich wollte alles in Erwägung ziehen. Ich wollte ihm unbedingt wieder verzeihen, aber ich brauchte Zeit. Aber ich wusste, ich brauche ihn.

Sicht Tim

Ich lag wach in meinem Bett. Besser gesagt in Stegis. Felix und Sebastian haben gefragt, ob ich wieder ins Zimmer kommen will. Ich atmete tief seinen Duft ein, welcher im Kissen hing und schaute aus dem Fenster. Ich sah den Mond und fragte mich, ob Stegi schläft. Doch dann spürte ich etwas. Etwas wie eine Art Stimme in meinem Kopf. Sie sagte leise meinen Namen und hörte sich an wie Stegis. Das hab ich mir wahrscheinlich nur eingebildet, doch dass er vielleicht auch grad den Mond anschaut, an mich denkt und sich die gleiche Frage stellt, ließ mich lächeln. Ich schickte ihm per Gedanken ein gut Nacht, wusste er würde es nicht hören, aber es fühlte sich gut an. Ich wollte ihn wieder hier neben mir haben. Morgen durfte er wieder nach Hause, haben die beiden anderen gesagt und ich freute mich schon. Dann konnte ich zwar nicht bei ihm liegen aber er wäre hier. Ich würde ihm nie wieder weh tun, dass hatte ich mir geschworen. Erschöpft schloss ich meine Augen, musste sie aber direkt wie öffnen. Immer wenn ich sie zu hatte, sah ich Stegi wieder auf dem Boden liegen. Den Kopf auf Felix Schoß, blass, blutend und klatschnass. In dem Moment blieb mein Herz stehen und ich sah nur zu, wie die anderen beiden direkt handelten. Ich konnte ihn nicht verlieren. Ich würde Patrick nie verzeihen, dass er ihm bis jetzt sein Leben so schwer gemacht hat. Und ich wusste nicht, ob ich mir selber jemals verzeihen konnte. Ich hatte ihn immerhin dazu gebracht. Mir lief eine Träne über die Wange. 

Stexpert - das ist nicht nur ein Name, sondern ein LebensgefühlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt