...dann hörte man nur noch ein langgezogenes Piepen

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Sicht Stegi

Manu war nun schon eine Woche im Krankenhaus, die Tage ohne ihn zogen sich wie Kaugummi. Ich besuchte ihn immer wenn ich konnte und wenn ich nicht konnte, wartete ich auf einen Anruf vom Arzt. Ich wollte endlich wissen, was mit ihm ist. Dann, endlich, klingelte mein Telefon. ,,Guten Tag, kommen sie bitte ins Krankenhaus. Ich muss mit ihnen sprechen'' sofort wurde mir schlecht und ich rannte aus der Wohnung. Ich hatte immer Schuhe an, für den Fall, dass ich schnell los musste, so wie jetzt. Ich fuhr mit Manus Auto und als ich am Krankenhaus ankam, wurde mir noch schlechter. Ich hatte keine gute Vorahnung und einen riesigen Kloß im Hals. So schnell ich konnte, ging ich zu Manus Zimmer, klopfte und betrat es. Seine Mutter wartete schon am Bett und Manu blinzelte mich schwach an. ,,Also, wir haben endlich die Ergebnisse. Manuel, sie leiden unter einer seltenen Blutkrankheit. Leider gibt es bis jetzt noch keine eindeutige Behandlung. Wir können einiges versuchen, doch die Chance auf Heilung, ist sehr gering.'' All das kam kaum bei mir an. Ich starrte Manu nur an und hörte, wie Manus Mutter schluchzte. ,,Ich sterbe also?'', fragte Manu gefasst. Ich sah den Arzt an und er antwortete: ,,Nicht hundertprozentig. Wir können verschiedene Behandlungen versuchen. Aber nur wenn sie es wollen. Das heißt, sie müssen hier im Krankenhaus bleiben'' Manu griff meine Hand und sagte dann:,, Dann versuchen wir es Doc'' Er nickte und verließ das Zimmer. ,,Manu, bist du sicher? Das wird eine ungeheure Belastung für dich'', versuchte ich zu sagen doch er unterbrach mich: ,,Ich bin sicher. Ich bin noch nicht bereit, dich allein hier zu lassen. Ich muss mein Versprechen doch halten'' Er grinste schief und ich küsste seine Stirn. Seine Mutter weinte noch immer. Ich stand auf und nahm sie in den Arm. ,,Mein Junge. Du bist so tapfer.'' Manu lächelte sie an und sie verabschiedete sich, sie brauchte ein wenig Zeit für sich und ich wäre ja bei Manu. ,,Gibt es was neues?'', fragte er mich und ich setzte mich zu ihm ans Bett. ,,Nein, ich habe immer gehofft, endlich von dir zu hören, also war ich nicht draußen.'' ,,Ich will nicht, dass du aufhörst zu leben nur wegen mir.'' ,,Nicht nur wegen dir! Du bist Grund genug Manu!'' Er schaute mir in die Augen und ich konnte meine Tränen nicht mehr zurück halten. ,,Nicht weinen Liebling!'' Er zog mich in seinen Arm und ich legte mich zu ihm. ,,Wir schaffen das! Und wenn ich hier raus bin, fahren wir nach Vegas und heiraten!'' Ich musste lachen und er küsste mein Haar. 

Am nächsten Tag begannen die Ärzte mit Manus Behandlung. Als erstes wollten sie es mit einer Bluttransfusion versuchen und ich hielt die ganze Zeit Manus Hand. Er zitterte und ich drückte sie etwas fester. ,,Guck mich an, dann ist es nicht so schlimm'', sagte ich und er schaute mir direkt in die Augen. Das Ganze dauerte 4 Stunden und zwischendurch war Manu eingeschlafen. Ich schaute dabei zu, wie das Blut aus dem Beutel durch den dünnen Schlauch und in Manus Vene floss. ,,Stegi'', flüsterte er und ich sah ihn an. ,,Was denn?'' Ich strich ihm über die Stirn. Sie war furchtbar heiß und ich rief schnell einen Arzt. ,,Er hat Fieber bekommen. Wir müssen das abbrechen''. Er stoppte die Transfusion und klemmte den Beutel ab. ,,Es scheint so, als würde sein Körper das Blut nicht annehmen wollen'', erklärte mir ein Arzt nachdem sie die Ergebnisse ausgewertet hatten. ,,Was können wir jetzt tun?'', fragte ich und er schaute in Manus Akte. ,,Wir können es mit einer Medikamentösen Behandlung versuchen aber die hat ebenfalls große Risiken. ,,Ich will es versuchen'', meinte Manu. Der Arzt reichte Manu einen Plan und erklärte, welche Antibiotika er wann nehmen muss. Er holte eine Schachtel Tabletten und reichte sie Manu. ,,Die nehme sie als erstes. Das sind die Schwächsten. Dann werden wir jede Woche die Dosis steigern.'' Manu nickte, nahm eine der Pillen in die Hand und schluckte sie runter. ,,Dazu müssen sie viel trinken'' Ich schob Manu eine Flasche hin und er kippte sie ganz runter. ,,Wegen dem Fieber bekommen sie nochmal andere Medikamente'' Der Arzt verließ das Zimmer und wir waren allein. ,,Stegi, ich will nicht sterben'', flüsterte Manu und ich musste ein Schluchzen unterdrücken. ,,Das wirst du nicht!'' Ich küsste seine heiße Stirn und er schlief ein. 

Es war mitten in der Nacht, ich lag wach in unserem Bett. Jederzeit bereit, ins Krankenhaus zu fahren, sollte der Arzt anrufen. Es sind weitere 4 Wochen vergangen, doch es ging Manu nicht besser. Mein Blick auf die Uhr verriet, dass es ganz früh am Morgen war. Ich schluckte, nahm ein Bild von meinem Nachttisch. Es war eins der Bilder, die meine Mutter nach unserem Abschluss geschossen hatte. Dieser Moment kam mir so unendlich weit entfernt vor, war aber erst 2 Monate her. Ich drückte das Bild ganz fest gegen meine Brust. Ich durfte ihn nicht verlieren. Das würde ich nicht überleben. Jedes Szenario ohne ihn, was ich durchgegangen war, war gefüllt mit Schmerzen und unendlicher Trauer. Und mit Wut. Wut auf das Schicksal. Wieso konnte es nicht einfach mal so laufen wie man möchte? Ein Klingeln riss mich aus meinen Gedanken. Mein Handydisplay leuchtete auf und ich sah die Nummer von Manus Doktor. Schwer atmend nahm ich den Anruf an und hörte direkt: ,,Kommen sie bitte sofort ins Krankenhaus'' Zitternd stand ich auf. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, bis ich endlich vor Manus Zimmer stand. Mit immernoch zitternden Händen klopfte ich und öffnete dann die Tür. Manu lag blass im Bett, die Augen geschlossen und seine Mutter stand auf der anderen Seite. Als sie mich sah, liefen ihr wieder Tränen über die Wange. Ich ging langsam zu Manus Bett und griff seine Hand. Sie kam mir noch kälter vor als beim letzten mal. Nur ganz schwach konnte ich seinen Puls fühlen. Er war furchtbar dünn geworden. Der Arzt betrat das Zimmer und ich sah, er hatte keine guten Neuigkeiten. ,,Es sieht leider nicht gut aus. Die Behandlungen sind alle nicht erfolgreich gewesen. Und weil die Krankheit so selten ist, haben wir leider auch keine weiteren Möglichkeiten mehr. Wir werden die Behandlungen einstellen, wollen ihn nicht weiter quälen. Es tut mir leid, aber wir können nichts mehr für ihn tun'' damit verließ der Arzt das Zimmer und ich schaute auf Manu runter. ,,Bitte, du darfst mich nicht verlassen! Manu, ich flehe dich an! Wir hatten nur 2 kurze Jahre! Erinnerst du dich, an dein Versprechen? Das Haus, den Hund und unsere Kinder? Das krieg ich nicht allein hin!'' Ich hatte angefangen zu weinen. Plötzlich spürte ich wie Manu meine Hand drückte und er öffnete seine Augen. ,,Ich werde mein Versprechen halten! Ich liebe dich!'' dann hörte man nur noch ein langgezogenes Piepen und die Ärzte stürmten in den Raum, rissen mich von ihm weg und schoben uns aus dem Zimmer. ,,MANU!'', schrie ich die ganze Zeit doch sei ließen uns nicht wieder rein. ,,Manu ... bitte...''

Stexpert - das ist nicht nur ein Name, sondern ein LebensgefühlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt