Zittrig begann ich zu lesen

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Sicht Stegi

Wir waren schon lange ins Bett gegangen, doch ich konnte nicht einschlafen. Manu lag neben mir, atmete tief ein und aus und hatte seine Augen friedlich geschlossen. Lächelnd strich ich ihm die Haare aus dem Gesicht. Vorsichtig stand ich auf und ging in mein Arbeitszimmer. Ich setzte mich auf den Drehstuhl, öffnete die Schublade und holte den Briefumschlag raus. Wieder drehte ich ihn zwischen meinen Fingern und ich wollte ihn grade aufreißen, als ich leise Schritte hinter mir hörte. Ich drehte mich um und sah Manu im Türrahmen stehen, nur in Boxershorts und T-Shirt. Seine Haare standen zottelig in alle Richtungen ab und ich ging zu ihm. ,,Wieso schläfst du nicht?'', fragte ich ihn. ,,Das könnte ich dich auch fragen'', meinte er und gähnte. ,,Ich kann irgendwie nicht. Ich habe gestern im Briefkasten diesen Brief hier gefunden. Ich wollte ihn dir nicht zeigen, ich wollte nicht, dass du es vielleicht falsch verstehst. Aber ich will dir auch nichts verheimlichen.'' ich hielt den roten Umschlag hoch und Manu fragte: ,,Was steht denn drin?'' Ich zuckte die Schultern. ,,Ich habe ihn noch nicht gelesen. Ich kann irgendwie nicht.'' Ich legte den Umschlag auf den Schreibtisch, Manu kam auf mich zu, legte seine Hände auf meine Schultern und sah mich an. ,,Stegi, du musst das lesen. Der wurde nicht umsonst geschrieben. Vielleicht ist es wichtig.'' Er nahm den Umschlag, schaute ihn einmal an und drückte ihn mir wieder in die Hand. ,,Nein, nicht mehr heute. Komm ab ins Bett, du musst morgen zum Arzt. Ich wünschte ich könnte mitkommen, aber du weißt, das morgen der Elektriker kommt. Ich kann dich aber abholen'', sagte ich und schob ihn ins Schlafzimmer. ,,Alles gut. Du musst mich nicht babysitten. Ich bin schon groß weißt du'', lachte er und ich drückte ihn auf die Matratze. ,,Na wenn das so ist'', kicherte ich, sprang über ihn und zog ihn in meine Arme. Vorsichtig strich ich ihm über den Rücken und er schlief wieder ein. Nach einer weile glitt auch ich in einen Traumlosen Schlaf. 

Am nächsten Morgen weckte uns Manus Wecker. ,,Guten Morgen mein Herzblatt'', lachte er und schubste mich aus dem Bett. ,,Man, Manu'', meckerte ich und rieb mir den Hintern. ,,Geh duschen. Ich mach uns was zu essen'' Damit verschwand er in die Küche, ich griff mir frische Kleidung und ging ins Bad. Ich war grade dabei meine Haare trocken zu rubeln, da klopfte Manu an die Tür und sagte, er müsse jetzt los. Ich schloss auf, gab ihm einen Kuss und brachte ihn zur Tür. ,,Und wenn du fertig bist, ruf mich an. Ich hol dich dann ab'' Er nickte und ging dann die Treppen runter. Ich schloss die Tür und ging an meinen PC um ein wenig Musik anzumachen. Plötzlich traf mein Blick wieder auf den roten Umschlag. Ich nahm ihn, begann an der Lasche zu ziehen, wurde jedoch von einem Klingeln unterbrochen. Seufzend stand ich auf und machte dem Handwerker die Tür auf. Unsere Waschmaschine hatte den Geist aufgegeben und der Mann schraubte fast zwei Stunden daran rum. Zwischendurch klingelte mein Handy, Manu schrieb mir, dass er noch immer im Wartezimmer saß, es ihm aber gut geht und ich schob das Handy zurück in meine Hosentasche. ,,So, dass wäre es dann'', sagte der Mann, drückte mir eine Rechnung in die Hand und packte seine Sachen zusammen. ,,Danke'', antwortete ich und brachte ihn zur Tür. ,,Einen schönen Tag wünsche ich ihnen noch'' Ich schloss die Tür und legte die Rechnung neben meine PC. Sofort überwies ich das Geld an die Bankdaten und heftete das Papier weg. Jetzt, endlich, konnte ich den Umschlag öffnen. Vorsichtig riss ich ihn auf und sah die ersten Worte. Die Handschrift kam mir furchtbar bekannt vor. Schwer schluckend schob ich den Brief zurück in den Umschlag und legte ihn in eine Schublade. Tim hatte mir geschrieben. Woher hatte er meine Adresse? Wieso schrieb er mir? Was wollte er? All diese und weitere Fragen, schwirrten mir im Kopf rum. Jetzt wollte ich den Brief doch nicht mehr lesen und hastig stand ich auf und schloss hinter mir die Tür des Arbeitszimmers. Das konnte nicht sein. Wieso konnte ich ihn nicht einfach vergessen? Ich hatte doch Manu? Er durfte nicht wieder in mein Leben kommen! Ich würde nicht zulassen, dass er sich zwischen mich und Manu stellt! Er hatte es sich selbst zuzuschreiben. Ich war ihm egal, die letzten drei Jahre wartete ich auf ein Lebenszeichen von ihm. Und jetzt aus dem Nichts, schrieb er mir. Das durfte nicht sein. Ich schüttelte den Kopf und hätte fast nicht mitbekommen, dass mein Handy klingelte. ,,Ja?'', fragte ich etwas zu aufgebracht in den Hörer. ,,Hey, Schatz, ich bin grad einkaufen. Geht es dir gut?'' ,,Äh, ja. Was gibt es denn?'' Ich fasste mir an die Stirn und atmete zitternd aus. ,,Ich wollte fragen, ob wir noch was brauchen?'' ,,Ne, glaub nicht. Pass auf dich auf und sei bald wieder da'' Schnell legte ich auf und warf mein Handy auf den Küchentisch. Natürlich hatte er mitbekommen, dass irgendwas nicht stimmte. Er merkt immer alles. Ich wollte ihn nicht anlügen, also musste ich ihm später wohl oder übel alles erzählen. Eine Stunde später hörte ich den Schlüssel im Schloss. Ich stand noch immer in der Küche. ,,Stegi?'', rief Manu aus dem Flur und ich ging hin um ihm die Tüten abzunehmen. ,,Ich hab doch gesagt, wir brauchen nichts'', lachte ich und räumte den Einkauf aus. ,,Ja ich weiß, aber ich wollte nicht mit leeren Händen wiederkommen.'' Manu schmiss seine Jacke auf die Stuhllehne und gab mir einen Kuss. ,,Was war vorhin los?'', wollte er wissen und ich versuchte es mit dumm stellen. ,,Was meinst du?'' Er zog die Augenbrauen hoch und verschränkte die Arme. ,,Verkauf mich nicht für dumm'' Ich seufzte und sagte dann: ,,Der Brief. Er ist von Tim. Ich hab ihn nicht gelesen aber ich hab die Schrift erkannt. Das verwirrt mich'' ,,Ließ ihn. Dann weißt du vielleicht mehr.'' Ich sah Manu an und musterte ihn genau. Er meinte es ernst. Er ist ein so guter Mensch, nie eifersüchtig, vertraut mir blind und versucht alles, damit ich glücklich bin. ,,Später vielleicht. Was hat der Arzt gesagt?'', lenkte ich schnell ab und er lächelte: ,,Es ist alles gut. Ich bin geheilt. Er sagt, die Krankheit kann wiederkommen aber jetzt bin ich gesund'' ,,Das sind tolle Neuigkeiten Manu!'' Ich umarmte ihn und drückte ihm einen Kuss auf. ,,Und du gehst jetzt diesen verdammten Brief lesen!'' Er schob mich in mein Arbeitszimmer und schloss hinter sich die Tür. Nun war ich allein. Ich setzte mich auf den Stuhl, nahm den Umschlag und öffnete ihn. Ich atmete einmal tief ein und griff dann hinein. Mir fiel etwas in die Hand und ich musterte es kurz. Es war ein USB Stick. Ein paar mal drehte ich ihn in meiner Hand und steckte ihn dann in den PC. Sofort öffnete er sich, es war nur eine Datei darauf. Unsicher schaute ich sie an und dachte nach. Sollte ich? Oder lieber nicht? Was hab ich zu verlieren? Ich atmete erneut ein und aus und klickte dann auf die Datei. Sofort spielten die ersten Töne eines Liedes und ich zog die Seiten aus dem Umschlag. Zittrig begann ich zu lesen:

Stexpert - das ist nicht nur ein Name, sondern ein LebensgefühlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt