Hörst du mir überhaupt zu?

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Als Elyas fertig geschminkt war, betrachtete er sich zufrieden im Spiegel und grinste sich entgegen. In dem Moment kam eine junge Frau in den Raum und stellte sich als Lena vor. „Wow!" dachte sich Elyas, denn sie war eine echte Schönheit: schlank mit wohlgeformten Brüsten, knackigem Hintern, langen dunklen Haaren und grossen blauen Augen. Sie trug kaum Make-up und diese Natürlichkeit und Selbstsicherheit ihres Auftretens verursachte bei Elyas ein leichtes Kribbeln im Bauch. „Bist du Ärztin?" fragte Elyas etwas unsicher. „Nein, ich helfe hier nur freiwillig, ich studiere Medizin und möchte mich auf dieses Gebiet, also Leukämie bei Kindern, spezialisieren." sagte sie ohne zu versuchen sich ein Lächeln aufzuzwingen. Jedem im Raum wurde sofort bewusst, dass sie nicht besonders viel von diesem übernächtigten eitlen Schauspieler hielt. „Oh, freiwillig?! Das ist interessant!" versuchte sich Elyas um ein Kompliment. Sie rollte mit den Augen: „Ja, freiweilig! Es gibt auch noch Leute, die sich sozial engagieren ohne dafür Tausende von Euros in den Arsch gesteckt zu bekommen." Elyas riss die Augen auf und dachte sich: „Autsch! Das war fies!" Aber noch immer fand er sie interessant und versuchte es mit seinem jungenhaften Grinsen und meinte: „Ich werde heute aber auch nicht bezahlt." Lena zuckte mit den Schultern und sagte ausdruckslos: „Na, besser ein Tag soziales Engagemente als nie. Aber jetzt zur Sache: Hier auf der Station haben wir ausschliesslich leukemiekranke Kinder. Das Spezielle an unserer Station ist, dass wir auch kleine Wohnungen für die Eltern anbieten, wenn die Familien von weiter weg kommen. Gerade deswegen brauchen wir mehr Fördergelder um das zu finanzieren und das geht nur durch Spenden." Sie sprach so schnell, dass Elyas dank seiner Kopfschmerzen Probleme hatte ihr zu folgen und er rieb sich immer wieder die Schläfen. „Hörst du mir überhaupt zu?" fragte sie ihn genervt. „Ja, ich höre zu. Ich habe nur Kopfschmerzen. Ich habe letzte Nacht schlecht geschlafen." versuchte er zu erklären und wehleidig zu gucken. Lena stöhnte, drehte sich schnell um und ging aus dem Zimmer. Sein Agent lachte: „Und ich dachte immer, du kommst bei Frauen gut an! Das wird ja ein Spass mit euch beiden!" Elyas fand es gar nicht lustig und sagte stotternd: „Ich habe doch gar nichts gemacht. Sie hat mich angezickt!" In dem Moment kam Lena zurück in den Raum und hielt Elyas eine Tablette und ein Glas Wasser hin: „Nächstes Mal vielleicht nicht so viel feiern gehen, dann schläft man auch besser!" Er bedankte sich kleinlaut und nahm die Tablette.

Bevor die ganzen Interviews anfingen, zeigte Lena Elyas noch schnell die Station und auch die Wohnungen. Sie hatte einen sehr geschmeidigen Gang und während er so hinter ihr herging, nahm er ihren lieblichen Geruch war. Sie trug ein sehr dezentes angenehmes Parfüm und zusammen mit der Schmerztablette vernebelte dieser Elyas Sinne. Seine Augen wanderten runter zu ihrer Hüfte und er starrte für kurze Zeit auf ihren Hintern, bis er den Ellenbogen seines Agenten in den Rippen spürte. Obwohl sie die ganze Zeit sprach, vernahm Elyas praktisch nichts, denn er dachte nur daran, wie er es schaffen könnte, doch noch einen guten Eindruck bei ihr zu machen. Diese Frau faszinierte ihn und nur bei dem Gedanken daran, mit ihr in einem Restaurant zu sitzen und in ihre funkelnden Augen zu blicken, schlug sein Herz schneller. Ja, er glaubte an die Liebe auf den ersten Blick und Amors Pfeil schien ihn getroffen zu haben.

Als sie im Spielzimmer ankamen, wachte er endlich wieder aus seiner Trance auf. Plötzlich überkam ihn ein drückendes Gefühl und sein Herz schien zu schmerzen. Vor ihm spielten mehrere Kinder im Alter von 4 bis 8 Jahren, denen durch die Chemotherapie bereits alle Haare ausgefallen waren und einen unnatürlichen blassen Hautton hatten. Er guckte sich um und die ersten Presseteams hatte sich schon positioniert und machten bereits Fotos von den Kindern. Elyas versuchte sich zusammenzureissen und nicht ganz so geschockt zu gucken. Aber er wusste nicht, ob es ihm gelang. Genau in diesem Moment fuhr ein Matchbox-Auto vor seine Füsse und ein kleiner Junge kam ihm entgegen. Elyas bückte sich nach dem Auto, kniete sich hin und gab dem Jungen mit einem Lächeln im Gesicht das Spielzeug. Mehrere Kameras blitzten auf und er fühlte sich irgendwie unwohl. Privat war er ein schlechter Schauspieler, aber er bemühte sich seine Gefühle nicht zu zeigen. Ein paar Minuten später sass er am Boden und baute mit einem Mädchen Türme aus Holzbausteinen um die Wette. Elyas scherzte mit ihr und die Kleine lachte voller Freude. Die Presseteams waren beeindruckt und es herrschte ein wahres Blitzlichtgewitter. Er guckte sich kurz um und erwischte Lena, wie auch sie die Szene mit einem strahlendem Lächeln beobachte. Er zwinkerte ihr zu und sie reagierte irritiert und sofort verschwand das Lächeln. Sie schüttelte leicht ihrem Kopf um wieder klare Gedanken zu bekomen, aber konnte nur eines denken: „Süss ist er ja schon und mit Kindern kann er auch umgehen... Oh Gott, NEIN, das ist ein Riesenarschloch! Hallo? Bist du noch ganz dicht??? Der hat doch jeden Tag eine Andere und sieht dich eh nur als eins seiner Häschen!"

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