"Na, Süsse, bereit für deinen ersten Tag im Kindergarten?" fragte Elyas Leonie während er sie zärtlich auf die Wange küsste. Sie guckte ihn mit ihren grossen braunen Augen an und umarmte ihn, welches sein Herz vor Liebe schneller schlagen liess. Er verliess sein Apartment und klopfte an Avas Tür: „Bist du fertig? Wir fahren gleich!" Sofort kam Ava in den Hausflur und zu dritt gingen sie wie eine kleine Familie zu Elyas Auto. Er schnallte Leonie in ihren Kindersitz und ging automatisch zur linken Seite des Autos, wo plötzlich auch Ava stand. Sie guckte ihn fragend an: „Soll ich fahren?" Elyas guckte sich überrascht um und verstand jetzt erst, dass er an der Beifahrertür stand. Er grinste und meinte: „Ups, ich muss mich wohl noch an den Linksverkehr hier gewöhnen."
Elyas war extra ein paar Tage früher angereist um Leonie selbst zum Kindergarten zu fahren und ihr Zeit zu geben, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Hier im Landesinneren Neuseelands gab es praktisch keine grossen Städte und Elyas fuhr über 20 km und durch drei kleine Dörfer um zum Kindergarten zu gelangen. Auf dem Weg guckte er zu Ava rüber und sagte: „Erzähl mal, warum hast du den Job hier angenommen? Die Arbeitszeiten klingen ja nicht gerade so angenehm, da ich viel Zeit am Set verbringen werde, manchmal sogar nachts." Sie lächelte ihn strahlend an: „Es klang interessant. Ich arbeite gerne mit Kindern in Leonies Alter, irgendwie sind sie dann am niedlichsten und vielleicht kann ich sogar mein Deutsch ein bisschen üben, obwohl sie sehr schnell Englisch lernen wird. Und dann ist noch... naja..." Sie stockte kurz, sprach aber dann weiter: „also, die 4 Monate in Australien. Ich war noch nie im Ausland und am Wochenende werde ich Zeit haben um vielleicht ein bisschen zu reisen. Ich hoffe, das klingt jetzt nicht zu egoistisch." Elyas zückte überrascht die Augenbrauen: „Du hast Neuseeland noch nie verlassen? Sind deine Eltern nie mit dir gereist?" Ava schluckte und stotterte: „Ich...ähm... bin mit 15 von zu Hause abgehauen und habe dann in einer Art betreutem Wohnen gelebt und habe dort meine Schule gemacht und dann studiert." Er runzelte die Stirn, denn Ava schien definitiv nicht die Art von Person zu sein, die als Teenager von zu Hause abhaut. Vorsichtig fragte er: „Warum hast du so früh dein Elternhaus verlassen?" Plötzlich verfinsterte sich ihre Miene und sie sagte sehr ernst: „Ich hatte meine Gründe!" Elyas entschuldigte sich und wurde unsicher und schwieg den Rest des Weges. Seine Gedanken kreisten und versuchte an Gründe zu denken, warum eine Frau, die so reif und verantwortlich schien, von zu Hause weggelaufen war. Hatte sie Probleme mit den Eltern? Wurde sie geschlagen? Drogen? Ist sie erst später so geworden, wie sie jetzt ist? Ist sie der richtige Umgang für Leonie? Plötzlich zweifelte er an ihrer Kompetenz und bekam ein flaues Gefühl im Magen.
Minuten später erreichten sie den Kindergarten und Elyas Herz klopfte laut, denn er wusste nicht, wie seine Tochter reagieren würde und er hatte Angst, dass sie es nicht mögen würde. Er wollte doch immer nur das Beste für sie. Aber überraschenderweise guckte sie sich sofort interessiert um als sie das Gebäude betraten und während Elyas und Ava mit einer der Erzieherinnen sprachen, gesellte sich Leonie schnell zu den anderen Kindern und baute einen Turm aus Holzbausteinen mit zwei kleinen Jungen. Er guckte erstaunt in ihre Richtung während er die Formalitäten klärte. Von nun an würde Ava die Kleine immer bringen und abholen und Elyas observierte alles ganz genau um sicher zu stellen, dass seine Tochter hier in den besten Händen war.
Heute würde Leonie nur wenige Stunden im Kindergarten bleiben und Elyas lud Ava auf ein Eis ein um so die Zeit zu überbrücken. Er schüttelte die Zweifel über sie schnell weg während sie über Hobbys, Lieblingsbücher und –filme sprachen. Da Elyas im Moment nicht im Geringsten an Frauen interesiert war, obwohl Ava sehr hübsch war, hatte er das Gefühl, er lernte einen neuen Kumpel kennen, mit dem er nächtelang quatschen konnte. Sie lachten zusammen und prosteten sich mit Smoothies zu. Seit Monaten fühlte er so etwas wie Glücksgefühle in sich aufsteigen und sein sonst so versteinertes Herz wurde wieder weich und warm.
Als sie am Nachmittag wieder in der Siedlung angekommen waren, meinte Elyas zu Ava während sie noch in der Lobby standen : „Heute nachmittag hast du frei. Die Kleine macht eh gleich Mittagsschlaf und danach werden wir noch ein bisschen die Gegend erkunden. Geniess die Ruhe!" Ava lächelte und nickte etwas schüchtern. Elyas nahm Leonie auf den Arm und verschwand schnellen Schrittes in sein Apartment. Während Ava den beiden hinterher guckte, kam eine dunkelhaarige Frau von hinten auf sie zu und meinte: „Der Kerl ist echt heiss, oder? Du hast wirklich Glück, denn du musst ja praktisch immer in seiner Nähe sein." Ava guckte sich irritiert um und meinte: „Ähm ja, ich bin seine Babysitterin. Und wer bist du?" Die Frau antwortete schnell: „Ich bin Maskenbildnerin. Dana ist mein Name." Ava musterte sie ganz genau und stempelte sie schnell als eine oberflächliche Tussi ab. Daher sagte sie „Du, ähm, ich muss los." und ging schnellin ihre Wohnung. Dort setzte sie sich auf das Sofa und dachte laut vor sich hin: „Oh ja, er ist sehr heiss! Und so nett und humorvoll! Und... Fuck! Halt die Klappe, er hat gerade seine Frau verloren!" Aber sie konnte ihre Gedanken nicht kontrollieren und dachte an sein ansteckendes Lachen, wobei sofort Schmetterlinge in ihren Bauch aufstiegen.