Hunderte von Polizisten, Teammitglieder und Sicherheitsbeamte wuselten in der Lobby herum, aber Elyas war wie in einem Vakuum gefangen. Mehrmals wurde er gefragt, was er vermisste, aber das Einzige, was er herausbrachte, war: „Meine Tochter!" Als er aufgefordert wurde, in seine Wohnung zu gehen um nachzugucken, ob vielleicht elektronische Geräte gestohlen wurden, schüttelte er nur seinen Kopf und hielt schützend die Arme davor. Dana versuchte ihn zu beruhigen und ihm Hoffnung zu geben, aber er sprang auf und lief orientierungslos in einen anderen Bereich der Lobby um sich wieder fallen zu lassen um von seiner Trance verschluckt zu werden. Ava war schon vor Stunden ins Krankenhaus gebracht worden und so langsam wurde es dunkel.
Es war bereits 20.30 Uhr, als Sheriff Madison auf Elyas zu kam und ernst sprach: „Es tut uns Leid, wir konnten sie nicht finden. Jedes Mal haben die Hunde auf einem Weg die Fährte verloren. Wir glauben, dass sie von Wanderern gefunden und mitgenommen wurde. Anders können wir das nicht erklären. Auf allen Radio- und Fernsehsendern läuft bereits die Vermisstenanzeige und morgen ist sie auch in allen Zeitungen." Elyas schüttelte wieder nur den Kopf und fragte zitternd: „Und Tiere? Grosse Tiere?" Der Sheriff sagte schnell: „Nein, hier gibt es keine Wölfe oder andere grosse Tiere, die ein 1,5-jähriges Kind wegschleppen könnten... Wir werden ein neues Team rausschicken um nach Leonie zu suchen und wir haben auch alle Krankenhäuser informiert. Ich bin mir sicher, dass sie am Leben ist." Plötzlich stand Elyas auf und starrte den Polizisten mit leeren Augen an: „Ich will zu Ava, ins Krankenhaus." Der Sheriff nickte und sorgte sofort dafür, dass Elyas ins Krankenhaus gefahren wurde.
Vorsichtig ging Elyas in Avas Zimmer und sie öffnete sofort die Augen, als ob sie auf ihn gewartet hatte. „Leonie?" fragte sie. Aber Elyas schüttelte nur den Kopf und atmete schnell ein und aus. Dann setzte er sich an ihr Bett, starrte in ihre feuchten Augen und sprach mit weinerlichen Stimme: „Sag mir etwas, irgendwas, irgendwas, damit ich sie finden kann, bitte! Die Polizisten konnten sie im Wald nicht finden. Bitte, ich brauche was, an das du dich erinnern kannst, damit ich sie finden kann!" Avas Tränen liefen ihr Gesicht herunter und machten ihr Kissen nass. Schluchzend sagte sie: „Ich kann mich an nichts erinnern. Ich weiss nur, dass sie in den Wald gelaufen ist. Ich habe nach ihr gerufen und wollte hinter ihr her, aber ich konnte nicht, ich konnte nicht aufstehen. Elyas, es tut mir so Leid, wirklich! Bitte, vergib mir!" In Elyas Brust bohrte sich ein so scharfes Messer, dass er vor Schmerzen fast das Bewusstsein verlor und stöhnend sprach er: „Ich kann sie nicht verlieren! Wenn sie stirbt, ist alles vorbei. Nur für sie habe ich weitergemacht, nur für sie habe ich gekämpft. Sie ist alles, was ich habe, alles! Ohne sie kann ich nicht weiterleben, es geht einfach nicht. Ich brauche sie! Sie ist mein Leben!"
Minutenlang lag Elyas mit seinem Kopf auf Avas Bett, umschloss ihre Hand so fest, dass sie schon schmerzte und beide weinten bitterlich. Immer wieder wiederholte Ava, dass es ihr Leid tat. Aber sie wusste, dass das nichts ändern würde. Die Schuldgefühle schienen sie von innen zu zerreissen und ihr Brustkorb wurde von einer unsichtbaren Kraft zerdrückt. Irgendwann sagte sie weinend: „Elyas, sie werden sie finden, ganz bestimmt. Du musst nur daran glauben, ok?" Wieder einmal schüttelte er nur den Kopf und wurde von einer kalten bedrohlichen Dunkelheit umschlungen. Dann sagte er: „Sie hätte in den Kindergarten gehen sollen, dann wäre sie noch da. Es ist nicht deine Schuld, es ist MEINE Schuld. Ich hätte sie ganz normal heute nachmittag im Kindergarten abholen können und alles wäre OK. Aber ich wollte das nicht, ich bin Schuld!" Sofort sagte Ava: „Elyas, bitte hör auf! Das ist nicht wahr, das ist kompletter Unsinn. Bitte, lass das!" Schluchzend und weinend schliefen beide ein und träumten zuckend die ganz Nacht nur von Leonie.