Bereits am nächsten Tag ging es Joseph ein bisschen besser und Elyas hatte ihm seinen Laptop, einige DVDs und mehrer Bücher gebracht um die Langeweile im Krankenhaus zu vertreiben. Gerade als er den Roman „Stiller" von Max Frisch zur Seite legte um ein wenig zu schlafen, klopfte es an der Tür und ohne auf ein „Herein!" zu warten, öffnete sie sich. Lena kam vorsichtigen Schrittes ins Zimmer und biss sich nervös auf die Unterlippe. Joseph rollte mit den Augen und meinte patzig: „Ich dachte, Elyas hat dir Bescheid gegeben, dass du mich nicht besuchen musst, oder besser gesagt, sollst!" Sie guckte nach unten und atmete schwer. Ihr Herz schmerzte und sie sprach leise: „Ja, hat er. Aber ich wollte noch mal mit dir reden. Ich fühle mich so schrecklich! Du bist so ein toller Mann und ich liebe dich, wirklich! Du bist genau der Typ Mann, den ich immer wollte: jemand, der mit beiden Beinen im Leben steht und mir das Gefühl gibt, dass er mich schätzt. Ich weiss nicht, warum ich das mit Elyas zugelassen habe. Es ist einfach so passiert. Bitte, gib mir eine Chance und ich werde dich nie wieder betrügen. Ich verspreche es dir! Ich will mit dir zusammen sein!" Dieses Mal atmetet Joseph tief ein und Wut stieg in ihm auf. Ihm wurde heiss und er musste sich kontrollieren um sie nicht anzuschreien: „OK, jetzt sage ich dir mal etwas. Du bist keine Frau, die einfach so mit jemanden fickt, ohne Gefühle für den Mann zu haben. Ich kenne dich zwar noch nicht lange, aber da bin ich mir sicher. Und vielleicht sagt dir dein Kopf, dass du dir einen bodenständigen Mann suchen solltest. Aber hör doch mal auf dein Herz! Dir sind fast die Augen rausgefallen, als du Elyas mit Alicia gesehen hast. Gekränkter Stolz? Eifersucht? Du versuchst du dich so sehr zu kontrollieren, aber merkst nicht, dass du damit alle unglücklich machst! Jetzt geh! Und du brauchst dich auch nicht noch mal bei mir melden. Du bist eine tolle Frau, aber ich weiss, dass ich nicht der bin, den du wirklich willst. Und du brauchst dir das auch nicht einreden!" Lena zitterte und wollte etwas entgegen, aber hatte keine Worte. Nervös strich sie sich durch die Haare und schluchzte leicht. Aber bevor sie in Tränen ausbrechen konnte, rannte sie hinaus und drückte den Knopf des Fahrstuhls.
Schnell sprang sie in den Lift sobald sich die Türen öffneten und haute schnell auf den Knopf zur 3. Etage, damit sich die Türen schliessen und sie alleine sein konnte. Als sie spürte, wie sie sich nach unten bewegte, flossen die Tränen entlang ihren Wangen und sie schlug die Hände vors Gesicht. Ihre Gedanken kreisten: „Hat er Recht? Liebe ich Elyas? Das kann nicht sein! Elyas ist einfach nicht der Richtige. Er weiss, wie man Frauen rumkriegt: Er muss einfach nur mal kurz lächeln und einen mit seinen dunklen wunderschönen Augen fixieren. Diese Augen! Sie zeigen mir seine Welt, seine Liebe, seine Kraft, seine Gefühle! Mann, hör auf!!! Er kann nicht der Richtige sein, er DARF nicht der Rchtige sein!" Der Fahrstuhl war viel zu schnell in der 3. Etage und als sich die Tür öffnete, wischte sich schnell die Tränen aus dem Gesicht und begrüsste die Oberschwester mit einem gequältem Lächeln.
Als Lena am Abend in der Badewanne sass und versuchte, ihren Schmerz wegzuspülen, piepte ihr Handy und lass die Nachricht: „Können wir uns sehen und noch einmal miteinander reden? Bitte! LG, Elyas" Sie fluchte: „Elyas? Dieses Scheissarschloch!!! Warum kann die verdammte Nachricht von Joseph sein???" Vor Wut tippten ihre Finger doppelt so schnell: „Nein, wir werden nie wieder miteinander reden! DU hast alles kaputt gemacht! Wegen dir kann ich nicht mehr mit dem Mann zusammen sein, den ich wirklich lebe! Verlass mein Leben! Ich hasse dich!"
Im Krankenhaus sass Elyas an Josephs Bett und hielt ihm sein Handy hin, damit er sehen konnte, was Lena als Antwort geschrieben hatte. Joseph zuckte mit den Schultern: „Ein Versuch war es wert!" Elyas guckte ihn mit traurigen Augen an und sprach mit beschlagener Stimme: „Ich habe dir doch gesagt, dass die mich für einen Riesenarschloch hält!" Daraufhin stützte er seinen Kopf auf die Bettkante von Josephs Bett und schluchzte deutlich hörbar. In dem Moment wurde Joseph klar, wie sehr Elyas Lena liebte und er fühlte Mitleid für ihn. So absurd es auch für Joseph erschien, aber er hätte alles getan, um seinem grossen Bruder zu helfen, aber er wusste nicht wie.