Diese Frauen bedeuten mir gar nichts

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Schon mehrere Wochen trafen sich Elyas und Lena regelmässig. Das Wochenende verbrachten sie immer miteinander und machten Ausflüge in den Zoo, ins Theater, an die Isar oder an einen See um spazieren zu gehen. Wenn Lena in der Woche Zeit hatte, gingen sie abends etwas essen und verbrachten die Nacht miteinander. Elyas genoss jeden Tag mit ihr und verfluchte es jedes Mal, wenn er zu einem Festival oder Veranstaltung nach Berlin oder in eine andere Stadt fliegen musste. Er wollte jede Minute seines Lebens mit Lena verbringen.

Es war an einem Samstagvormittag als Elyas gerade ins Wohnzimmer kam, wo Lena bereits ihren Kaffee trank und in einer Zeitschrift rumblätterte. Er setzte sich mit einem Kaffee zu ihr, gab ihr einen Kuss und tippte lustlos auf der Fernbedienung herum. Plötzlich guckte Lena ihn böse an, zeigte auf ein Foto von ihm mit einem Model im Arm in der Zeitschrift und fragte: „Wer ist das?" Er zuckte mit den Schultern: „'Nen Model. In dem Artikel drunter steht vielleicht auch der Name." Ihr Blick versteinerte sich: „Du wirst wohl noch wissen, wie sie heisst. Du hast ihren Arm um sie gelegt!" Elyas zog frustriert die Augenbrauen hoch: „Lena, was soll das? Das ist Teil meines Jobs. Ich gehe einen roten Teppich entlang, da kommt eine Frau, ein paar Fotografen schreien ‚Stellt euch mal zusammen!' und 5 Sekunden später trennen sich unsere Wege für immer." Lena allerdings war nicht überzeugt und fauchte ihn an: „So, die anderen hundert Frauen, mit denen du dich vor die Fotokameras stellst, kennst du auch nicht? Das ist ja bei Weitem nicht die Einzige. Bei jeder Veranstaltung hast du eine Andere im Arm!" Elyas war in Panik und seine Hände wurden schweissnass. Vielleicht konnte er zum Teil ihre Eifersucht verstehen, aber sie war absolut unbegründet. „Bitte Lena, diese Frauen bedeuten mir gar nichts. Ich liebe dich und ich möchte mit dir zusammen sein. Ich würde das nicht aufs Spiel setzen. Und wenn es dir hilft, dann können wir auch gerne unsere Beziehung öffentlich machen, aber ich glaube ehrlich gesagt, dass es besser für dich ist, wenn wir sie noch eine Weile geheim behalten." Sie schluckte und war gerührt, dass er ihr das Angebot machte, mit ihr an die Öffentlichkeit zu gehen. Sie schüttelte leicht den Kopf und sagte dann etwas ruhiger: „Nein, ist OK. Ich finde es so ganz gut. Ich habe keine Lust, von tausenden von Teenies gehasst zu werden... Komm, zieh dich an und wir gehen ein bisschen raus! Ausnahmsweise ist mal schönes Wetter."

Elyas und Lena schlenderten eine Stunde später Hand in Hand, aber schweigend an der Isar entlang. Er hatte sein Basecap tief ins Gesicht gezogen und meidete Stellen mit vielen jungen Leuten. Plötzlich fragte Elyas: „Wie geht's eigentlich Mara, der Kleinen, die mein Knochenmark bekommen hat? Sie ist doch schon lange wieder zu Hause, oder?" Lena lächelte und war beeindruckt, dass er gerade nach diesem Streit nach ihr fragen würde. Sie antwortete: „Ihr geht es fantastisch, bei der letzten Untersuchung waren alle ihre Werte normal, sie ist also wieder ganz gesund." Daraufhin zog Elyas sie auf eine Parkbank und küsste sie liebevoll. Noch immer spürte sie dieses Kribbeln im Bauch, wenn er sie küsste und wünschte sich, dass es das ganze Leben so sein würde.

Plötzlich löste sich Elyas ruckartig aus dem Kuss und guckte nach unten. Dort versuchte ein kleiner Cocker Spaniel-Welpe ihn hechelnd auf den Schoss zu springen und hinterliess mit seinen dreckigen Pfoten kleine braune Flecken auf Elyas hellblauer Markenjeans. „Oh, na, du bist ja ein Süsser!" sagte Elyas während er den Welpen an den Ohren kraulte. Die Dreckflecken schien er gar nicht wahrzunehmen. Schnell kamen die Besitzer, ein älteres Ehepaar, zur Parkband gerannt und riefen immer wieder nach „Tobi", der sich aber inzwischen in Elyas verliebt hatte und sich keinen Millimeter weg bewegte. „Oh Gott, das tut mir so Leid. Er hat sie ja total dreckig gemacht." rief die Frau. Elyas schüttelte den Kopf: „Kein Problem, dafür gibt es ja Waschmaschinen." Schnell kam die Frau mit der Leine, zog Tobi sanft weg und fragte: „Wirklich? Das ist uns total peinlich!" Elyas lächelte freundlich und schob das Basecap ein bisschen nach hinten um nicht unfreundlich zu wirken: „So einem süssen Frechdachs kann man doch nicht böse sein. Ich wünschte, ich hätte die Zeit für einen Eigenen." Jetzt guckte ihn Lena erstaunt an: „Du willst einen Hund?" Während sich das Ehepaar verabschiedete, guckte Elyas Lena an und erklärte: „Ja klar, aber ich bin doch so viel unterwegs und es würde mir voll Leid tun, den Hund jedes Mal woanders hingeben zu müssen. Das würde nur funktionieren, wenn jemand mit mir wohnt." Er machte eine kleine Pause und sprach denn ernst weiter: „Aber mal ganz ehrlich: Willst du nicht wieder zu mir ziehen? Wir könnten viel mehr Zeit miteinander verbringen. Und das 2. Schlafzimmer könnte dein Studierzimmer sein, wenn du Ruhe brauchst. Oder ich könnte uns eine riesige Villa kaufen und du könnteste eine ganz Etage für dich haben." Er grinste sie jungenhaft an und wartete gespannt auf eine Antwort. Lenas Herz schlug schneller, bei dem Gedanken, dass Elyas es so ernst mit ihr meinte. Es war ein grosser Schritt für sie, denn sie hatte noch nie mit einem Mann zusammen gelebt und hatte Angst, dass es etwas an ihrer Beziehung ändern konnte. Denn eigentlich war sie doch glücklich so. Oder würde es die Situation vielleicht doch erleichtern? Sie würde genau wissen, wann er von Partys nach Hause kam und wüsste sicher, dass er keine andere Frau mit nach Hause brachte. Sie schüttelte sich bei dem Gedanken, dass sie ihm so wenig vertraute und kontrollieren wollte. Aber dann lächelte sie ihn an und sagte: „Ich überlege es mir, Ok? Und ich brauche keine Villa. Deine Wohnung ist toll und so zentral gelegen, sehr praktisch!"

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