Was soll das?

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"Lena, es tut mir so Leid! Ich weiss nicht, was in mich gefahren ist. Ich wollte dir nie weh tun! Verzeih mir! Bitte, komm zurück und wir sprechen ganz in Ruhe darüber. Ich liebe dich doch!" las Lena als sie weinend auf dem Sofa ihrer Freundin Claudia sass. Claudia wusste nicht, was sie sagen sollte und nahm Lena einfach nur in den Arm und wischte ihr vorsichtig die Tränen von den Wangen. Lena schluchzte und fühlte nichts. Sie war innerlich so zerwühlt, dass ihr Magen schmerzte und in ihrem Kopf schien ein Hammer seine Arbeit zu verrichten. Langsam stand sie auf und löste sich aus der Umarmung ihrer Freundin: „Ich fahre noch mal zu ihm." Claudia guckte sie skeptisch an: „Lena, das bringt doch nichts. Du musst das machen, was du für richtig hältst. Seien wir mal ganz ehrlich: Er kann ein ganz toller Mann sein, aber er ist definitiv noch nicht reif genug um ein Vater zu sein, auch wenn er sich jetzt freut." Lena atmete tief durch, bekam Schluckauf und sagte stotternd: „Ja, ich...ich weiss. Ich..ich hole nur ein paar Sachen und komme zurück."

Elyas sass mit einem Whiskey auf dem Sofa und hatte auf das Glas verzichtet und trank direkt aus der Flasche. Tränen liefen sein Gesicht herunter und sein Herz schien versteinert, aus Schuldgefühlen und Unverständnis für Lenas Entscheidung. Anika sass ebenfalls auf dem Sofa und guckte ihn mit traurigen Augen an. Er erwiderte ihren Blick und fragte sich, was sie wohl gerade dachte: „Ob sie Angst hat, dass Lena nicht wieder kommt? Oh Gott, was mache ICH, wenn sie nie wieder kommt???" In diesem Moment hörte er den Schlüssel im Schloss, setzte sich gerade auf und wischte sich die Tränen weg. Lena kam mit roten verquollenen Augen in die Wohnung und Elyas kam sofort zu ihr um sie liebevoll in den Arm zu nehmen. „Es tut mir so Leid, es tut mir so Leid!" wiederholte er immer wieder. Sie legte ihren Kopf an seine Schultern und genoss seine Wärme. Sie atmete tief durch und guckte ihn in seine feuchten Augen. Aber dann erinnerte sie sich, warum sie hier war und löste sich von ihm und sagte: „Ich wollte nur ein paar Sachen abholen. Ich schlafe die nächsten Tage bei Claudia." Sie ging schnell ins Schlafzimmer und griff nach einer Tasche, wo sie mit laufenden Tränen ein paar Kleidungsstücke reinstopfte. Elyas stellte sich in die Tür und sprach: „Lena, bitte, hör mir zu! Ich habe nachgedacht. Wir können das doch irgendwie alles organisieren. Wenn du willst, könntest du doch schnell wieder arbeiten und wir holen uns einen Babysitter und ich könnte weniger drehen und mich um das Kind kümmern. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen als Vater zu werden!" Aber Lena sagte kein Wort und starrte nur weiter auf ihre Tasche. „Lena, du arbeitest als Kinderärztin und willst unsere Kind abtreiben! Was soll das?" Dieses Argument schien sich wie ein heisses Messer in Lenas Herz zu bohren, aber sie ignorierte den Schmerz, stand auf und ging aus dem Zimmer. Kurz bevor sie die Wohnung verliess, sagte sie leicht gereizt: „Umso mehr du hier erzählst, desto klarer wird mir, dass du selbst noch erwachsen werden musst. Du willst dich um das Kind kümmern? Du bist doch selbst noch eins! Mit einem Kind kann man nicht mehr am Wochenende bis in den Morgengrauen feiern gehen! Du kannst auch nicht spontan irgendwo hinfahren; das muss alles geplant werden! Du hast doch keine Ahnung, was sich alles ändern wird! Und wenn du meine Entscheidung nicht akzeptieren und verstehen kannst, dann läuft in unserer Beziehung etwas falsch!" Mit diesen Worten schloss sie krachend die Wohnungstür und Anika und Elyas standen im Flur und bewegten sich keinen Millimeter.

Elyas senkte den Blick, ging zurück auf das Sofa und nahm noch einen Schluck aus der Whiskeyflasche. Eine Kälte stieg in ihm auf und seine Hände zitterten. Anika setzte sich vor ihn und guckte ihn mit flehenden Augen an. Elyas schaute in ihre Augen und fragte deprimiert: „Auch 'nen Whiskey? Ich glaube, das war's! Ich habe es versaut! Ich meine, ich weiss noch nicht, wie ich es verbockt habe, aber die kommt wohl nicht wieder zurück! Was sollen wir denn ohne sie machen? Ich kann doch ohne sie nicht mehr leben!" Bei diesen Worten sprang Anika auf seinen Schoss und Elyas brach in Tränen aus und weinte unaufhörlich während er der Hündin über den Kopf streichelte.

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