Da sich Lena weder am nächsten noch übernächsten Tag meldete, entschied er zur Krankenstation zu fahren um sie zu sehen und zu fragen, was wirklich los war. Schon auf dem Weg bekam er schweissnasse Hände und sein Herz schlug vor Angst so schnell, dass er kaum atmen konnte. Aber Angst vor was? Vor der Wahrheit? Davor, dass sie ihm sagen würde, dass sie ihn nie wieder sehen will?
Im Krankenhaus dauerte es nicht lange, bis er sie fand. Sie stand mit dem Oberarzt vor einem Elternpaar, dass mit Tränen in den Augen den Kopf schüttelte. Elyas fühlte sich völlig fehl am Platz, aber blieb weit entfernt von ihnen stehen und wartete. Er konnte nicht hören, was die Personen sagten, aber gute Nachrichten waren es sicherlich nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit verabschiedeten sie sich voneinander und Lena drehte sich um und sofort erkannte sie Elyas. Sie ging mit schnellen Schritten auf ihn zu und ihre Augen funktelten böse: „Was bitte machst du hier? Du kannst doch nicht jedes Mal hier einfach so aufkreuzen. Ich arbeite!" Lena war sich selbst nicht so sicher, warum sie so sauer war. War es, weil sie gerade einer Mutter und einem Vater sagen musste, dass es keine Rettung mehr für ihre Tochter gab? Oder war es, weil Elyas wie sich ein kleines Kind benahm, der sich an ihr Bein klammern wollte? Er guckte sie mit traurigen Augen an und sagte: „Ich wollte wissen, was los ist! Ich dachte, da war was zwischen uns und jetzt kannst und willst du mich nicht mehr sehen. Was ist passiert?" Lena guckte sich nervös um. Sie schluckte und schaute dann in seine wundervollen dunklen Augen, die von diesen dichten Wimpern umrandet waren. Manchmal glaubte man sogar, er würde Kajal tragen. Fast musste sie bei dem Gedanken daran, dass Elyas im Badezimmer stehen würde und sich einen Kajalstrich auftragen würde, lachen, aber dann riss sie sich zusammen und kam zurück in die Realität. Sie wollte ihn nicht verletzen, denn er hatte sich in den letzten zwei Treffen so viel Mühe gegeben und er war kein schlechter Mann. Aber was sollte sie sagen? Wieder einmal stieg Wut in ihr auf, da ihr auf die Schnelle einfach keine gute Ausrede einfiel. Sie strich sich nervös durchs Haar und sagte dann leich gereizt: „Versteh es doch endlich, da ich nichts zwischen uns! Das passt nicht, OK? Ich hatte genug Zeit zum Nachdenken und bin nun mal zu diesem Entschluss gekommen. Such dir doch eine Frau deiner Klasse, eine, die sich auf roten Teppichen auskennt und deine Berühmtheit zu schätzen weiss. Und jetzt geh!" Elyas Herz schien in Stücken zerrissen zu werden und er war vor Schmerz bewegungslos. Er versuchte die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken, aber es funktionierte nicht. Seine Lippen zuckten und er er bekam eine schnelle stockende Atmung. Aber dann schaffte er es dich, sich umzudrehen und den Gang entlang Richtung Ausgang zu laufen. Am Auto angekommen, zitterte er vor Emotionen so stark, dass er den Schlüssel nicht ins Zündschloss bekam und er schlug mit der Faust so stark auf das Lenkrad, dass der Schmerz ihm den Verstand raubte. Es dauerte lange bis er sich wieder beruhigte und endlich seinen Wagen startete.
Elyas wollte aber nicht nach Hause fahren, denn er wollte nicht alleine sein. Er musste jemanden davon erzählen, daher fuhr er zu seinem besten Kumpel Lu, der glücklicherweise auch zu Hause war und vor seiner Playstation hockte. Lu wusste natürlich schon von Lena und wie sehr Elyas versucht hatte, endlich ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Und nun, bei einer Flasche Whiskey, hörte er sich den Rest der Geschichte an. Als Elyas fertig war und schon das 2. Glas Whiskey herunter gespült hatte, klopfte ihn Lu auf die Schulter und meinte: „Seit wann bist du denn so sensibel, wenn es um Frauen geht? Andere Mütter haben doch auch schöne Töchter! Komm, morgen gehen wir ordentlich feiern und dann geht es dir gleich wieder besser. Die anderen M'Bareks und Jona und Marc rufen wir auch an, schon lange waren wir nicht zusammen weg gewesen." Elyas nickte, aber er wusste, dass Lu ihn einfach nicht verstehen konnte.
Trotzdem sassen er, Lu, seine Brüder und noch ein paar andere Kumpels am nächsten Tag zusammen in der Bar und bestellten sich ein paar Bier. Joseph war die letzten 2 Monate durch seine Arbeit als Produzent im Ausland gewesen und erst am Tag der Filmpremiere wieder gekommen. Aber durch die Kinotour konnte ihn Elyas erst heute wieder sehen. Joseph allerdings war wenig an seinem Bruder interessiert, denn den ganzen Abend tippte er auf seinem Iphone herum und grinste dem Gerät entgegen. Elyas zückte seine Augenbrauen und fragte: „Na, hübsch, blond,lange Beine und grosse Titten?" Joseph nickte und grinste wie ein kleiner Junge: „So ungefähr. Sie ist brünett und wir treffen uns heute Abend noch! Ich habe das übrigens dir zu verdanken. Ich habe sie auf der Premiere kennengelernt. Lena, Medizinstudentin und super intelligent!" Elyas Herz stoppte und mit offenem Mund sah er zu, wie Joseph glücklich aufsprang und ihn auf die Schulter klopfte und „Einen schönen Abend!" wünschte. Noch bevor Joseph aus der Tür der Bar war, explodierte Elyas, schrie „Ich bringe ihn um!" und wollte ihm nachlaufen. Lu handelte schnell und griff Elyas Arm und beruhigte ihn: „Reiss dich zusammen! Mann, der weiss noch nicht einmal, dass du die ganze Zeit versucht hast, sie rumzukriegen. Der war doch die ganze Zeit weg." Elyas atmete tief ein und aus und sein Gesicht verzog sich zu einer bösen Grimasse. Lu bestellte ihm einen Whiskey und Elyas trank diesen und noch 3 weitere um seine Sinne zu benebeln. Raphael und die anderen schwiegen, aber wussten, dass Elyas das nicht so einfach auf sich nehmen würde, denn er war ein ganz schlechter Verlierer.
