"Was ist denn?" fragte der Arzt verwundert. Lena schlug die Hand vors Gesicht und meinte: „Ich bin schon 2 Wochen zu spät!" Dr. Brand lächelte: „Eine Schwangerschaft würde die Kreislaufprobleme erklären, durch den Hormonwechsel. Der Bluttest wird uns Sicherheit geben." Lena schüttelte ungläubig den Kopf: „Oh Gott, ich kann nicht schwanger sein! Mein Freund und ich haben noch nicht mal Zeit für unsere Hündin, geschweige denn für ein Kind. Wir müssen Anika jeden Morgen zu Elyas Mutter bringen, damit sie nicht den ganzen Tag alleine ist. Was bitte sollen wir denn mit einem Baby? Wir arbeiten beide 12 Stunden am Tag!" Der Arzt legte vorsichtig die Hand auf ihre Schulter und sprach ruhig: „Jetzt beruhige dich erst mal. Zuerst warten wir ab, was der Bluttest sagt und solltest du schwanger sein, dann setzt du dich heute Abend mit deinem Freund zusammen und sprecht ganz in Ruhe darüber. Du bist doch bald mit deiner Assistensarztzeit fertig und könntest dir ohne Probleme eine Auszeit nehmen." In Lena stieg ein unangenehmes Kribbeln in Form von Angst auf und sie sprach leise, aber eher zu sich selbst als zu dem Arzt: „Das war aber nicht mein Plan!"
Nur 2 Stunden später drückte die Schwester ihr ein paar Unterlagen in die Hand und meinte: „Das kam gerade von Dr. Brand." Lenas Herz schlug so laut, dass sie glaubte, man konnte es sogar im Nebenzimmer hören, denn das waren ihre Blutergebnisse. Sie öffnete ihre Mappe und in deutlichen Buchstaben stand dort: „Verdacht auf Schwangerschaft bestätigt." Plötzlich wurde ihr kalt und wieder einmal verschwand jegliche Farbe aus ihrem Gesicht, aber dieses Mal vor Schock. Unten auf dem Papier war noch ein gelbes Post It befestigt und darauf stand: „Melde dich gleich in der Gynäkologie für den Ultraschall und komm in meinem Büro vorbei: Ich habe etwas Homöopathisches gegen Kreislaufprobleme." Lena guckte sich panisch um und wusste nicht, ob sie heulen oder vor Wut die Patienakte an die Wand schleudern sollte. Freude verspürte sie definitiv keine; es war alles viel zu früh für sie. Sie liebte Kinder, aber es war definitiv der falsche Zeitpunkt.
Als die Frauenärztin Dr. Kahn mit dem Ultraschallgerät über Lenas Bauch fuhr und freudestrahlend ausrief: „Da ist es, 6. Schwangerschaftswoche und alles sieht sehr gut aus. Glückwunsch!" verzog sich Lenas Gesicht zu einer traurigen Grimasse. Die Ärztin guckte sie ernst, aber auch verständnisvoll an: „Das war wohl nicht geplant?!" Lena schüttelte ihren Kopf: „Überhaupt nicht und es hätte nicht zu einem schlechteren Zeitpunkt passieren können." Dr. Kahn fragte vorsichtig: „Probleme mit dem Papa?" Schnell schüttelte Lena den Kopf: „Nein, nein, wir sind seit einem Jahr zusammen und sehr glücklich, aber auch er wird nicht dafür bereit sein, er benimmt sich meistens noch wie ein kleiner Junge!... Wie lange habe ich Zeit um mich zu entscheiden?" Die Ärztin schluckte etwas enttäuscht und sprach leise: „Ein Schwangerschaftsabbruch ist bis zur 12. Woche möglich. Sie müssen aber vorher zu einer Psychologin... Aber denken Sie noch einmal gut darüber nach. Ich gebe ihnen ein Ausdruck vom Ultraschallbild mit, damit der Papa es auch sehen kann." Etwas ruppig nahm Lena das kleine Bildchen entgegen und stand schnell von der Liege auf. Genau in diesem Moment klingelte ihr Handy und sie guckte auf die Whatsappnachricht von Elyas: „Süsse, hast du dich untersuchen lassen? Was ist denn los? Du meldest dich gar nicht! Ist alles OK? Ich liebe dich!" Wieder einmal stieg Panik in ihr auf und sie tippte nervös mit ihrem Finger auf dem Touchpad herum. Zitternd schrieb sie dann: „Mir geht es gut. Ich bin gesund. Den Rest erzähle ich dir heute Abend. Ich liebe dich auch!" Sie ging wie in Trance aus der Tür der Frauenärztin und ihre Gedanken kreisten: „Wie bitte soll ich ihm das sagen? Er wird mir die Schuld geben, dass ich die Pille vergessen habe! Scheisse, er wird total überfordert sein!!! Unsere Beziehung ist ja noch nicht mal offiziell und ich bin schwanger, ich glaube es nicht! Nur einmal haben wir überhaupt über das Thema Kinder gesprochen und er hatte gemeint, dass er später auf jeden Fall eine Familie haben will. SPÄTER!"