Als Elyas den Sturz hörte, blieb sein Herz stehen und fiel vor Angst und Sorge in ein tiefes schwarzes Loch. Aber es dauerte nur wenige Sekunden und die ganze Familie war um Lena versammelt. „Mann Lena, ich habe doch gesagt, du sollst vorsichtig sein. Geht's dir gut? Ist das Baby OK?" sprach Elyas panisch. „Sollen wir gleich einen Krankenwagen rufen?" fragte Joseph in die Gruppe. „Hey, stopp, wir rufen hier gar nichts! Ich bin mit dem Fuss umgeknickt und auf meinen Hintern gefallen, dem Baby geht es super. Ich wette, die hat noch nicht mal was mitbekommen und schläft wie ein Murmeltier! Aber ihr könntet mit aufhelfen." sagte Lena schnell. Elyas stützte sie und sie ging humpelnd bis zum Sessel. Sofort kam Elyas Mama, die als Krankenschwester arbeitete und meinte: „Zeig mal, hast du dir was verstaucht?" Sie zog vorsichtig die Socke von Lenas Fuss und Lena zuckte bei jeder leichten Berührung vor Schmerzen zusammen. Elyas stand unruhig neben ihr: „Komm, wir fahren gleich ins Krankenhaus!" Wieder einmal konterte Lena genervt: „Elyas, es reicht. Bring mir einfach was Kaltes aus dem Kühlschrank, was ich auf meinen Fuss legen kann. Deiner Tochter geht es gut!" Elyas Mutter räusperte sich: „Dieses Mal gebe ich meinen Sohn Recht, ihr solltet wirklich ins Krankenhaus fahren. Wenn man als Schwangere fällt, sollte man sicher gehen, dass alles OK ist." Lena atmete langsam ein und aus: „OK, dann fahren wir halt ins Krankenhaus." Lena stand vorsichtig auf und versuchte ihren Fuss nicht zu sehr zu belasten. Als Elyas seine Jeansjacke überzog und nach dem Autoschlüssel griff, fluchte Lena: „Fuck!" Schnell drehte er sich um und guckte sie fragend an. Lena hatte einen unsicheren Blick im Gesicht: „Mein Fruchtblase ist geplatzt!" Schnell lief er zu ihr, stüzte sie auf dem Weg zum Auto und sagte: „Na, wenigstens kommst du jetzt freiwillig mit!"
Im Krankenhaus wurde Lena sofort an einen Herzmonitor für das Baby angeschlossen und der Oberarzt der Gynäkologie machte einen Ultraschall. Nach wenigen Minuten sagte er: „Ja, Fruchtblase ist geplatzt. Die Herztöne sind normal. Die Lungen sind komplett entwickelt und für ihr Alter ist sie sogar recht gross. Es gibt nur ein kleines Problem: Sie hat sich noch nicht gedreht. Ihr Kopf liegt oberhalb." Elyas riss panisch die Augen auf und fühlte ein seltsamen Schmerz in seinem Herzen: „Ist das schlimm? Was bedeutet das?" Fast gleichzeitig antworteten Lena und der Oberarzt: „Kaiserschnitt!" Beide guckten sich grinsend, aber auch etwas ernst an. Der Oberarzt fügte hinzu: „Eine normale Geburt wäre so zu riskant. Schwester, bitte rufen Sie gleich einen Anästesisten für die PDA und lassen Sie den OP-Saal vorbereiten." Elyas guckte Lena besorgt an und küsste sie. „Du wolltest doch eine normale Geburt, oder?" fragte er. Lena lächelte ihn an: „Ja, schon, das geht aber jetzt nicht anders. Mach dir keine Sorge!" Sie war relativ ruhig, da sie als Ärztin über den Ablauf eines Kaiserschnittes genau informiert war, aber sie konnte deutlich sehen, dass Elyas versuchte seine Panik zu kontrollieren.
Die Schwester kam ins Zimmer und sagte zu Elyas: „Bitte kommen Sie mit! Sie müssen auch OP-Kleidung tragen und dann bringen wir sie gleich in den Operationssaal!" Er gab Lena einen liebevollen Kuss und folgte der Schwester mit einem unwohlen Gefühl. Schnell hatte er sich in die sterile Kleidung geworfen und das Kopftuch umgebunden. Damals am Set von Doctor's Diary konnte er ein bisschen Erfahrung damit sammeln und die Schwester war erstaunt, wie natürlich er seine Finger hinhielt um sich die Handschuhe überziehen zu lassen. Fünf Minuten später wurde er von der Schwester zu Lena geführt, die bereits auf dem OP-Tisch lag und ihm entgegenlächelte. „Die Arztkleidung steht dir! Du siehst gleich viel komepetenter aus." sagte sie grinsend. Er nahm ihre Hand, streichelte sanft über ihre Finger und legte seinen Kopf neben den von Lena. Lange Zeit blieb er in dieser Stellung und ignorierte alle Geräusche um ihn herum. Er konnte sein Herz deutlich schlagen hören und musste immer wieder seine Angst vertreiben. Aber plötzlich wurde er von einem kleinen Schrei aus der Trance gerissen und nahm den Kopf nach oben. Sofort kam die Schwester mit einem grünen Tuch in der Hand auf ihn zu und legte das Bündel in seine Arme. Sein Herz raste vor Freude, als er dem klitzekleinen Mädchen mit grossen braunen Augen und dunklen Haaren entgegenguckte. Lena streckte ihren Kopf, damit auch sie ihre Tochter richtig sehen konnte und sagte lächelnd: „Sie sieht aus wie du!" Elyas war ausser sich vor Freude und strahlte über das ganze Gesicht. Die Schmetterlinge in seinem Bauch vermehrten sich sekündlich und er bekam eine Gänsehaut. Aber innerlich überkam ihm eine wollige Wärme. Er konnte seine Gefühle nicht beschreiben, der Moment war einfach perfekt und mehr als ein „Wow!" brachte er nicht heraus.