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Als ich aufwachte war es dunkel gewesen. Stockdunkel. Langsam setze ich mich aufrecht auf mein Bett und verharrte einen Moment lang, bis mir Draco in den Sinn kam. Mein Blick schoss in Richtung des Stuhls, auf dem er sich vor einigen Stunden noch niedergelassen hatte, doch ich konnte nichts erkennen- Alles um mich herum war, nach wie vor, pechschwarz gewesen. Leise und vorsichtig griff ich zu meinem Nachttisch und suchte hektisch meinen Zauberstab. Es dauerte ein wenig, doch als ich ihn endlich fand flüsterte ich ebenso leise; „Lumos." Sofort schoss aus seiner Spitze ein kleines, helles Licht. Behutsam leuchtete ich in Richtung des Stuhles, dieser war jedoch - leer. Ein kleines Stechen zog durch mein Herz.
Doch was hatte ich anderes erwartet gehabt?
Dass er die ganze Nacht bei mir sein würde?
Wie naiv konnte ich bloß gewesen sein?
Denn schließlich handelte es sich um Draco Malfoy.
Meine Füße glitten auf den Boden und ich stieg langsam aus dem Bett, zog mir meine Garderobe über meinen Schlafanzug, der aus einem roten Top und einer roten kurze Hose, versetzt mit Spitze, bestand und zog dazu meine schwarzen Boots an. Dann schlich ich leise aus dem Zimmer, schloss die Tür quietschend hinter mir, lief hinaus durch den Gemeinschaftsraum auf den leeren, eiskalten Flur. Ich brauchte etwas frische Luft und einen Moment für mich alleine, ein Ort den niemand sonst besuchte- Der Astronomieturm schien perfekt.
Die Schule schlief seelenruhig im Schein der Nacht. Alle Lichter waren erloschen, Dunkelheit überall. Auf den steinernen, langen Gängen war es totenstill gewesen. Nur ab und zu hörte man das Pusten des Windes um die Ecken pfeifen- Es war ein gespenstisches Geräusch gewesen. Doch es machte mir keines Weges etwas aus- Nein. Es beruhigte mich, ließ mich aufatmen, frei fühlen.
Als ich am unteren Ende des Turmes ankam öffnete ich vorsichtig, und so leise wie möglich, die Tür. Sie gab jedoch ein lautes Quietschen von sich. Mist! Wozu war dieser Filch eigentlich zu gebrauchen, wenn er es nicht einmal schaffte, die Türen vernünftig zu ölen? Leise kicherte ich- Dieser Satz hätte von Draco stammen können - Draco. Da war er wieder. Der Junge, mit den hellblonden Haaren und den grauen Augen, deutlich vor meinem inneren Auge zu erkennen. Sein freches Grinsen auf seinen rosa Lippen. Super- So weit war es also schon gekommen. Ich durfte es nicht zulassen, denn ich tat mir damit keines Weges etwas Gutes. Doch das war leichter gesagt, als getan.
Langsam schlich ich die scheinbar unendlich viel scheinenden Treppenstufen nach oben zur Spitze. Es dauerte einige Minuten, dann war ich endlich angekommen und ließ mich auf der eiskalten Mauer nieder. Meinen Kopf lehnte ich an die steinernen Säule. Mein Blick gilt über den endlos scheinenden Horizont. Der Ausblick war unbeschreiblich gewesen; Der Vollmond hoch am Himmelszelt. Die Sterne, die ebenso hoch über Hogwarts funkelten. Der verbotene Wald im Schein der Nacht. Hagrid's kleine Hütte. Der Eulenturm. Ab und zu hörte man einen Werwolf heulen. Sonst war es vollkommen still gewesen. Dieser Moment hätte ewig andauern können.
Doch plötzlich hörte ich Schritte, dumpf und dunkel, etwas weiter von mir entfernt.
„Nox." Das Licht an meinem Zauberstab erlosch.
Die Schritte kamen immer näher, wurden lauter. Doch ich konnte nicht zuordnen von wo sie kamen, daher blieb ich ruhig sitzen und hielt meinen Atem an. Es war nicht mein Plan gewesen, erwischt zu werden. Vor allem nicht von Filch. Auf Nachsitzen bei ihm konnte ich ziemlich gut verzichten.
Kurz bevor die Schritte genau vor mir waren, verstummten sie und jemand sagte mit kräftiger, rauer Stimme; „Lumos!"
Ein Zauberstab erleuchtete genau vor meinem Gesicht und blendete mich, sodass ich meinen Gegenüber nicht identifizieren konnte.
„Mrs D/N/N." Hörte ich eine vertraute Stimme sagen und der Zauberstab entfernte sich wieder von mir „Was machen Sie um diese Uhrzeit hier oben?" Professor Snape stand einige Meter von mir entfernt und sah mich skeptisch an.
„Ich- Ich wollte-" Stotterte ich unbeholfen.
„Ich höre?"
„Entschuldigen Sie, Professor. Ich bin aufgewacht und konnte nicht mehr schlafen. Daher dachte ich mir, dass etwas frische Luft eventuell helfen würde. Vor allem um meine Gedanken zu sortieren und das hier ist der perfekte Ort dafür, es ist-" Erkläre ich mich, doch Snape unterbrach mich;
„Still. Und dieser Ort besitzt eine unbeschreibliche Aussicht. Das ist richtig." Er stütze seine Hände auf der Mauer ab, direkt neben meinen Schuhen und sah hinaus in die Ferne.
Eine ganze Weile lang blieb es still. Niemand sagte etwas. Doch wandte ich meinen Blick nicht von Professor Snape ab. Er sah wieder einmal gedankenverloren aus. So, wie er es beim Essen in der Halle bereits getan hatte. Als würde er innig über etwas nachdenken, etwas sagen wollen, sich jedoch nicht trauen, es laut auszusprechen.
Nach einer weiteren, vergangenen Weile sagte er schließlich; „Gedanken sortieren. Meinen Sie Ihre Gedanken um Mr Malfoy?"
„Unter anderem." Antworte ich ihm kühl und sah ihm dabei direkt in seine schwarzen Augen.
Es war ein eigenartiger Moment gewesen.
„Mir ist nicht entgangen, was da zwischen Ihnen beiden ist. Jedoch kann ich mich nur wiederholen; Mr Malfoy ist kein guter Umgang für eine Dame wie Sie. Mr Malfoy mag nicht der richtige Umgang sein."
Langsam hielt ich meinen Atem an. Da war es wieder- Seine Worte und dieser Blick an ihm.
Was sollte das Ganze?
Worauf wollte er hinaus?
„Was wäre denn der richtige Umgang für eine Dame wie mich, Sir?" Fragend, beinahe herausfordernd, sah ich meinen Professor an.
Severus Snape kam einen Schritt näher auf mich zu. Schwungvoll stand ich auf und stellte mich mit dem Rücken an die Säule. Ein Fehler meinerseits, denn somit stand er direkt vor mir.
„Nun ja. Was Sie verdienen ist viel mehr als einen naiven Jungen, der danach strebt, wie sein Vater zu werden. Was Sie verdienen ist einen Mann, der weiß was es heißt alles für die Liebe zu geben. Ein Mann, der Sie lehrt mit ihm an seiner Seite zu kämpfen, egal wer oder was etwas dagegen haben könnten." Sein Blick blieb in meinen hängen- Er war durchbohrend gewesen, doch ich fühlte mich nicht sonderlich unwohl. Viel mehr nervös und aufgebracht.
„Mag sein. Doch mein Herz tut es jetzt und wird es immer tun, es schlägt für Draco." War alles gewesen; was ich ihm antwortete „Und dabei wird es bleiben."
„Das ist sehr naiv, Mrs D/N/N. Denken Sie tatsächlich, dass dieser Junge sein Leben für Sie geben würde? Oder würde er, in Anbetracht seines Egos, doch eher sich selbst retten?" Snape blieb an Ort und Stelle stehen und zog eine seiner buschigen Augenbrauen nach oben.
Und ich? Ich wusste nicht, was ich ihm antworten sollte, daher blieb ich still.
„Ich würde für sie sterben." Kam es urplötzlich und unerwartet aus der anderen Richtung. Hellblonde Haare schimmerten im silbernen Schein des Mondes.
„Draco." Flüsterte ich unhörbar.
Was tat er hier?
Der Professor drehte sich um, blieb jedoch immer noch wenige Zentimeter vor mir stehen, dann nickte er; „Guten Abend Mr Malfoy. Was treibt Sie um diese Uhrzeit an diesen ruhigen, verlassenen Ort?"
„Ich brauchte etwa frische Luft." Zischte er.
„Wenn das so ist, dann scheinen Sie viel mit Mrs D/N/N gemeinsam zu haben." Snape wich einige Schritte von mir zurück.
„Gut möglich, Professor." Zischte Draco erneut.
Die Stimmung war angespannt und kaum auszuhalten. Es war unangenehm gewesen.
Geräuschvoll räusperte ich mich; „Ich glaube, ich sollte langsam schlafen gehen, damit ich Morgen weder während des Turnieres noch auf dem Ball einschlafe. Diese Ereignisse sind äußerst wichtig."
„Ganz recht." Kam es von Snape „Eine gute Nacht."
Somit war das Gespräch beendet gewesen und ich ging in Richtung der steinernen Treppe. Erst als ich die beiden hinter mir gelassen hatte konnte ich wieder aufatmen. Endlich.

Schnell lief ich hinunter und begab mich auf den Weg zum Gemeinschaftsraum.
„D/N!" Rief Draco mir nach „D/N!"
Auch wenn ich nicht stehen blieben wollte, nicht nachgeben wollte, so tat ich es dennoch; „Pscht! Sei leise oder willst du gleich ganz Hogwarts wecken?"
Er schüttelte langsam den Kopf und griff nach meiner Hand, doch ich schlug sie abrupt weg.
„Was war das gerade mit Snape?" Sein Blick durchlöcherte mich nahezu.
„Erlaube mir die Gegenfrage; Wo Bitteschön warst du, als ich aufgewacht bin?" Dann drehte ich mich um und lief voraus-
Wütend, genervt, müde.
„In meinem Zimmer." Entgegnete er, als er mich eingeholt hatte „Ich dachte, du möchtest vielleicht nicht, dass jemand sieht, wie wir gemeinsam aus deinem Zimmer kommen."
„Hast du das gemacht weil du dachtest, dass ich das nicht wollen würde, oder wolltest du es vielleicht selber nicht, Malfoy?"
Die Wut sprudelte aus mir heraus.
Er zog mich am Arm an sich heran. Ich wirbelte herum und prallte genau gegen seinen Körper.
„Hätte ich das nicht gewollt, hätte ich dich nicht gefragt, ob du mit mir zum Ball gehen willst. Dort wird uns jeder sehen und ab da gibt es kein zurück mehr. Nur wenn ich Morgens aus deinem Zimmer komme, könnten die Anderen denken, dass du mit mir geschlafen hast und das- "
„Das wäre nicht das erste Mal." Unterbrach ich ihn „Und das wissen wir beide wohl gut genug."
„Das mag wohl sein. Aber es könnte deinen Ruf zerstören und das ist etwas, was ich auf gar keinen Fall zulassen werde. Niemals würde ich so etwas zulassen."
„Mein Ruf?" Lachte ich spöttisch „Weil ich mit dem Jungen schlafe, den ich-" Ich verstummte.
Malfoy zog eine Augenbraue nach oben und sah mich erwartungsvoll an, als würde er wissen, welche Worte fast aus mir heraus geplatzt wären. Aber nein.
„I-ich sollte schlafen gehen." Stammelte ich.
Er strich eine lose Haarsträhne hinter mein Ohr
„Ja, dass solltest du. Du wirst Morgen einen ziemlich langen Tag haben." Draco nahm meine Hand und brachte mich noch bis zu meiner Zimmertür „Gute Nacht, D/N/N." Seine Lippen berührten liebevoll meine Stirn.
„Gute Nacht, Malfoy."
Erschöpft ging ich in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir, überfordert mit dem was geschehen war. Das alles war mir zu viel gewesen; Snape, Malfoy.
Was sollte ich über all die Geschehnisse denken?
Was würde der morgige Tag mit sich bringen?
Wie würde all das weitergehen?
Das Turnier.
Der Ball.
Mist.
Gähnend schlüpfte ich aus meinen Boots und meiner Garderobe und ließ mich in mein Bett fallen. Auch, wenn alles mögliche an Fragen und Gedanken in meinem Kopf schwebte, so schenkte ich diesen keine Aufmerksamkeit, sondern schlief augenblicklich ein.

Draco Malfoy- Der Junge der mich mehr liebte, als er zugab Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt