Kapitel 57: Dass ich so bin

311 9 1
                                    


Coles P.o.V

"Gibt es denn keinen Zweitschlüssel für ihr Zimmer?", fragte ich Dad als ich schon wieder mit einem unangerührten Teller von Liz in die Küche kam. Sie sperrte sich schon seit über einer Woche in ihrem Zimmer ein. Sie reagierte überhaupt nicht auf mein Klopfen oder Rufen. Seufzend fuhr Dad sich durchs Gesicht, indem das schlechte Gewissen seit des Abschiedsbriefs geschrieben stand. Er schob mir einen Schlüssel über den Tisch.

"Ich hab ihn heute Morgen gefunden. Denkst du es ist richtig einfach so bei ihr aufzutauchen? Vielleicht braucht sie einfach etwas Zeit?" Ich habe meinen Dad noch nie so überfordert gesehen. Ich schüttelte den Kopf.

"Sie hatte genug Zeit gehabt. Sie brauch Hilfe" Ich nahm mir den Schlüssel und wollte mich auf den Weg machen doch Dad ließ mich innehalten.

"Ich habe es nicht gewusst", murmelte er und starrte dabei auf die Tischplatte. Ich wandte mich ihm wieder zu.

"Was? Was hast du nicht gewusst?" Ich setzte mich ihm gegenüber hin und er blickte mich wieder an.

"Ich wusste nicht, dass sie verheiratet war als wir uns das erste Mal verabredeten. Erst als es ernster zwischen uns wurde, hat sie mir es erzählt. Doch auch da hat sie mir vorenthalten, dass ihr Mann krank war. Sie meinte ihre Ehe wäre am Ende und alles wäre nur noch eine Frage der Zeit. Ich dachte, sie wollte sich scheiden lassen. Ich hätte doch nicht gedacht, dass er sich umbringt" Ich schloss kurz die Augen und wollte wieder aufstehen doch Dad fasste mein Handgelenk.

"Sag ihr das. Sag ihr, dass ich nichts wusste" Langsam löste ich seine Finger von meinem Arm als ich aufstand.

"Ich kann nicht. Das musst du ihr selbst sagen" Er nickte und vergrub sein Gesicht wieder in seinen Händen. Kurz darauf stand ich auch schon vor Elizabeths Tür und sperrte auf. Schon als ich die Tür aufmachte, machte sich ein unangenehmer Geruch breit und ich gab mir alle Mühe mein Gesicht nicht zu verziehen. Liz hatte ihr Zimmer komplett verwüstet. Mit schnellen Schritten durchquerte ich ihr Zimmer und öffnete das Fenster um frische Luft einzulassen. Ich wandte mich Liz zu, die ausdruckslos auf ihrem Bett saß und auf ihren Arm starrte. Ich folgte ihrem Blick und legte gleich eine Hand auf ihre um sie zu stoppen.  

"Willst du wirklich dein eigenes Universum zerstören?", fragte ich sie ruhig. Sie blickte in meine Augen und ich konnte Verzweiflung und auch Unsicherheit in ihren sehen. Ihre Hand begann unter meiner zu zittern und kurz darauf, ließ sie die Schraube los, mit der sie sich selbst verletzen wollte. Ich hob sie schnell auf und steckte sie in meine Tasche bevor ich sie in den Arm nahm.

"Ich kann das nicht mehr. Ich schaffe das einfach nicht" schluchzte sie in meine Halsbeuge. Ich strich ihr über ihre fettigen Haare und ignorierte den Geruch, der von ihr ausging als ich sie einfach hielt. 

"Es ist okay, Liz. Du musst das auch nicht alleine machen" Ich strich ihr weiter über den Kopf und als sie sich einigermaßen beruhigt hatte, führte ich sie in ihr Badezimmer und füllte ihre Badewanne mit Wasser.

"Zieh dich aus und setz dich da rein. Ich bin gleich wieder da" Ich schloss die Badezimmertür hinter mir und verließ ihr Zimmer um in meinem nach diesem Zettel zu suchen, den ich aufgehoben hatte. Damals hatte ich schon das Gefühl gehabt, ich würde ihn irgendwann mal brauchen. Schnell tippte ich die besagte Nummer ein und wartete auf ein Freizeichen.

"Praxis von Dr. Dolan, was kann ich für Sie tun?", ertönte eine Frauenstimme am anderen Ende des Hörers.

"Sie müssen mich unbedingt mit Dr. Dolan verbinden, es ist sehr wichtig. Es geht um einen seiner Patienten"

"Um Sie?", fragte die Frauenstimme und ich wollte gerade fragen ob sie bescheuert ist, doch dann wurde mir klar, dass ein Psychiater wahrscheinlich oft solche Anrufe von seinen Patienten bekommt.

"Nein, um meine Schwester. Ich glaube, sie hat einen Rückfall" Am Ende der Leitung war lange Zeit nichts zu hören, bevor sich die Frauenstimme wieder meldete.

"Ich verbinde sie" Und schon wurde ich weitergeleitet.

"Dr. Dolan. Wie ist Ihr Name?"

"Brooks, Cole Brooks. Sie müssen meiner Schwester helfen"

"Ich habe keine Patientin mit dem Namen Brooks. Sind Sie sicher, dass Sie richtig verbunden sind?"

"Stiefschwester. Sie ist meine Stiefschwester. Elizabeth Wheeler, sie ist bei Ihnen wegen ihrer Depressionen in Behandlung"

"Genau, Miss Wheeler. Sie erwähnten etwas von einem Rückfall?"

"Sie hat sich über eine Woche in ihr Zimmer eingesperrt, nichts gegessen, nicht geduscht und ich konnte sie gerade davon abhalten sich selbst zu verletzen."

"Ich bin in einer Stunde bei Ihnen" Damit legte er auf und ich ging wieder ins Badezimmer, wo Elizabeth immer noch da stand, wo ich sie hab stehen lassen - immer noch angezogen. Seufzend prüfte ich die Wassertemperatur und drehte den Hahn zu als genug Wasser eingelaufen ist. Ich wandte mich Elizabeth zu, die immer noch ausdruckslos in die Weite starrte. Ich zupfte am Saum ihres T-Shirts, doch bekam keine Reaktion. Ich zog das T-Shirt höher und über ihren Kopf. Ich musterte sie nicht um die Situation nicht ausnutzen zu wollen sondern hielt meinen Blick auf meine Hände, die gerade ihre Hose aufknöpften. Auch als ich diese auszog, kam keine Reaktion von Liz. Ich führte sie neben die Badewanne und zog ihr BH und Slip aus. Ich half ihr in die Badewanne ohne sie unnötig lange anzusehen und atmete erleichtert auf als ihr Körper bis zu den Schultern mit Wasser bedeckt war. Ich setzte mich an den Wannenrand und schöpfte mit meinen Händen Wasser um es über ihren Kopf zu schütten. Danach seifte ich mehrmals ihre Haare ein. Als die Haare sauber waren, ließ ich sie noch etwas in der Wanne sitzen. 

In ihrem Zimmer stand ich dann vor ihrem Schrank und musste daran denken, wie sie mich aufhielt in ihrem Schrank nach Klamotten zu wühlen als ich sie zu Trasons Party mitgenommen hatte. Und irgendwie fühlte es sich tatsächlich verboten an in ihren Schrank herum zu wühlen obwohl er sich nicht von irgendeinem anderen Schrank unterschied. Ein T-Shirt und eine Hose hatte ich schnell beisammen, doch fühlte ich mich tatsächlich unwohl in ihrer Unterwäsche rumzuwühlen. Ohne groß nachzudenken schnappte ich gleich das erste was ich fand und ging wieder zu Liz ins Badezimmer. 

"Es tut mir Leid. Dass ich so bin", murmelte sie. Ich blickte sie kurz an und breitete dann das große Handtuch aus. Sie verstand und stand auf.

"Entschuldige dich nie, für Dinge, die du fühlst. Du kannst nicht kontrollieren wie du fühlst. Die Sonne entschuldigt sich auch nicht, dafür, dass sie die Sonne ist. Dem Regen tut es nicht leid, dass er fällt. Gefühle sind eben so", erklärte ich als ich das Handtuch um ihren Körper wickelte. Sie stieg aus der Wanne und setzte sich auf den Rand. Ich nahm ein kleineres Handtuch und wickelte es um ihren Kopf. Dann drückte ich ihr ihre Zahnbürste mit Zahnpasta in die Hand und legte ihre Kleider neben sie. 

"Ich komme in 10 Minuten wieder" Sie nickte und begann ihre Zähne zu putzen. Ich ging in ihr Zimmer, begann ihr Bett zu machen und die Sachen am Boden wieder auf ihren Platz zu setzen.  Als ich nach der abgelaufenen Zeit wieder ins Badezimmer trat, atmete ich erleichtert aus als Elizabeth, angezogen, vor dem Spiegel stand und ihre Haare kämmte. Sie folgte mir in ihr Zimmer, wo sie sich wieder auf ihr Bett setzte. Da klingelte es auch schon an der Tür.

"Ich bin gleich wieder da" Als ich das Zimmer verließ, nahm ich die beiden Schlüssel wieder mit um zu verhindern, dass sie sich wieder einsperrt. Ihr Arzt war ein junger Mann mit Brille und sympathischen Gesichtszügen. Ich führte ihn in Elizabeths Zimmer und wartete dann vor der Tür um ihnen etwas Privatsphäre zu geben. Ich wartete ungefähr eine halbe Stunde bevor die Tür sich wieder öffnete und ich richtete mich auf als Dr. Dolan sich an mich wandte.

"Es war gut, dass Sie mich gerufen haben", erklärte er und lächelte mich aufmunternd an. Ich nickte.

"Sie hat schon seit einiger Zeit ihre Medikamente nicht mehr genommen. Sie ist damit einverstanden wieder in die Psychiatrie eingewiesen zu werden um sie medikamentös neu einzustellen und neue Behandlungsmethoden zu versuchen." Ich hob überrascht meine Augenbrauen.

"Wann wird sie denn eingewiesen? Und wie lange?"

"Ich habe gerade etwas rumtelefoniert und es ist gerade ein Platz frei für sie. Die Dauer hängt von Miss Wheeler selbst ab aber ich bin zuversichtlich, dass sie nicht mehr so lange  wie letztes Mal bleiben muss."

Nobody like youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt