Kapitel 6: Hey

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Ich hatte zur zweitletzten Stunde Englisch und starrte geschätzt alle fünf Sekunden auf die Uhr, welche über der Tür hing. Eigentlich wollte ich mich auf Romeo und Julia konzentrieren nur wirkte der Unterricht meines Lehrers wie eine Schlaftablette auf mich und es wurde für mich immer schwerer wach zu bleiben.

"Elizabeth, könntest du mir bitte erklären wie es nun eigentlich zu diesem Doppelselbstmord von Romeo und Julia kam", forderte mich mein Englischlehrer auf. Alle Augen waren auf mich gerichtet und plötzlich war ich hellwach und dachte scharf nach. Bisher hatten die Lehrer mich immer in Ruhe gelassen, da ich die Neue war, doch damit war nun wohl Schluss und ich wollte mich nun auch nicht blamieren.

"Zwischen Romeo und Julia war eine Liebe, die nicht sein durfte. Die Familien waren verhasst und Julia einem anderen Mann versprochen. Aus Verzweiflung nahm sie einen Schlaftrunk, der sie in einen todesähnlichen Zustand versetzte um dieser Hochzeit zu entgehen. Romeo hörte von Julias Tod und brachte sich dann in Julias Gruft mit Hilfe von Gift um, denn Julia war die Liebe seines Lebens und da sie, in seinen Augen, tot war, wollte er sie im Tod weiter lieben. "

Der Lehrer nickte mir zu. Bisher waren alle meine Aussagen richtig. Ich schloss die Augen und sammelte mich. Ich hasste es über Selbstmord zu sprechen auch wenn er nur fiktiv war. Ich nahm noch einmal tief Luft und fuhr dann fort.

"In der Sekunde in der Romeo starb, erwachte Julia aus ihrem tiefen Schlaf und erkannte, dass Romeo tot war. Also ergriff sie Romeos Dolch und erstach sich damit, denn eine Welt ohne Romeo war eine Welt in der sie nicht Leben wollte" Wieder nickte der Lehrer über meine Aussage und schrieb diese in Stichwörtern an die Tafel damit die andern diese abschreiben konnten.

"Eine sehr gute Antwort, Elizabeth. Könntest du nach dem Unterricht kurz zu mir kommen" Stirnrunzelnd nickte ich und schrieb dann auch die Antwort in mein Heft. Verlegen strich ich mir eine Strähne hinters Ohr und biss mir auf die Unterlippe. Ich spürte die Blicke meiner Klassenkameraden auf mir. Hatte ich irgendetwas falsch gemacht? Warum wollte mein Lehrer mit mir sprechen?

Aufgrund dieser Fragen war ich den Rest der Unterrichtsstunde unaufmerksam und nicht ganz bei der Sache. Ich war gerade mal zwei Tage hier und überlegte gerade was ich alles getan haben könnte, was meinen Lehrer verärgert hätte doch ich fand einfach nichts. Schließlich klingelte es und ich packte langsam meine Sachen ein und wartete bis meine Klasse draußen war. Die mussten nicht alles wissen. Langsam ging ich zum Lehrerpult und drückte meine Bücher an meine Brust. Unsicher stand ich vor ihm. Er sah von seinen Blättern auf und erinnerte sich dann, dass er eigentlich noch mit mir reden wollte.

"Deine Antwort vorhin war richtig gut, Elizabeth", fing er schließlich an. Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, blieb ich einfach ruhig.

"Ich hab mir deine Noten von deiner anderen Schule angesehen und mir deine Arbeiten zuschicken lassen, damit ich ungefähr einen Überblick habe, wo du gerade dran bist" Ich nickte und er kramte einen Stapel Blätter hervor und ich wusste gleich, dass es meine Arbeiten waren. Er blätterte kurz durch. Ich sah sie mir nicht einmal an da ich wusste was es war. Ich schrieb in diesem Fach nur Einsen.

"Ich bin beeindruckt von deinen Arbeiten. Du hast einen tollen Schreibstil", meinte er.

"Danke", stotterte ich. Ich wusste nicht auf was er hinaus wollte.

"Hast du schon eine Ahnung, was du studieren möchtest?", fragte er mich schließlich.

"Ich weiß es noch nicht so genau. Vielleicht Journalismus" Ich zuckte mit den Schultern. Er nickte.

"Weißt du, Elizabeth. Ich sehe großes Talent in dir. Ich bin mir nicht sicher ob du das weißt, aber wir haben eine Schülerzeitung hier und ich würde dich gerne dort empfehlen. Aber nur wenn du das möchtest" Ich überlegte kurz.

"Es wäre sehr nett wenn Sie das tun würden" Vielleicht half mir das etwas neue Leute kennen zu lernen. Die nächste Klasse kam gerade und ich musste zu meinem Bedauern feststellen, dass Cole auch dabei war. Er musterte mich kurz bevor er sich an seinen Platz setzte.

"Das wäre alles. Du kannst gehen", meinte mein Lehrer noch und entließ mich damit. Ich machte mich auf den Weg zu meiner nächsten Stunde doch ich kam nicht weit. Dieser eine Freund von Cole, der mir gestern schon einige Avancen gemacht hatte, blockierte mir gerade den Weg. Ich konnte gerade noch so verhindern genervt aufzuseufzen und blieb vor ihm stehen. Dabei musterte ich ihn. Er hatte blonde Haare, die an den Seiten kürzer waren als oben. Oben hatte er die Haare dann lässig nach oben gestylt. Außerdem hatte er braune Augen, die aussahen wie flüssige Schokolade und einige leichte Bartstoppel.

"Hey", begrüßte er mich. Verwirrt blickte ich nach hinten doch Cole war an seinem Handy beschäftigt. Er hatte glaube ich, nichts mit der Sache zu tun.

"Hey", gab ich knapp zurück und blickte auf die Uhr. Er sah ja im Grunde nicht schlecht aus aber ich würde wegen ihm wohl zu spät in den nächsten Kurs kommen.

"Ich finde es ja toll dich kennen zu lernen, aber ich muss weiter", ratterte ich runter und drückte mich an ihm vorbei durch die Tür. Was war das denn gerade? Verwirrt drehte ich mich noch mal um, doch er war schon weg.

Als ich dann meine letzte Stunde hinter mir hatte, machte ich mich auf den Weg zu Coles Wagen, da ich keine Lust auf eine Diskussion mit ihm hatte. Außerdem würde er mich sicher bei Mum verpetzen. Ich stand einige Minuten an seinem Sportwagen bevor er dann endlich kam. Mit einem seiner Freunde und diesem Kerl von gerade eben. Ich seufzte. Ich würde ihn wohl nicht so schnell loswerden. Cole gab ihnen noch einen Handschlag um sich zu verabschieden bevor er dann endlich das Auto aufsperrte. Schweigend setzten wir uns rein und er fuhr ohne Worte los.

Während er dann viel zu schnell durch die Stadt bretterte, dachte er wohl ein Gespräch mit mir anfangen zu müssen.

"Was hast du bitteschön gemacht, dass du nach ganzen zwei Tagen schon ein Gespräch mit dem Englischlehrer hattest?", er fragte das ganz beiläufig doch ich wusste, dass er das absichtlich machte.

"Gar nichts. Ich bin ein Musterschüler" Dabei lachte ich ihn falsch an bevor ich wieder aus dem Fenster schaute.

"Ja klar", meinte er sarkastisch, beließ es dann aber dabei. Schweigend fuhren wir schließlich weiter durch die Straßen von San Francisco, bis wir schließlich bei Cole Zuhause ankamen.

"Du könntest Nash ruhig etwas entgegen kommen", meinte er plötzlich als ich aussteigen wollte. Fragend sah ich ihn an.

"Wer ist Nash?"

"Der Kerl vor dem du beinahe weggelaufen bist. Blonde Haare, braune Augen. Er ist ein guter Kerl", meinte er bevor er selbst ausstieg. Verdattert sah ich ihm hinterher. 

Nobody like youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt