Kapitel 72: Danke

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Hibbelig wippte mein Bein auf und ab, während ich darauf wartete, dass jeder mit dem Abendessen fertig war. Mum und Louis waren seit langem mal wieder zu Hause und deswegen aßen wir gemeinsam. Genau das war auch der Grund weswegen ich noch immer nicht mit Cole gesprochen hatte. Nachdem wir Zuhause ankamen, verschwanden wir beide gleich in unserem jeweiligen Zimmer um Hausaufgaben zu machen und zu lernen. Außerdem machte ich mir schon seit geraumer Zeit Gedanken ob ich nicht doch paranoid wäre, weil ich immer das Gefühl hatte, dass unsere Eltern über uns Bescheid wussten, was kompletter Quatsch war. Ich spürte einen Fuß, der sich sachte auf meinen legte und sah überrascht auf. Cole warf mir einen wissenden Blick zu und verkniff sich ein Grinsen. Ich hörte mit meinem Beinwippen auf und Cole zog seinen Fuß wieder zurück.

"Wie geht es mit dem Lernen voran, Cole?", fragte Louis. Ich hielt mich selbst davon ab, die Augen zu verdrehen. Musste jetzt wirklich Smalltalk betrieben werden? Wir machten das sonst auch nicht. Cole zuckte mit den Schultern.

"Gut, denke ich. Es ist ja noch etwas Zeit bis zu den Abschlussprüfungen. Ich krieg das schon hin" Louis nickte.

"Gib dir trotzdem Mühe. Du hast zwar bisher gute Noten geschrieben, aber ich möchte trotzdem, dass du ein gutes Abschlusszeugnis hast" Dann wandte er sich mir zu.

"Schreibst du noch immer für die Schülerzeitung?" Seit ich aus der Psychiatrie entlassen wurde, war Louis noch freundlicher zu mir als sonst schon.

"Eigentlich schon. Nur habe ich immer über das Fußballteam geschrieben, doch die Saison ist schon zu Ende. Ich muss mir neue Ideen für Artikel überlegen" Ich zuckte mit den Schultern um gleichgültiger zu wirken. Vielleicht würden sie ja dann aufhören mit mir zu sprechen als wäre ich aus Porzellan, der bei dem kleinsten, falschen Wort zerspringt. Wieder nickte Louis.

"Willst du denn in der Sport-Branche bleiben oder sehnst du dich nach etwas anderes?" Darüber habe ich noch nie so richtig nachgedacht.

"Ich weiß es nicht. Als ich angefangen habe, dachte ich, ich schreibe einige kleine Artikel über Wirtschaft oder was auf der Welt so los ist. In die Sport-Szene bin ich nur zufällig reingerutscht, doch auch das hat mir gut gefallen. Ich denke, dass ich einfach immer neue Herausforderungen suche und einfach über das schreiben soll, was mir gefällt"

"Das ist ein guter Ansatzpunkt. Man soll immer das tun, was einem gefällt, sonst werden es lange, unglückliche Jahre", erklärte Louis. Gab er mir gerade Ratschläge fürs Leben? Wir saßen noch einige Minuten still am Tisch bevor Louis uns mit einer Handbewegung davon scheuchte. Er schien heute wirklich gute Laune zu haben, denn wir mussten nicht mal unsere Sachen wegräumen. Louis war der festen Überzeugung, dass man nur bodenständig bleiben kann, wenn man wie alle bodenständigen Leute lebt. Das heißt, dass es kein Dienstmädchen, Putzfrau, Koch oder sonstige Angestellten gab, sondern jeder selbst für Ordnung sorgen musste. Er wollte Cole damit zeigen, dass er sich glücklich schätzen kann, dass sein Vater ihm alles bieten kann, doch er soll nicht vergessen, dass es andere Menschen gibt, die es nicht so gut haben. Schon als er klein war, hat er immer nur Taschengeld bekommen, wenn er auch im Haushalt mitgeholfen hat, hat er mir mal erzählt. Zusammen mit Cole stieg ich die Treppe zu unserem Stockwerk hoch und an unseren Türen wollte ich eigentlich in mein Zimmer gehen als Cole mich am Handgelenk festhielt. Fragend sah ich ihn an. Ich wollte ihm eigentlich etwas Freiraum geben, da seine Abschlussprüfungen gleich anstanden und ich ihn deswegen nicht unnötig beim Lernen ablenken wollte.

"Ich will mit dir schlafen", flüsterte er damit unsere Eltern uns nicht hören können. Sofort schoss mir die Röte ins Gesicht und mein Herz klopfte mir bis zu Hals. Wollte er das so schnell schon? Ich war noch nicht bereit dafür. Cole runzelte die Stirn als er mich musterte. Kurz darauf riss er schockiert die Augen auf und sogar seine Wangen färbten sich leicht rosig.

"Ähm... nicht so, Liz. Ich meinte, zusammen schlafen. Also nein... in einem Bett schlafen. Nebeneinander. Das möchte ich", stammelte er vor sich hin und brachte dann noch ein verlegenes Lächeln zustande, wodurch mein Herz einen kleinen Aussetzer machte, bevor es wieder weiter schlug. Ich blies die angestaute Luft aus von der ich nicht einmal gemerkt habe, dass ich sie angehalten hatte. Langsam nickte ich. In einem Bett schlafen ist in Ordnung, das hatten wir ja schon getan. 

"Ich komme gleich zu dir rüber", flüsterte ich und Erleichterung war in seinem Gesicht zu sehen. Er presste mir einen kurzen Kuss auf die Lippen, bevor wir beide in unseren jeweiligen Zimmern verschwanden. Ich putzte mir schnell die Zähne und zog meine Schlafsachen an, dann ging ich wieder zu ihm rüber. Cole lag bereits im Bett und tippte etwas auf seinem Handy. Als er mich bemerkte, legte er es weg und klopfte auf den Platz neben sich. Ich schlüpfte zu ihm unter die Decke und er zog mich noch näher zu sich, sodass ich meinen Kopf auf seiner Brust ablegen konnte und seinen Herzschlag hören konnte. Lange sagte keiner von uns etwas, bis ich das Schweigen schließlich brach. 

"Tut mir Leid wegen vorhin" Cole runzelte die Stirn und strich sachte über meinen Rücken.

"Ich weiß gerade nicht wofür du dich entschuldigst", erklärte er. Ich rückte etwas von ihm ab damit ich ihn besser sehen konnte.

"Dafür das ich immer so unsicher bin. Wie vorhin als du sagtest, dass du mit mir schlafen möchtest" Cole sah kurz hoch zur Decke und leckte seine Lippen bevor er mich wieder ansah.

"Ich weiß gerade nicht genau, was du hören willst. Es war eine falsche Wortwahl, ich hab das nicht so gemeint. Versteh das jetzt nicht falsch, ich würde gerne mit dir schlafen aber ich weiß, dass du nicht so weit bist." Er seufzte.

"Was deine Unsicherheit angeht. Ich denke, dass das viel mit der Art zu tun hat wie du immer gelebt hast. Du warst immer eine Zielscheibe für deine Mum und deine Mitschüler. Du versuchst einfach ein kleineres Ziel abzugeben, damit sie dich nicht so leicht treffen können. Du fragst dich immer wieder, was Andere an dir störend finden und versuchst das dann zu verhindern. Ich will nur, dass du weißt, dass du das bei mir nicht machen musst" Er lächelte leicht und drückte mir einen leichten Kuss auf die Stirn.

"Außerdem bist du nicht die Einzige, die unsicher ist. Ich hatte auch noch nie eine Beziehung. Ich frage mich oft, ob Dinge, die ich tue oder sage richtig sind oder ob sie dich vielleicht verletzen können" Lächelnd legte ich meine Hände an seine Wangen und küsste ihn. Er erwiderte ihn fast sofort. Nach einiger Zeit spürte ich seine Zunge über meine Unterlippe streichen. Ich versuchte nicht zu verkrampfen wie beim letzten Mal sondern öffnete den Mund leicht. Seine Zunge schlüpfte in meinen Mund und traf gleich auf meine Zunge. Ich erschauderte leicht. Das Gefühl war ungewohnt aber gut. Meine Hände rutschten von seinen Wangen und ich verschränkte sie hinter seinem Nacken. Seine Hände waren neben meinem Kopf abgestützt. Nach einiger Zeit lösten wir uns um nach Luft zu schnappen. 

"Danke", hauchte ich. Ich meinte damit eigentlich das, was er über mich gesagt hatte aber gleichzeitig doch viel mehr. Er lächelte als würde er all das verstehen.

"Immer wieder gerne" Dann senkte er seine Lippen wieder auf meine.   

Nobody like youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt