Kapitel 69: Es tut mir Leid

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"Nein, Cleo. Du hast dafür einen Kratzbaum" Sachte hob ich sie auf und entfernte sie von meinem Bett und setzte sie auf ihrem Kratzbaum ab. Etwas verwirrt sah sie sich um, bis sie die Orientierung wiederfand und ihre Krallen in den Kratzbaum einschlug. Im Schneidersitz saß ich vor ihr und sah ihr zu während ich immer wieder ein Gähnen unterdrückte. Ich war erst spät von der Party zurückgekommen und später konnte ich nicht schlafen, weil ich immer wieder an diesen verdammten Kuss denken musste. Dieser Kuss, der mir so gut gefallen hatte, obwohl es so falsch war das über einen Kuss mit dem Bruder zu sagen. Dieser gewisse Bruder war sogar noch viel später zurück gekehrt als ich, sodass ich sehr früh gefrühstückt hatte um ihm so lange wie möglich aus dem Weg zu gehen. Solange es eben möglich war, wenn man im gleichen Haus wohnte und die Zimmer gegenüber voneinander lagen. Seufzend versteckte ich mein Gesicht in meinen Händen, doch leises Tapsen ließ mich wieder aufhorchen. Vorsichtig kletterte Cleo von ihrem Kratzbaum und legte ihren Kopf auf meinem Oberschenkel ab. Mit ihren großen blauen Augen sah sie mich an. Leicht lächelnd kraulte ich sie im Nacken und mein Lächeln vergrößerte sich als sie zu schnurren begann.

"Ach Cleo, was soll ich nur tun?", fragte ich das kleine Kätzchen obwohl ich wusste, dass sie mir nicht antworten würde. Wie aufs Stichwort klingelte mein Handy wieder und das Display zeigte mir Darias Namen an. Seit ich von der Party verschwunden war, versuchten Sandra und Daria abwechselnd mich zu erreichen, doch ich hob nie ab. Wieder seufzte ich.

"Ich kann sie wohl nicht ewig ignorieren, oder?" Cleo drückte sich gegen meine Hand, damit ich sie weiter streichelte. Ich wischte über das Display und nahm den Anruf an. 

"Hallo?

"Du bist auf Lautsprecher, weil Sandra auch hier ist", fiel Daria gleich mit der Tür ins Haus und ich musste mir ein Grinsen kurz verkneifen.

"Was ist gestern in dich gefahren?", konnte ich Sandra sich aufregen hören. Unsicher biss ich auf meine Unterlippe.

"Ich weiß auch nicht. Ich hab Panik bekommen", schlossfolgerte ich meine eigene Handlung.

"Und deswegen lässt du den Armen ohne jegliche Erklärung stehen? Er war echt angepisst als du gegangen bist. Hat sich echt die Kante gegeben", meinte Daria.

"Wirklich?" Ich hörte für einen kurzen Moment auf Cleo zu streicheln, was sie gleich mit einem empörten Miau quittierte. Also machte ich weiter mit den Streicheleinheiten. 

"Natürlich. Elizabeth, ihr kreiselt jetzt schon seit Wochen gegenseitig um den anderen herum. Der Kerl hat Gefühle für dich, das konnte gestern sogar ein Blinder sehen", ertönte wieder Sandras Stimme. Sie schien echt aufgebracht zu sein. Ich strich eine Strähne aus meinem Gesicht.

"Aber er ist doch mein Bruder" Auf der anderen Seite der Leitung konnte ich beide gleichzeitig genervt aufstöhnen hören.

"Er ist dein Stiefbruder. Ihr seid nicht blutsverwandt, okay? Hör auf dir darüber Gedanken zu machen und überleg dir lieber, wie du das mit ihm wieder gutmachen kannst", ermahnte Daria mich. Ich nickte und realisierte gleichzeitig, dass sie das am Telefon nicht sehen konnten.

"Ja, ihr habt Recht. Ich muss das wieder gerade biegen", gab ich zu.

"Erzähl uns später wie es war" Damit legten sie auf und genau in dem Moment klopfte es an meiner Tür. Ich schob Cleo von mir und stand auf, während die Tür sich öffnete. Cole und ich standen uns gegenüber und musterten den jeweils anderen unsicher.

"Es tut mir Leid", platze es dann gleichzeitig aus uns beiden heraus. Ich drehte mich um und nahm auf meinem Bett Platz. Cole nahm das wohl als Einladung sich ebenfalls zu setzen. Er hatte dunkele Ringe unter den Augen, was daraufhin deutete, dass er genauso gut geschlafen hatte wie ich.

"Es tut mir Leid, was gestern passiert ist. Ich hätte das nicht tun sollen", entschuldigte er sich weiter. Ich blickte von meinen Händen auf.

"Nein, mir tut es Leid. Ich hätte nicht so reagieren sollen", erklärte ich. Cole schüttelte den Kopf.

"Nein, ich hätte dich nicht dazu drängen sollen. Ich hätte wissen müssen, dass du nicht die gleichen Gefühle für mich hast, wie ich für dich. Ich bin dir auch nicht böse deswegen. Ich werde einfach etwas mehr Abstand halten auch wenn ich dich sehr mag, dann hab ich das bald wieder im Griff" Es schien ihm wirklich schwer zu fallen das zu sagen. Nun war es an mir den Kopf zu schütteln.

"Nein, Cole. Das was gestern passiert ist, wollte ich. Das wollte ich bereits seit einigen Wochen. Der Kuss,...gestern... ich bekam einfach Panik. Ich hatte solche Gefühle noch nie, ich hatte noch nie eine Beziehung und eigentlich weiß ich auch noch nicht so recht, was du an mir findest", gestand ich. Kurz sah er erleichtert aus, doch nun runzelte er die Stirn.

"Wie meinst du das?" Ich atmete tief durch.

"Du kennst mich wahrscheinlich besser als jeder andere. Du kennst mich besser als meine eigene Mutter. Du weißt wie ich bin. Ich bin schwierig. Ich war in der Psychiatrie, du hast es selbst gesehen, wie ich mich gehen lasse. Ich habe kein Selbstvertrauen und kein Selbstwertgefühl. Ich hasse mich und meinen Körper. Eigentlich... ich mag mich immer nur wenn du bei mir bist", versuchte ich mich zu erklären und eine einzelne Träne rollte meine Wange hinab. Sanft legte Cole seine Hände an meine Wangen und zwang mich so ihn anzusehen. Die Träne wischte er sachte mit seinem Daumen weg und er lächelte.

"Du siehst das Ganze ganz falsch. Ich kenne dich besser als alle anderen und ich mag dich trotzdem. Ich weiß, dass du depressive Phasen hast, die nicht einfach sind, ich hab dich in der Psychiatrie besucht und ich mag dich trotzdem. Du bist schüchtern und zurückhaltend und ich mag dich trotzdem. Du kannst deinen Körper nicht leiden doch ich finde dich hübsch und hoffentlich kann ich dir helfen, dass du dich irgendwann genauso magst, wie ich dich und das ohne dass ich dabei bin" Mein Mund stand leicht offen, als ich ihn musterte. Ich hatte ihn noch nie so aufrichtig gesehen, wie in diesem Moment. Ich schloss kurz die Augen bevor ich den Abstand zwischen uns schloss und meine Lippen auf seine drückte. Wieder breitete sich diese Wärme in mir aus und sie war noch viel stärker als gestern. Nach einem kurzen Moment der Überraschung erwiderte Cole den Kuss und bewegte seine Lippen gegen meine. Kurz darauf lösten wir uns voneinander.

"Du meinst das also wirklich ernst?", fragte ich trotzdem nochmal dümmlich nach. Lächelnd strich Cole mir eine Strähne hinters Ohr.

"Natürlich"

Nobody like youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt