Kapitel 16: Er hat uns einfach verlassen

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Coles P.o.V

Erschrocken zuckte ich zusammen als ich oben Glas zerspringen hörte. Verdammt, was hatte sie jetzt schon wieder getan? Fluchend lief ich die Treppen rauf. Warum musste sie so wahnsinnig kompliziert sein? Als ich in der ersten Etage ankam, sah ich schon was passiert war. Dad und Julia waren, als Elizabeth weg war, kurz Zuhause. Julia hat dann dieses Bild von Elizabeth hier aufgehangen um es für Elizabeth wohnlicher zu machen. Als ich das Bild das erste Mal sah, war ich mir nicht sicher ob das wirklich der Grund sein sollte oder ob sie Elizabeth schikanieren wollte, denn das tat sie in letzter Zeit immer öfters. An Elizabeths Reaktion konnte man jedoch erkennen, dass es wohl eine Schikane war. Kopfschüttelnd machte ich mich auf die Suche nach einem Besen und machte das alles wieder sauber. Dabei konnte ich immer wieder ihr Schluchzen hören, dass sie versuchte zu unterdrücken, da sie wusste, dass ich vor ihrer Zimmertür stand. Als ich die Scherben zusammengefegt hatte, hob ich das Bild auf und betrachtete es genauer. Es war ein älteres Bild von Elizabeth als sie noch dicker war. Es musste im Sommer geschossen worden sein, denn man konnte ihre Sommersprossen stärker erkennen als sonst. Und sie lachte. Und zwar ein echtes Lachen, welches ihre Augen erreichte. Im Grunde war es ein schönes Foto. Ich wusste nicht was mich ritt doch ich faltete es zusammen und steckte es in meine Hosentasche.  

-

"Hast du schon das Bild gesehen, dass ich aufgehangen habe?", fragte Julia. Beinahe verschluckte ich mich an meinem Kaffee und blickte zu Elizabeth. Sie zuckte zusammen und ließ den Löffel in der Schüssel liegen als sie aufsah. Ich schluckte bei ihrem Anblick. Ihre Augen waren gerötet und geschwollen. Sie hatte wohl die ganze Nacht geweint. Sie atmete tief ein bevor sie antwortete.

"Im Mülleimer sieht es viel besser aus, finde ich", meinte sie schließlich trocken und rührte weiter in ihrem Müsli umher. Obwohl sie gleichgültig wirkte, konnte man ihr trotzdem anerkennen, dass es ihr nicht leicht fiel ihrer Mutter die Stirn zu bieten. Auch ihrer Mutter konnte man ansehen, dass sie solche Antworten nicht gewohnt war.

"Was hast du gesagt?", provozierend lehnte Julia sich vor. Fragend blickte ich zu Dad doch der schien die Welt gerade auch nicht zu verstehen. 

"Du hast mich schon verstanden", zischte Elizabeth. Schon sprang Julia auf und zerrte Elizabeth, die sich überrascht mitziehen ließ, nebenan ins Wohnzimmer.

"Was erlaubst du dir eigentlich so mit mir zu reden?", hörte man Julias gedämpfte Stimme fragen.

"Was erlaubst du dir eigentlich Bilder von mir aufzuhängen und Dad einfach wegzuschneiden?", kam Elizabeths trotzige Antwort.

"Geht das schon wieder los. Elizabeth, dein Vater ist tot. Daran kannst du nichts ändern" Danach herrschte Stille. An Dads Reaktion konnte ich feststellen, dass er darüber im Klaren war, dass Elizabeths Vater nicht mehr lebte. Plötzlich hörte man Julia lachen.

"Du bist noch immer nicht darüber hinweg, oder?"

"Wie könnte ich? Er ist mein Dad! Schämst du dich überhaupt nicht ihn so einfach vergessen zu haben" Man hörte Julia aufschnauben.

"Er hat uns vergessen, Elizabeth. Er hat uns einfach verlassen" 

"Das ist nicht war"

"Doch, das ist es. Und dass du es noch immer nicht einsiehst zeigt mir, dass du doch besser in San Diego hättest bleiben sollen" Daraufhin hörte man ein Schluchzen und eine Tür, welche zugeknallt wurde und schließlich Julia, die mit gerötetem Gesicht, wieder in die Küche eintrat. Ohne Elizabeth. Sie setzte sich wieder hin und frühstückte als wäre nichts gewesen. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich mich so langsam auf den Weg zur Schule machen sollte. Nach dem Streit würde Elizabeth wohl nicht mitkommen. Ich stand auf und ging zum Flur um mich fertig zu machen, als ich hinter mir leichte Schritte vernahm. Elizabeth stand mit fertig gepackter Tasche und fleckigem Gesicht vor mir und wartete auf mich. Ich ließ mir meine Überraschung nicht anmerken als ich zurück in die Küche ging.

"Elizabeth und ich kommen heute später heim", meinte ich bloß und wollte schon umkehren doch Julia zog schon eine Augenbraue nach oben

"Und warum das denn?" Mit verschränkten Armen saß sie da und musterte mich.

"Ich habe Training", erklärte ich.

"Und Elizabeth?"

"Sie begleitet mich -"

"Warum?" Sie ließ mich nicht aus den Augen und ich versuchte nicht zu zeigen, dass es mich gerade tierisch nervte, dass sie mich andauernd unterbrach.

"Sie arbeitet für die Schülerzeitung und soll das Fußballteam begleiten", ratterte ich schnell runter, sodass sie mich nicht nochmal unterbrechen konnte.

"Nein, sie hat Hausarrest", meinte sie schnippisch.

"Julia, ich glaube das ist jetzt etwas übertrieben. Es wird ihr bestimmt gut tun mal etwas mit anderen zu unternehmen", versuchte Dad auf sie einzureden und ich wurde das Gefühl nicht los, dass er mehr wusste als er vorgab. Und schon entspannte Julia sich etwas und scheuchte uns mit einer Handbewegung davon. Elizabeth folgte mir schweigend bis ins Auto. Während der Fahrt merkte ich, dass sie ihre Hände zu Fäusten ballte, so stark, dass ihre Fingergelenke weiß hervorstachen. Außerdem bebten ihre Lippen. Sie sah aus als würde sie jeden Moment anfangen wieder in Tränen auszubrechen.

"Ich kann dich auch woanders hinbringen", brach ich leise die Stille. Sie atmete tief ein und aus bevor sie ihre Fäuste löste. Danach schüttelte sie den Kopf.

"Nein, es ist alles in Ordnung", erklärte sie mir. Ich nickte langsam.

"Das mit deinem Dad tut mir leid. Darf ich fragen, was passiert ist?"

"Danke. Er ist an Krebs gestorben", murmelte sie leise und wurde dann ganz still. Als ich kurz zu ihr rüber blickte, presste sie die Augen zusammen und eine einzelne Träne rollte ihre Wange hinab. Ich blickte schnell wieder nach vorne und ignorierte den Instinkt ihre Träne wegwischen zu wollen. Als wir am Schulparkplatz ankamen, fuhr sie sich noch einmal schnell über die Augen bevor sie ausstieg. Auch ich stieg aus und stützte mich am Autodach ab.

"Also, komm nach der Schule einfach hierher, ich hol dich dann ab, okay" Sie nickte nur bevor sie sich auf den Weg ins Schulgebäude machte. Ich blickte ihr nach bis sie im Schulgebäude verschwand. Dabei ging mir nur ein Gedanke durch den Kopf. Sie hat mir nicht die ganze Wahrheit gesagt.

Nobody like youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt