Kapitel 43: Max

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"Der Trainer fragt, ob du hier bleibst oder mitkommst. Wir gehen uns im Stadion umsehen", fragte Nash beim Frühstück. Trason und er hatten es kommentarlos hingenommen, dass ich mit ihnen das Zimmer teilte obwohl ich mitbekommen habe, wie Trason Cole einen vielsagenden Blick zugeworfen hatte, den ich aber nirgendwo einordnen konnte. Ich saß gerade mit den Jungs an einem langen Tisch in der Cafeteria der Jugendherberge und frühstückte mit ihnen. Die Cheerleader saßen an dem Tisch vor uns und sahen immer wieder feindselig zu mir rüber. Deswegen fiel mir die Entscheidung auch leichter als gedacht. 

"Ich komme mit", meinte ich. Das Stadion war in nur wenigen Minuten zu Fuß erreichbar, weswegen der Trainer die Jungs auch zu einer Art Spaziergang animierte. Alle waren in den Sportsjacken unserer Schule gekleidet. Trason schien etwas mit Cole zu diskutieren, deswegen ließ ich mich etwas nach hinten zu Nash zurückfallen.

"Wie kommst du eigentlich mit Daria voran?", fragte ich ihn leise. Nicht jeder musste mitbekommen worüber wir sprachen. Er seufzte kurz.

"Ich sammle noch Mut um ehrlich zu sein. Ich hätte nicht gedacht, dass das so schwer wäre." Ich lächelte leicht.

"Nein, im Ernst Elizabeth. Als Trason mit Sandra zusammengekommen ist, hat sich das angehört als wäre das ein Klacks. Ich habe gerade sehr großen Respekt vor denjenigen mit einer Freundin, ohne Scheiß" Das Stadion tauchte bereits vor uns auf und so langsam bekam ich ein mulmiges Gefühl. Hoffentlich war niemand da, der mich erkannte. Ich klopfte Nash auf die Schulter.

"Du schaffst das schon", meinte ich. Er erwiderte nur mit einem echt erbärmlichen Lachen. Wir betraten das Stadion und ich sah mich kurz um. Ich war nicht oft hier gewesen doch scheinbar hatte sich nichts verändert und bis auf einen Kerl, der Fotos machte, schien auch niemand hier zu sein. Erleichtert stieß ich die Luft aus. Der Trainer ging mit den Jungs aufs Feld und erzählte ihnen irgendwas, das mit der Taktik zu tun hatte. Da ich ja eigentlich nicht mitkommen musste, setzte ich mich von der Gruppe ab und nahm auf einer Bank Platz. Ich nahm meinen Notizblock raus und begann schon damit das Stadion zu beschreiben. Dabei blickte ich immer wieder auf. Auf so einen Kerl wie letzte Woche konnte ich gut verzichten. Doch immer noch war nur der Fotograf da. Ich runzelte die Stirn als ich ihn betrachtete. Er kam mir bekannt vor. Als er sich zu mir umdrehte, sah ich wieder runter auf meinen Block, damit er nicht merkte, dass ich ihn angestarrt hatte. Doch nur wenige Minuten später fiel ein Schatten über mich. 

"Hey, mach es dir etwas aus wenn ich-  Elizabeth?" Ich blickte auf und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Ich brauchte einen Moment bis es mir wie Schuppen vor die Augen fiel. Vor mir stand Maximilian Cooper. Wir waren seit dem Kindergarten immer in der gleichen Klasse gewesen. Er war der Typ, der einfach mit jedem klar kam und das Wichtigste, er war nett zu mir. Wir hatten so weit ich denken konnte jede Partnerarbeit zusammengemacht doch trotzdem hatte ich ihn nie als einen Freund bezeichnen können, da ich wusste, dass er nur Mitleid mit mir hatte.

"Max", sprach ich daher als Begrüßung aus und erhob mich von der Bank, da ich es hasste wenn jemand von oben herab mit mir sprach. Bei der Tatsache, dass ich seinen Namen noch kannte, hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln und er schlang seine Arme um mich. Etwas überrascht von seiner Reaktion, legte ich etwas unbeholfen meine Arme um ihn und klopfte ihm zweimal leicht auf den Rücken. Ich war sogar in Umarmungen schlecht. Er schien bemerkt zu haben, dass ich mich unwohl fühlte, denn er ließ mich kurz darauf los.

"Was machst du denn hier? Ich glaube, das letzte Mal habe ich dich vor einem Jahr oder so gesehen. Du hast dich echt verändert" Anderthalb Jahren korrigierte ich ihn in Gedanken. Ich warf einen Blick aufs Feld. Die Jungs waren immer noch da und hörten dem Trainer zu.

"Meine Mum hat jetzt einen Freund und wir sind deswegen umgezogen. Ich lebe jetzt in San Francisco", erklärte ich. Er nickte verstehend und schulterte seine Kamera etwas anders, da sie ihm scheinbar zu schwer wurde.

"Du bist mit dem Fußballteam hier?" Ich nickte.

"Ich schreibe für unsere Schülerzeitung über sie. Deswegen bin ich hier" 

"Für uns wolltest du nie schreiben", bemerkte er. Ich erinnerte mich, dass er mich oft danach gefragt hatte. Ich wusste, dass er auch Reporter war aber nur mittelmäßig schreiben konnte, dafür schoss er extrem gute Bilder.

"Doch, ich wollte schon aber wer hätte die denn gelesen, wenn man gewusst hätte, dass ich Artikel schreiben würde? Ich will dich nur daran erinnern, dass ich hier nicht gerade sehr beliebt war" 

"Ich erinnere mich. Du hattest es hier nicht leicht." Ich nickte wieder.

"Schreibst du auch über das Fußballteam?", fragte ich nun. Immerhin hatte er Fotos gemacht. Er seufzte.

"Ja, leider. Ich bin echt schlecht in diesen Reportagen"

"Wir machen es so. Ich schicke dir meinen Artikel und du mir deine Fotos" Skeptisch musterte er mich.

"Was wenn dein Team gewinnt? Das würde sich doch auch auf den Artikel auswirken"

"Ich gebe mein bestes so objektiv wie möglich zu sein" Wieder nickte er und hielt mir dann sein Handy hin.

"Kannst du mir nur kurz deine Nummer geben, dann kann ich dir alles schicken" Ich tat wie von mir verlangt als ich hinter mir eine Stimme hörte, bei der mir ein Schauer durch den Körper fuhr. 

"Na, na Mäxchen. Hast du endlich gelernt, wie man ein Mädchen aufreißt?" Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Max sah mich entschuldigend an. Ich musste mich gar nicht umdrehen denn ich wusste wer hinter mir stand. William Baker, das größte Arschloch aller Zeiten. Ich konnte echt nicht verstehen, was ich in der Grundschule an ihm so toll fand.

"Kannst du keinem anderen auf die Nerven gehen, Will?", versuchte Max die Situation noch zu retten.

"Nein, außer dir sind ja nur diese Luschen aus San Francisco da" Er stand nun genau hinter mir, das spürte ich. Ich hoffte gerade einfach nur, dass er mich nicht erkannte. Er ging um mich und stellte sich dann zu uns.

"Dann wollen wir mal sehen, wen du dir da angelacht hast" Kaum blickte er in mein Gesicht begann er zu lachen.

"Oh mein Gott, ich kann nicht mehr. Nie sind die andern da wenn man sie braucht. Aus welchem Loch bist du denn wieder aufgetaucht?" Will kriegte sich gar nicht mehr ein vor Lachen. Ich warf Max einen entschuldigenden Blick zu bevor ich meine Sachen nahm und ging. Das konnte ich nun echt nicht gebrauchen. Bevor ich jedoch den Ausgang des Stadions erreicht hatte, wurde ich wieder herumgewirbelt. 

"Was denkst du wo du hin gehst?" Will hielt mich immer noch fest auch als ich versuchte mich aus seinem Griff zu lösen. Auf eine Antwort von mir konnte er jedenfalls lange warten. Er griff fest unter mein Kinn und zwang mich hochzublicken. Dabei musterte er mich ausgiebig.

"Scheinbar gibt es in der Psychiatrie auch ne Schönheitsfarm", kommentierte er meinen Gewichtsverlust. Dass ich in der Psychiatrie war, hatte sich scheinbar schnell rumgesprochen.

"Doch das wird nichts ändern, Schwabbel. Ich werde dir trotzdem das Leben zur Hölle machen wenn du wieder kommst", drohte er mir und benutzte einen der Namen, die er mir gegeben hatte. Lachend ließ er mich los. Ich hielt die Tränen zurück, vor ihm würde ich sicher nicht weinen. All die aufgestauten Gefühle, die er in mir die letzten Jahre verursachte, kamen wieder hoch und ehe ich mich versah, klatschte es und sein Kopf flog zur Seite. Schockiert sah er mich an und hielt sich die gerötete Wange. Nur das und meine schmerzende Hand sagten mir, dass ich ihm gerade wirklich eine Ohrfeige verpasst habe. Schnell wirbelte ich herum und machte mich aus dem Staub, doch er kam mir nicht nach. Ich musste leicht grinsen. Das hatte wirklich gut getan.

Nobody like youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt