Kapitel 3: Frischfleisch

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Coles P.o.V

Müde stieg ich aus meinem Wagen und schlenderte über den Schulhof. Dabei lagen mal wieder alle Blicke auf mir, die ich auch sichtlich genoss. Ich liebte die Aufmerksamkeit, die mir hier entgegen gebracht wurde. Während ich den Schulhof überquerte, machte ich schnell eine Gruppe aus, die ich als meine Freunde bezeichnete. Gemütlich ging ich auf sie zu und begrüßte sie mit einem Handschlag.

"Wir haben eine Neue", informierte mich Nash über den neusten Stand der Dinge. Nash war die größte Tratschtante, die ich kannte und keiner wusste so genau von wem er seine Informationen bezog. 

"Frischfleisch", grinste ich und lehnte mich an die Wand, hinter mir um den Schulhof zu beobachten.

"Wer weiß, wer weiß. Vielleicht ist es ja dein neues Schwesterchen", lachte Trason. Ich verdrehte die Augen. Vor einigen Wochen ließ Julia die Bombe platzen, dass ihre Tochter bald bei uns einziehen wird. Bei ihrem Einzug vor einem halben Jahr hatte sie mit keinem Wort erwähnt, dass sie überhaupt eine Tochter hätte. Ich schüttelte den Kopf.

"Die soll erst nächste Woche kommen" Ich zuckte mit den Schultern. Sie hatte noch etwas in San Diego zu erledigen, meinte Julia. Eine Person betrat den Schulhof, die ich noch nie gesehen hatte. Das musste wohl die Neue sein.

"Außerdem ist die dicker", fügte ich noch hinzu als ich die Person hinter Trason fixierte, die gerade in unsere Richtung kam. Ich hatte Julias Tochter vor einer Weile auf Facebook gesucht und auch gefunden. Daher wusste ich auch ungefähr wie sie aussah. Trason und Nash drehten sich jetzt ebenfalls zu ihr um. Das Mädchen hatte hellbraune Haare und man konnte ihr deutlich ansehen, wie unwohl sie sich fühlte. Sie trug eine einfache Jeans und ein weites langärmliges Shirt. Doch durch den Wind, der ihre Klamotten an ihren Körper drückte, konnte man erkennen, dass sie eigentlich viel dünner war. Als sie die Tür erreichte, blieb sie kurz stehen und blickte in unsere Richtung.

 Ihr Blick fiel gleich auf mich und sie begann mich zu mustern, so wie ich es auch bei ihr tat. Sie hatte hellblaue Augen, wobei ich mir jedoch nicht sicher war ob sie blau oder grau waren. Schließlich bemerkte sie auch, dass ich ihr dabei zusah wie sie mich musterte und wurde leicht rot. Sie war also eine der schüchternen Sorte. Ich musste wieder grinsen und sie wandte sich schnell ab und verschwand in das Schulgebäude.

"Die Kleine ist echt nicht schlecht", meinte Nash und starrte immer noch auf die Stelle, an der sie gerade stand. Ich nickte.

"Ich glaub, ich krall mir die", murmelte er noch bevor auch wir uns auf den Weg zu unserem Unterricht machten. Beide gingen sie zu ihrem Mathekurs während ich mich auf den Weg zu Chemie machte. Gedankenverloren schritt ich den Gang entlang. Dass nächste Woche die Tochter von der Freundin meines Vaters kam, hatte ich komplett vergessen. Ich war irgendwie gar nicht darauf vorbereitet mich von meinem Einzelkind-Dasein zu trennen. Obwohl sie ja nicht so übel sein konnte wenn sie auch nur ein bisschen so war wie Julia. Weiter kam ich nicht da prompt jemand in mich reinlief. Genervt blickte ich auf um zu sehen, wer es wagte mir nicht den Platz frei zu machen. Ich hatte einen gewissen Status an dieser Schule, so wie meine Freunde und den nutzten wir auch aus.

"Kannst du nicht aufpassen?", fuhr ich das Mädchen an, welches in mich gerannt und die Bücher um uns verteilt hatte. Sie blickte kurz auf und ich erkannte in ihr das Mädchen von vorhin. Trotzig musterte sie mich kurz und begann ohne jegliche Entschuldigung die Bücher vom Boden aufzuheben.

"Hast doch auch Augen im Kopf", hörte ich sie dabei murmeln. Ich hatte mich wohl gerade verhört. Wütend packte ich grob ihr Kinn und zwang sie mich anzusehen.

"Was hast du gesagt?", fragte ich sie bedrohlich. Wütend versuchte sie sich aus meinem Griff zu befreien, was ihr jedoch nicht gelang.

"Du hast mich schon verstanden", nuschelte sie. Die Kleine hatte echt Mut. Ich zog sie näher zu mir und musterte sie nochmal. Ihre Augen waren innen grau doch wurden nach außen hin immer blauer, weswegen sie auch so hell aussahen. Kalt sah sie mir in die Augen, als hätte sie keine Angst vor mir. Als wäre ihr das alles egal.

"Du hast wohl noch nicht ganz verstanden, wie das hier läuft. Da du noch neu bist mache ich bei dir eine Ausnahme", meinte ich bevor ich sie losließ. Ich konnte sie nicht gleich ganz verängstigen wenn Nash bei ihr noch landen wollte. Ich ging an ihr vorbei, ließ es mir aber nicht nehmen sie nochmal an der Schulter anzurempeln. Mit einem Grinsen vernahm ich, dass ihr ihre Bücher wieder runtergefallen sind. Schweigend beobachteten die andern Schüler uns. Sie würden nie eingreifen, dafür hatten sie zuviel Angst vor mir. Ich konnte noch hören wie sie mich leise als Arschloch beschimpfte, bevor ich weiter meiner Wege ging.

Nobody like youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt