24. April , Kathi
Wir hatten es uns in meinem Zimmer auf dem Bett bequem gemacht, vor uns eine Schüssel mit Popcorn, um uns herum diverse aufgeschlagene „Mädchen"-Zeitschriften, deren Schminktipps wir ausprobiert hatten. Ich hatte mich hinter Susi gekniet und versuchte schon seit geraumer Weile, ihre Haare kunstvoll hochzustecken.
„Wie war es denn nun gestern?", wollte Susi neugierig wissen, „Du bist ja lange drüben gewesen..."
„Schön...", seufzte ich und steckte die letzten freien Strähnen fest. Schwärmerisch fügte ich hinzu:
„Der Sascha ist einfach süß..."
Mit einem Plumps ließ ich mich zurück in die Kissen fallen. Susanne drehte sich zu mir um.
„Und – habt ihr euch geküsst?"
Mein Strahlen war Antwort genug. Susanne ließ sich bäuchlings neben mich fallen. Die Schüssel mit dem Popcorn vibrierte gefährlich, fiel aber nicht um.
„Details!", verlangte Susi und ich ließ mich nicht lange bitten.
„Wir sind Boot gefahren...", berichtete ich, „...und sind fast auf Grund gelaufen. Und dann haben wir uns geküsst. Und haben damit nicht mehr aufgehört."
Ich grinste und schwelgte in Erinnerungen. Susi betrachtete mich neugierig.
„Wie sieht er aus? Hast du ein Foto?"
„Wo denkst du hin?" Ich machte eine wedelnde Bewegung mit ihrer Hand. „Kann doch nicht gleich nach einem Foto fragen. Aber beim nächsten Mal nehme ich meine Kamera mit."
„Es gibt also ein nächstes Mal?"
Susi sah nicht so aus, als wenn sie daran gezweifelt hätte.
„Jeden ersten Samstag im Monat", erläuterte ich und schloss verträumt die Augen.
„Wie ist er denn so?", wollte Susi mit belegter Stimme wissen. Ich ahnte, dass sie mich ein wenig beneidete.
„Witzig. Cool. Sportlich. Unternehmungslustig", zählte ich begeistert auf. „Und er kann gut zuhören – für einen Jungen." Wir lachten. „Wir haben uns super gut unterhalten."
„Siehst du, ich habe ja gesagt, fahr hin", bekräftigte Susi und genoss es sichtbar, Recht gehabt zu haben.
„Ich hätt ja gesagt, ich bringe ihn mal mit", schloss ich. „Aber das geht ja nicht..."
Frustriert pustete ich ein paar Haarsträhnen beiseite, die sich auf meiner Nasenspitze verirrt hatten, und zog einen Flunsch.
„Das ist ganz schön ätzend, mit der Mauer. Fast eine Stunde habe ich für die Einreise gebraucht und musste 25 DM umtauschen, die ich dort überhaupt nicht ausgeben kann."
„Aber er ist das wert?"
Neugierig sah Susi auf mich hinunter.
„Auf jeden Fall!", gab ich ohne zu zögern zurück. Und ein paar Sekunden später: „Meinst du, Mama und Papa geben mir einen Zuschuss zum Taschengeld?"
Susi zuckte mit den Achseln und bezweifelte es. Unsere Eltern waren in Geldangelegenheiten ziemlich strikt. Schließlich seufzte sie und gab zu:
„Ich beneide dich."
Ich machte eine lässige Handbewegung.
„Es dauert bestimmt nicht lange, bis auch bei dir der Richtige auftaucht, wart's ab!"
Mit Schwung hopste ich vom Bett, die Popcornschüssel tat es mir nach und im Nu war der Boden mit Popcorn bedeckt. Verdutzt sahen Susi und ich uns einen Moment lang an, dann brachen wir in schallendes Gelächter aus.
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Herz in den Wolken
RomanceDas verflixte Liebesleben - ist in der geteilten Stadt Liebe über die Mauer hinweg möglich? Katharina stellt fest, dass das schwieriger ist als gedacht. Zumal der Zorn ihres Freundes Sascha über die Begrenzung seiner Freiheit ständig größer wird. Un...