Sascha
„Wer als Erster beim Ball ist!", forderte mich Kathi heraus und wies auf einen Fußball, der einsam auf einem sandigen Fußballfeld lag. Und schon rannte sie los und hatte dadurch gleich ein Stück Vorsprung. Und sie war unerwartet schnell, aber es gelang mir, den Abstand Stück um Stück zu verringern. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, sie gewinnen zu lassen, aber dann siegte doch mein Ehrgeiz, ich holte sie ein, setzte zum Überholen an – und wurde kräftig ausgebremst, als sich Kathi an meiner Jacke festhielt.
„Heh!" rief ich, mich umwendend und sah in ihr spitzbübisches Lächeln. „Das ist Sabotage."
„Trick siebzehn", korrigierte sie mit einem fröhlichen Lachen, ließ los, schnappte sich den Ball und rannte auf das Tor zu. So ist das also, dachte ich und lief hinterher und stellte mich ihr dann in den Weg. „Ich habe gehört, beim Handball ist Tuchfühlung erlaubt?", keuchte ich.
„Nur, wenn du mich kriegst", entgegnete Kathi, ebenfalls nach Luft ringend, und machte eine flinke Drehung zur Seite. Aber diesmal nicht schnell genug, ich streckte meinen Arm aus und bekam sie am Rumpf zu fassen und zog sie dann mit dem zweiten Arm zu mir heran. Kathi reckte sich zu ihrer vollen Höhe und schmetterte den Ball in Richtung Tor, er knallte gegen den Pfosten, prallte ab und fiel ins Tor.
„Nicht schlecht", gab ich anerkennend zu.
„Vier Jahre Handballtraining machen's möglich", reagierte Kathi lässig und schüttelte ihre Hand. „Bisschen schwerer, so ein Fußball", setzte sie hinzu und zog eine Grimasse.
Ich pustete ausgiebig, bis sie einen Lachanfall bekam. „Hör auf, das kitzelt!", forderte sie schließlich und legte mir ihre Hand auf den Mund, um mich zu stoppen.
Ich gab ihr einen Kuss in die Handfläche und dann sank sie entspannt gegen mich und wir warteten, bis sich unser Atem wieder beruhigt hatte.
„Wie oft trainierst du?", wollte ich schließlich wissen, als wir zum Spielplatz hinüber schlenderten.
„Zwei Mal in der Woche und in der Saison oft noch am Sonntag. Und was ist bei dir mit Sport?"
Ich schüttelte den Kopf. „Seitdem ich segle, mache ich ansonsten keinen Sport mehr. Früher habe ich Fußball gespielt."
„Wie alle Jungs", lächelte sie nachsichtig.
Ich wies mit dem Kopf zu einer Reifenschaukel hinüber und setzte mich, Kathi auf meinen Schoß ziehend. Es wackelte kräftig, bis wir zusammen das Gleichgewicht gefunden hatten. Dann holte ich Schwung und wir schaukelten höher und höher. Ich brauchte beide Hände für die Ketten und Kathis Griff um meine Taille verstärkte sich, als wir uns wie eine Einheit vor und zurück bewegten. Nervenkitzel erfasste mich und ich rief ihr zu: „Angst?"
„Nein!", brüllte sie zurück.
Und dann waren wir so hoch, dass es höher nicht mehr ging. Kathi klammerte sich an mich und kreischte ausgelassen. Lass jetzt bloß nicht los, dachte ich im Stillen und verringerte nach einer Weile sicherheitshalber wieder die Höhe. Erschöpft blieb sie schließlich an meiner Brust liegen, als wir nur noch locker hin und her pendelten, was ein durchaus angenehmes Gefühl war.
„Dir kann man nicht so leicht Angst machen, was?", scherzte ich und erntete einen entrüsteten Blick, als sie den Kopf hob.
„War das dein Ziel?"
Ich wehrte beschwichtigend ab und legte dann einen Arm um sie. Einige Momente schaukelten wir sachte hin und her, in entspanntes Schweigen versunken und ohne das Gefühl, die Stille mit Worten füllen zu müssen.
Bis Kathi plötzlich abrupt bemerkte: „Meine Freunde sagen, das hält nicht lange."
„Sagen meine auch", gab ich zu.
Genau genommen wusste nur Rainer richtig Bescheid, Carsten lediglich oberflächlich, aber beider Kommentar hat ähnlich gelautet: Carstens flapsiges Genieß es, so lange es dauert und Rainers Empfehlung, sich da bloß nicht zu sehr reinzuhängen.
„Und was sagst du?"
Kathi blickte mich ernst an und konstatierte entschlossen: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg."
Und wenn keiner da ist, schafft man sich einen, fuhr es mir durch den Kopf und hatte längst beschlossen, dass ich mir von diesem verdammten Staat nicht meine Liebe kaputt machen würde. Noch nie hatte ich schon nach nur wenigen Stunden mit einer Frau das Gefühl gehabt, mit ihr zusammenzugehören. Mit Kathi hingegen war das völlig anders!
Mich faszinierten ihre Fröhlichkeit und ihr Humor, der so gut zu meinem passte, sowie auch die Tatsache, dass sie mir hin und wieder selbstbewusst Paroli bot. Ich hatte noch nie jemanden wie sie kennengelernt, der mit so viel Unbeschwertheit durchs Leben ging, und das Risiko, das ich mit dieser Beziehung einging, verdrängte ich konsequent.
Da wir inzwischen so niedrig schaukelten, dass meine Füße über den Boden zu schleifen begannen, stoppte ich und fuhr mit der nun freien Hand ihren Nacken entlang zu dem hochgesteckten Zopf, der im Auflösen begriffen war.
„Darf ich?"
Und ohne ihre Antwort abzuwarten befreite ich die gebändigten Haare, bis sie ihr wie eine Löwenmähne auf die Schultern fielen. Das Sonnenlicht verlieh ihnen einen goldigen Glanz und mit den leicht geröteten Wangen und grün schimmernden Augen sah sie zum Anbeißen aus. „Weißt du eigentlich, wie hübsch du bist", murmelte ich und spielte mit ihren Locken.
Sie nahm meinen Kommentar mit einem Lächeln auf, während sie ihn gleichzeitig mündlich abstritt.
„Ich doch nicht."
„Doch, genau du!" Mit den Händen strich ich langsam ihren Rücken entlang, bis sie auf ihrem Hintern zu liegen kamen. Kathi ließ mich gewähren und rutschte noch etwas dichter an mich heran. Ich hätte sie auf der Stelle vernaschen können.
„Und jetzt, Herr Brenner?", kam es eine Spur herausfordernd von ihr.
Natürlich behielt ich meine Gedanken für mich und antwortete stattdessen mit einem langen intensiven Kuss, während es in mir vor Aufregung kribbelte. Verstohlen sahen wir uns anschließend um.
„Ich glaube, wir sollten mal die Schaukel freigeben", seufzte Kathi und deutete auf einen kleinen Jungen, der abwartend einige Meter entfernt stand und uns beobachtete. Sie rutschte von meinem Schoß und meinen Arm um sie legend stapften wir durch den Sand und verließen den Spielplatz, um unseren Weg durch den Park fortzusetzen.
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Herz in den Wolken
RomanceDas verflixte Liebesleben - ist in der geteilten Stadt Liebe über die Mauer hinweg möglich? Katharina stellt fest, dass das schwieriger ist als gedacht. Zumal der Zorn ihres Freundes Sascha über die Begrenzung seiner Freiheit ständig größer wird. Un...