7. Oktober, Susanne
Susanne lag im Bett und las in ihrem Buch, Herr der Fliegen, was für ein bekloppter Titel, hatte sie gedacht, als Frau Steuer die Klasse um die Anschaffung des Buches für den Deutschunterricht gebeten hatte. Der Anfang war sehr langatmig gewesen, aber jetzt war es richtig spannend. Um Fliegen ging es dabei überhaupt nicht, höchstens um das Hinfliegen, weil eine Gruppe von Jungen bei einer Evakuierung mit dem Flieger abgestürzt war und auf einer unbewohnten Insel gelandet war.
Sie hatten einen Anführer gewählt – eigentlich nur, weil er gut aussah und einen guten Eindruck erweckte – aber das passte einem der Jungen und seinen Mitstreitern nicht, die fanden, die Rolle des Anführers stände einem der Krieger zu, die Schweine auf der Insel jagten. Dabei war der Schlaueste von der ganzen Gruppe ein dicker bebrillter Junge mit Asthma, dem aber keiner zuhörte.
Susanne legte es daher nur widerwillig zur Seite, als ihre Mutter zum Frühstück rief. Kathi kam zur gleichen Zeit aus ihrem Zimmer wie sie und stumm und verbissen, Schulter an Schulter und sich das Lachen verkneifend, fochten sie einen Wettkampf aus, wer zuerst in der Küche war. Ihre Mutter schüttelte den Kopf, als sie herein stürmten.
„Als wäret ihr zeh Jahre alt", kommentierte sie, aber lächelte dabei.
„Mhm, lecker, Rührei!"
Kathi schnupperte genießerisch in der Luft und wollte damit vermutlich davon ablenken, dass Susanne gewonnen hatte. Die ihr daraufhin frech die Zunge rausstreckte und sich dann setzte.
„Wo ist Papa?"
„Kathi, trag mal bitte das Ei rüber", bat ihre Mutter abgelenkt und teilte dann mit:
„Papa hat Fieber und bleibt heute im Bett."
Kathi und sie setzten sich ebenfalls an den Tisch und Mama wandte sich Susanne zu.
„Es tut mir leid, aber das Essen muss heute Mittag ausfallen."
Eine Welle der Erleichterung überrollte Susanne, denn Markus hätte heute eigentlich zum Essen kommen sollen. Aber nun war das ja vermutlich erst mal aufgeschoben.
„Is nicht so schlimm", gab sie daher entspannt zurück.
Kathi sah sie wortlos an, sagte aber nichts.
„Ich finde es schade. Aber für Papa ist es besser, wenn heute Ruhe im Haus ist. Wäre schließlich nicht so toll, wenn er schon in der zweiten Woche bei der neuen Arbeit krank wäre."
Ihre Mutter klang ein wenig besorgt, fügte aber dann entschlossen hinzu: „Das holen wir aber auf jeden Fall nach." Munter füllte sie sich ein großes Stück Rührei auf und verteilte es auf ihrem Brot.
„Ruhe im Haus? Die machen doch keinen Lärm..." gab Kathi einen launigen Kommentar ab. „Jedenfalls nicht Lärm im eigentlichen Sinne." Sie machte laute Kussgeräusche.
Susanne versetzte ihr unter dem Tisch einen Tritt und sah sie böse an, so dass Kathi zum Glück schnell wieder aufhörte.
Die Mutter hob den Kopf. „Dann bist du bitte um Mitternacht wieder zu Hause, Sanne."
„Was?!", begehrte Susanne auf. „Wieso?"
Ihre Mutter legte das Besteck mit einem Klirren auf den Teller. „Weil wir gesagt haben, wir möchten Markus erst einmal kennenlernen, bevor du bei ihm übernachtest."
Es war nicht zu fassen! Das konnte sie ihr doch jetzt nicht verbieten. „Aber Mama", jammerte Susanne, „Wir haben für morgen doch schon ein gemeinsames Frühstück geplant."
„Du kannst ja morgen früh wieder hinfahren", ergänzte ihre Mutter in einem Ton, der jeden Teenager zur Weißglut brachte. Mühsam hielt sich Susanne jedoch zurück und widersprach:
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Herz in den Wolken
RomanceDas verflixte Liebesleben - ist in der geteilten Stadt Liebe über die Mauer hinweg möglich? Katharina stellt fest, dass das schwieriger ist als gedacht. Zumal der Zorn ihres Freundes Sascha über die Begrenzung seiner Freiheit ständig größer wird. Un...