7. Oktober, Markus

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7. Oktober, Markus

Während Sanne im Bad verschwunden war, beschäftigte sich Markus damit, die Küche wieder aufzuräumen, in der sie auf Sannes Vorschlag hin gemeinsam eine Pizza und ein Dessert selbst zubereitet hatten, unter viel Gelächter, da Sanne beim Kochen ebenso unbegabt war wie er und sie dazu ausgelassen mit allen möglichen Zutaten herum experimentiert hatten, die am Ende ein äußerst kurioses, wenngleich einigermaßen schmeckendes Mahl ergeben hatten.

Mit einem Ruck schob er die nun volle Geschirrspüle zu und stellte sie an. Mit den Gedanken an den heutigen Vormittag ging er schließlich ins Wohnzimmer hinüber, um eine Auswahl der in Frage kommenden Videofilme vorzunehmen, die er Sanne vorschlagen wollte.

Er war erleichtert, dass sich alles unkompliziert abgespielt hatte, er hatte nun zumindest Sannes Mutter kennengelernt und offenbar einen guten Eindruck hinterlassen. Im Prinzip war er nicht unglücklich darüber, dass das Mittagessen ausfallen musste, denn dadurch war die Zeit der Unterhaltung für ein erstes Kennenlernen zwischen Tür und Angel natürlich begrenzt gewesen. So sehr er auch auf diese Möglichkeit gewartet hatte, so war es doch fürs Erste mehr als ausreichend gewesen, denn er vermutete, dass er bei einem Mittagessen noch mehr interessierte Fragen hätte beantworten müssen.

Seine Mutter war Sanne gegenüber viel weniger neugierig gewesen, dachte Markus, aber vielleicht lag es daran, dass Eltern von Töchtern generell mehr darauf achteten, mit wem sich ihre Tochter traf. Was Markus bisher von Sannes Eltern gehört hatte, ließ sie relativ streng wirken, anders als seine eigene Mutter, die so beschäftigt war, dass sie ihn und Ines meist ihr eigenes Ding machen ließ, was er definitiv zu schätzen wusste.

Er ging jedoch davon aus, dass er jetzt, wo er Sannes Mutter kennengelernt hatte, auch bei Sanne zu Hause willkommen sein würde und damit auch in Kürze den Rest ihrer Familie kennenlernen würde. Es blieb ihm unverständlich, warum Sanne so ein Geheimnis aus ihrer Familie gemacht hatte, denn ihre Mutter hatte sympathisch genug gewirkt.

Kopfschüttelnd ließ er sich auf den Teppich fallen, beschloss jedoch, diese Frage auf sich beruhen zu lassen und zog ein paar Videos aus dem Regal, die er nachlässig durchsah. Es war wohl eigentlich egal, was sie guckten...

„Was steht zur Auswahl?", überraschte ihn Sanne mit ihrer Frage, versunken in seine Gedanken hatte er gar nicht mitbekommen, dass sie inzwischen das Wohnzimmer betreten hatte. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter und unterdrückte ein Lächeln, als sich Markus zu ihr drehte und stutzte.

„Du hast dich umgezogen", stellte er fest und ließ angetan seine Augen über ihr Oberteil wandern, das sich genau an den richtigen Stellen an ihren Körper schmiegte und mehr preis gab, als ihre Mutter wahrscheinlich gut geheißen hätte.

„Gefällt es dir?", wollte Sanne wissen und drehte sich langsam um die eigene Achse.

„Sehr!", erwiderte er mit einem gewissen Timbre in der Stimme, stand auf und zog sie eng an sich, so dass sie zum ihm hoch schauen musste.

„Ich finde, das Filmgucken wird völlig überbewertet...", gab er dann von sich und ließ den Satz verheißungsvoll ausklingen.

„Eines nach dem anderen", neckte Sanne und entzog sich zu Markus' Bedauern vorsichtig seinen Armen, um dann ohne groß zu überlegen auf eine romantische Komödie zu deuten.

Es war eine Sache von wenigen Minuten, stilvoll Getränke und Popcorn bereit zu stellen und den Film zu starten und es dauerte dann kaum länger, Sanne davon zu überzeugen, dass es anregendere Möglichkeiten gab, den Abend zu verbringen, was Markus ziemlich antörnte.

Aber trotz der perfekten Rahmenbedingungen hatte er Hemmungen, noch einen Schritt weiter zu gehen. Es war die Gelegenheit, das war klar. Seine Freunde hatten ihn ausgelassen abgeklatscht, als er von der sturmfreien Bude erzählt hatte und anzügliche Kommentare von sich gegeben. Sie erwarteten das von ihm. Schließlich war er volljährig. Genauso wie Sanne. Doch wie weit war sie bereit zu gehen? Verdammt, er hatte keine Ahnung, was der Blick ihrer grünen Augen ihm sagen wollte und er brachte es nicht über sich, sie direkt zu fragen.

Soviel hatte er sich ausgemalt und nun diese Nervosität. Es war zum Verrücktwerden. Auf keinen Fall würde er seinen Freunden reinen Wein einschenken, falls die Nacht nicht so verlaufen würde wie geplant. Was im Moment sehr wahrscheinlich war, wenn er nicht endlich den Mut aufbrächte das vorzuschlagen, worum seine Gedanken beständig kreisten.

Nach außen hin gab er sich immer äußerst cool und ließ niemanden hinter seine Fassade blicken. Keiner sollte wissen, wie sehr er von Selbstzweifeln geplagt war und dass er sich schuldig fühlte, all die Jahre nichts von dem Doppelleben seines Vaters bemerkt zu haben. Lediglich Sanne hatte er ein wenig Einblick in seine Gefühlswelt gewährt, denn in ihrer Gegenwart fühlte er sich angenommen und verstanden.

Was aber nichts daran änderte, dass er jetzt einfach nicht die passenden Worte fand. Am liebsten wäre es ihm gewesen, Sanne hätte einfach vorgeschlagen „Lass uns miteinander schlafen!" oder aufregend unanständig „Lass uns ficken!" Doch leider – zumindest im Augenblick – war sie nicht eines dieser forschen Mädchen.

„Woran denkst du?", wollte sie jetzt wissen und hörte damit auf, seinen Nacken zu streicheln.

„An nichts", log er und ärgerte sich gleichzeitig über seine Feigheit.

Erneut strich seine Hand wie von selbst über ihren Rücken. Sie fühlte sich so verdammt gut an. Diese einmalige Gelegenheit konnte er unmöglich verstreichen lassen! Da hatte er einen Geistesblitz.

"Wolltest du nicht eine Massage...?"

„Das klingt gut", stimmte Sanne sofort zu und lächelte so hinreißend, wie nur sie es vermochte.

„Nicht nur meine Schultern, auch meine Beinmuskeln sind vom Laufen gestern noch ganz verspannt."

Sie setzte sich auf, drehte sich halb zur Seite und schlüpfte aus ihrer Jeans. Mit einem nervösen Kichern ließ sie sich rücklings auf das Sofa fallen. Markus lächelte angesichts des erfreulichen Anblicks, der sich ihm bot, und fuhr mit seinen Händen über ihre nackten Beine. Ihre Haut fühlte sich zart und weich unter seinen Fingern an. Und plötzlich war alles ganz einfach.

Herz in den WolkenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt