30. August, Susanne

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30. August, Susanne

Sie ging nicht, sie flog ihm entgegen. Die drei Wochen, Tausende von Kilometern entfernt voneinander, waren ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen. Markus schloss sie in seine Arme und wirbelte sie fröhlich herum.

„Wie war der Urlaub?", wollte er neugierig wissen, während er sie langsam wieder auf dem Boden absetzte.

„Nicht halb so schön wie die Ferien hier mit dir gewesen wären", strahlte Susanne und griff nach seiner Hand. Sie war gestern aus Mallorca zurückgekehrt und sie hatten sich daher gleich für heute verabredet.

„Braun bist du geworden", stellte er fest und richtete seine Kamera auf sie. „Immer schön lächeln."

Das fiel Susanne nicht schwer, sie strahlte ihn an und machte ausgelassen ein paar Posen, die Markus in schneller Folge ablichtete.

„Was sagtest du, wolltest du werden?" wollte Markus wissen und zwinkerte ihr zu. „Model?"

Susanne bekam einen Lachanfall, denn weder hatte sie lange Beine noch war sie dünn genug. „Bloß nicht", quetschte sie schließlich heraus, „...das wäre nichts für mich. Obwohl.... Das Reisen hätte natürlich etwas."

New York. Mailand. Los Angeles...

„Da bin ich aber froh", grinste Markus und versenkte die Kamera in der Umhängetasche, „Sonst würdest du in der Weltgeschichte umher gondeln und ich armer Fotograf müsste darauf warten, dass dich die Sehnsucht irgendwann zurück treibt".

Susanne lachte und gab ihm ausgelassen einen Kuss.

„Nochmal drei Wochen ohne dich halte ich in keinem Fall aus."

Sie steuerten ein Café an, in dem man auch Milchshakes bestellen konnte, und setzten sich an einen freien Ecktisch.

„Wie waren deine Ferien?", wollte Susanne wissen, ergriff seine Hand und fuhr sanft mit ihrem Finger die Konturen entlang.

„Och...", machte Markus gedehnt, „...ein bisschen Unkraut jäten, beim Einkaufen helfen, Babysitten..."

„Du machst Babysitten?"

Überrascht hielt Susanne inne.

„Na ja", grinste Markus frech, „Ich habe Ines und ihren Freund beaufsichtigt."

Susanne kicherte. „Bestimmt zu ihrer großen Freude."

„Absolut." Markus lachte. „Immer wenn ich ihr Zimmer betrat, um etwas vorbei zu bringen, hat sie mich böse angeguckt."

„Oh je", Susanne verzog das Gesicht. „Das wird sie das nächste Mal an uns auslassen."

„Nee, nee.", widersprach Markus, „Schließlich hatte ich ein paar gut bei ihr. Beim nächsten Mal wird sie sich das zweimal überlegen, uns zu stören. Hoffentlich."

Vergnügt lächelten sie sich an. Ein paar Sonnenstrahlen zauberten Lichtreflexe auf Markus' Haarschopf und unwillkürlich hob Susanne die Hand, um darüber zu streichen.

„Und sonst so?", wollte sie wissen.

„Abends mit Kumpels unterwegs gewesen..." Er unterbrach sich, weil ihm anscheinend plötzlich etwas eingefallen war. „Sag mal, der Lars, der ist doch in deiner Klasse, oder?"

„Ja, wieso?" Fragend sah Susanne ihn an.

„Der hatte mal irgend so etwas gelabert von Freund in Ostberlin oder so."

Markus warf ihr einen prüfenden Blick zu und Susanne bemühte sich, nicht sichtbar zusammen zu zucken. Was wusste Markus? Er schien nicht verärgert zu sein, sah sie allerdings sehr gespannt an.

„Das ist ja komisch", reagierte sie daher mit einer Spur ihres schauspielerischen Talents, dank dessen man ihr ihre wahren Gedanken nicht ansah, und gab dann wahrheitsgemäß zurück:

„Ich habe keinen Freund in Ostberlin. Aber meine Schwester. Vielleicht habe ich das mal erzählt und er hat das in den falschen Hals bekommen."

Wie schnell man immer wieder bei ihrer Lügengeschichte landete, fuhr es Susanne durch den Kopf, sie musste es ihm wirklich bald beichten, bevor sie einen Fehler machte. Aber nicht heute, heute wollte sie einfach erst mal das Wiedersehen genießen. Mit einem unschuldigen Lächeln sah sie ihn an.

„Du verstehst dich ganz schön gut mit deiner Schwester, was?" fragte Markus.

„Meistens", gab Susanne vorsichtig zurück.

„Beneidenswert. Muss wohl daran liegen, dass ihr beide Mädchen seid", philosophierte Markus.

„Vielleicht." Susanne warf die Antwort locker in die Luft wie einen Ball und gab dem Gespräch eine andere Wendung. „Aber Ines ist auch wirklich eine außergewöhnliche Landplage."

„Das kannst du laut sagen", stimmte Markus zu und sog genießerisch an seinem Milchshake.


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