Sie stand schon draußen und wartete. Stefan fuhr langsam in die voll geparkte Straße hinein, so dass Markus genügend Zeit hatte, seine Freundin beim Näherkommen zu betrachten. Die Hüfte an den Gartenzaun gelehnt, ein Bein lässig ausgestreckt, sah sie neugierig in ihre Richtung, ohne sie in dem Wagen zu erkennen. In den kurzen Shorts, der ihre gebräunten Beine zur Geltung brachte, sah sie zum Anbeißen aus.
Die Lockenmähne war durch ein Zopfband gebändigt und bekam durch die Abendsonne einen goldenen Schimmer. Um ihre Schulter war eine Umhängetasche geschlungen, die sie nachlässig mit einer Hand festhielt, während sie mit der anderen Hand das Trägertop zurecht zupfte. Markus lächelte in sich hinein. Natürlich war Aussehen, wenn es darauf ankam, nicht wichtig, dennoch freute er sich zugebenermaßen, dass er mit Sanne auch vor seinen Freunden Eindruck machen konnte.
„Wir sind da, der Herr", verkündete Stefan in mokierendem Tonfall und hielt direkt vor der Einfahrt.
Sanne hatte sie nun erkannt und kam lächelnd auf den Wagen zu und während Stefan das Fenster herunterkurbelte, um sie zu begrüßen, beeilte sich Markus auszusteigen.
„Hi Stefan! Neues Auto?", wollte Sanne neugierig wissen und schaute beeindruckt.
„Von den Alten geliehen", gab dieser lässig zurück, aber man sah ihm den Stolz an, vor kurzem den Führerschein bestanden zu haben und jetzt mit einer Karre herumkurven zu können.
Dann wandte sich Sanne Markus zu und sie begrüßten sich mit einem kurzen Kuss und stiegen dann beide hinten ein, um sich auf die Rückbank zu setzen. Sanne griff nach seiner Hand und lehnte sich an ihn, während er ihr sanft über den Nacken strich. Stefan warf einen kurzen Blick nach hinten, während er die Straße entlang rollte, und warnte:
„Keine Spielchen dahinten, das ist ein wohlerzogenes Auto."
Sanne und Markus lachten und rückten verständnisvoll ein wenig auseinander, ohne jedoch ihre Hände loszulassen. Sobald sie auf der Hauptstraße waren, fuhr Stefan zügiger und so dauerte es nicht lange, bis sie in ein Wäldchen einbogen, wo Stefan den Wagen abstellte und sie die letzten Meter zur Havel zu Fuß zurück legten. Offenbar waren sie spät daran, denn das Lagerfeuer prasselte schon lustig, aber man machte den Neuankömmlingen bereitwillig Platz.
Markus warf einen Blick in die Runde, bis auf ein Mädchen mit grünen Haarsträhnen kamen alle aus der Theatergruppe.
„Hi Leute, das ist Susanne", stellte er seine Freundin vor, die freundlich allen zunickte. Dann ließen sie sich in den Sand sinken.
„Tolle Idee, das mit dem Lagerfeuer", flüsterte Sanne ihm zu und strahlte ihn an.
Markus legte eine Hand an ihre Taille und zog sie dicht zu sich. Das trockene Holz, das im Feuer verbrannte, knisterte leise und gebannt starrte er einen Augenblick auf die Flammen, die mal hoch, mal tief loderten. Bierdosen wurden herumgereicht und in einer gemeinsamen Aktion, als hätten sie sich abgesprochen, wurde eine Dose nach der anderen mit einem Zischen geöffnet. Markus und Sanne stießen miteinander an.
„Auf uns!", intonierte er lächelnd, und dann verteilte einer Würstchen und alle machten sich auf, um Stöcke zu suchen, mit denen sie die Würstchen ins Feuer halten konnten. Was gar nicht so einfach war, weil die Sonne inzwischen im Untergehen begriffen war und die Dämmerung hereinbrach.
Schließlich saßen sie alle wieder um das Feuer herum und hielten ihre Würstchen über die Glut. Markus legte den freien Arm um seine Freundin und genoss den flackernden Schein, den das Feuer über den Strand warf. Es war noch immer warm und das erinnerte ihn an die Sommer in Frankreich, an die Urlaube am Meer.
„Weißt du, was ich gern mal machen würde?", flüsterte er Sanne ins Ohr, „Ein Zelt am Strand aufschlagen, von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang, nur wir zwei."
Sanne lächelte versonnen und gab zu, dass das eine schöne Idee wäre.
„Wir könnten ja mal zusammen Urlaub in Frankreich machen", spann Markus die Idee weiter und Susanne drehte sich zu ihm und schwärmte: „Oh ja, aber mit Paris, bitte. Mit dir in der Stadt der Liebe..."
In der Dunkelheit, die sich inzwischen herabgesenkt hatte, lag eine ihrer Gesichtshälften im Dunkeln, während nur die dem Feuer zugeneigte Seite erhellt wurde, auf der sich ihr glückliches Lächeln abzeichnete und dann spürte er ihren zarten Kuss auf seinen Lippen.
Doch bevor er dazu kam, ihn zu erwidern, fuhr der neckische Kommentar des Mädchens mit den grünen Strähnen, das neben ihm saß, dazwischen:
„Das ist ja süß mit euch beiden. Ihr seid wohl noch nicht so lange zusammen?"
Verlegen fuhren sie auseinander und während Markus noch rechnete, war Susanne schon mit der Antwort zur Hand.
„Fast zwei Monate."
Das Mädchen winkte lässig ab.
„Na, da ist ja natürlich noch alles rosarot."
Sie klang unglaublich abgeklärt. Markus empfand ihre Bemerkung jedoch als unfreundlich und abwertend, er war überzeugt davon, dass sich zwischen ihm und Sanne auch nach längerer Dauer nichts an den Gefühlen füreinander ändern würde, und beschloss daher, den dämlichen Kommentar einfach zu ignorieren. Susanne allerdings sah nachdenklich in die Flammen, daher stupste Markus sie zärtlich an und riet:
„Vergiss es einfach. Das mag bei einigen Paaren so sein, aber nicht bei uns!"
Er lächelte zuversichtlich, während Sanne sich dicht an ihn kuschelte.
Währenddessen hatte Uli angefangen, ein paar Akkorde auf seiner Gitarre zu klimpern und als er anhob, ein Lied zu spielen, dass Markus völlig unbekannt war, verlagerte Sanne ihre Aufmerksamkeit auf den Musikanten und richtete sich auf.
Markus betrachtete versonnen ihr Profil, das sich im Schein des Feuers deutlich abhob, die hohe Stirn, die schmale Nase, das kleine Kinn, und ließ sich gemütlich nach hinten in den Sand sinken. Und dann fing sie zu seiner Überraschung an, zu dem auf der Gitarre gespielten Lied zu singen, leise, aber mit einer klaren Stimme, die um das Lagerfeuer herum gut zu hören war.
Hier offenbarte sich eine Seite, die er noch gar nicht an ihr kannte und nicht wenig beeindruckt lauschte er der ruhigen Melodie, die von der nächtlichen Brise zur Spree hinüber getragen wurde.
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Herz in den Wolken
RomanceDas verflixte Liebesleben - ist in der geteilten Stadt Liebe über die Mauer hinweg möglich? Katharina stellt fest, dass das schwieriger ist als gedacht. Zumal der Zorn ihres Freundes Sascha über die Begrenzung seiner Freiheit ständig größer wird. Un...