„Nein, Mom!" Unwirsch schüttele ich mit dem Kopf und steige aus dem Taxi aus. Ehe sie es sich anders überlegen kann, schnappe ich mir meinen Koffer von der Rückbank und zerre ihn aus dem Taxi auf den Gehsteig.
Eine Passantin weicht mir mürrisch fluchend aus und ich schaue der Frau sehnsüchtig nach. Ich will nicht hier sein. Schon gar nicht will ich das „Ehrengeleit" meiner Eltern.
„Aurora, bitte. Natürlich bringen wir dich an den Zug und-"
„Nein, Mutter!" Ich stöhne lauter, als beabsichtigt. Der Taxifahrer hält die Hand auf und meine Mutter kramt in ihrer Tasche nervös nach einem Zwanzig-Pfund-Schein. „Ich finde den Weg zum Gleis schon alleine. Das wird so schwer nicht sein. Es ist nur ein Bahnhof!"
„Rory..." Mein Vater ist mittlerweile ebenfalls ausgestiegen und legt meinen Rucksack oben auf meinen sperrigen Koffer. „Wir wollen doch nur sichergehen, dass du nicht verschwindest."
Bei dem Wort halten wir alle schlagartig die Luft an. Ich bin mir sicher, dass er es eigentlich nicht aussprechen wollte. Dass es ein Versehen war.
Trotzdem sitzt es. Betreten sehe ich ihn an und meine Mutter zieht geräuschvoll die Nase hoch. „Toll, Dad." Weder meine Eltern noch ich haben sich ausgesucht, dass ich heute in diesen Zug steigen werde. Überhaupt haben wir uns diesen ganzen Quatsch nicht ausgesucht. Zumindest nicht wirklich. Wenn man mich fragen wwürde, würde ich immer noch zu Hause in die Schule gehen. In Amerika. Nicht hier.
„Ich werde auf dem Weg in diese Schule schon nicht einfach verschwinden", erwidere ich bissig und gebe den sinnbildlichen Dolchstoß von Dad förmlich zurück an ihn, „Es ist ein Internat. Ich finde den Weg schon. Ich bin groß. Ich komme zurecht." Ich recke mich und drücke meinem Vater einen Kuss auf die Wange.
Meine Mutter zuckt erneut zusammen und sieht mich an, als ob ich tatsächlich verschwinden könnte. Als ob ich eine Abzweigung nehmen und in London untertauchen wollte. Als ob es eine reale Option wäre. Weil ich mich hier ja auch so blendend auskenne.
Also gut. Sie wollen mich unbedingt an das dämliche Gleis bringen und weiße Taschentücher schwenken, weil ich die Schule wechseln werde. Das werde ich aber nicht zulassen. Es ist schlimm genug, ein Jahr vor dem Abschluss umziehen zu müssen. Noch schlimmer wäre nur, wenn Mommy und Daddy mich an den Bahnsteig brächten, wie ein Baby.
Sie können bloß nicht loslassen. Ich verstehe das. Der Sommer war hart.
Sehr hart.
„Natürlich, Schatz..." Dad drückt mir einen Kuss auf die Stirn und legt mir sanft die Hände auf beide Schultern. Er kommt besser damit klar als meine Mutter. Sie leidet. Sie hasst England. Sie hasst es, dass wir umgezogen sind, weil Dad diesen neuen Job bekommen hat. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wären wir in Boston geblieben. Aber es gab einfach keine Alternative mehr, nachdem im Frühling diese ganzen Gerüchte aufgekommen waren.
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Keeper Seeker (Harry Potter FF)
FanfictionFür Rory geht eine Welt unter, als ihre Eltern ihr eröffnen, dass sie von Massachusetts nach Salisbury umziehen werden. Rorys Vater hat dort eine neue Anstellung gefunden. Der Umzug soll für die Familie einen Neuanfang darstellen, um nach dem Versc...