Kapitel 20

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„Meine Fresse!" Olly starrt immer noch außer Atem auf die Anzeigetafel, obwohl das Spiel schon vor einer halben Stunde abgepfiffen wurde. „Ich glaub das immer noch nicht."

Ich grinse breit. Allmählich hat der Adrenalinrausch, den der Sturzflug verursacht hat, auch bei mir etwas nachgelassen, aber die Endorphine, die der Sieg freigesetzt hat, rauschen immer noch durch meine Blutbahn. Das alles, und der frenetische Jubel des Teams. „Komm schon, Olly. Wenn du noch länger hier rumstehst, frierst du noch fest." Der Wind hat kurz nach dem Spiel wieder aufgefrischt und angeblich schneit es weiter oben in den Highlands schon wieder. Ich kann den Schnee nicht mehr sehen. Mein Körper verzehrt sich nach Sonne und dem Frühling.

„Und es hat echt keiner hat gesehen, wie du den Schnatz gefangen hast?", fragt er nochmal. „Erzähl nochmal", fordert er, während ich ihn an den Schultern vom Spielfeld schiebe.

„Sturzflug aus hundertfünfzig Fuß, Viertelrolle. Catch. Schraubenabflug nach rechts außen", wiederhole ich zum gefühlt hundertsten Mal.

„Wie schnell warst du?"

„Keine Ahnung?", antworte ich ehrlich. Ich weiß nicht, wie schnell ich war. Hundertfünfzig, hundertsechzig Meilen vielleicht. Vielleicht schneller. Ganz sicher schneller. Ich grinse und mein Herz bebt, als ich an daran denke, wie leicht Pam reagiert, als ich aus dem Sturzflug zurückgezogen habe. Wie spielend leicht sie auf mein Gewicht reagiert hat, als ich nur an diese Viertelrolle gedacht habe. Als ob sie eins mit mir wäre.

Verdammt, hat mir das gefehlt. Dieser Rausch, die Geschwindigkeit, dieses Gefühl der Freiheit. Die Überlegenheit, wenn sich deine Finger um das kühle Metall schließen, und du weißt, du hast das Spiel für dein Team entschieden. Und ja, auch den Jubel danach habe ich vermisst.

Nate hatte Recht.

Es ist wie Atmen für mich. Mein Körper weiß noch immer genau, was er auf dem Besen zu tun hat. Auch wenn ich seit Monaten nicht richtig gespielt habe.

In der Umkleide tausche ich das Trikot und die Schutzausrüstung gegen Jeans, Hoodie und Winterjacke und mache mich mit den anderen zurück zur Schule. Das Team ist total aufgekratzt. Jackson hat noch in der Umkleide Butterbier aufgetrieben und wir haben auf den Sieg angestoßen.

Auf halber Höhe setzt der Schneefall ein und die anderen, allen voran Sander und Cassie, rennen los Richtung Schloss, als ob es einen Regenguss wäre und sie aus Zucker.

Ich lasse mir Zeit. Ich kann den Schnee nicht leiden, allerdings entgeht mir nicht, dass sich aus dem Schatten der Mauer eine Gestalt löst und langsam auf uns zukommt. Schon an der Art, wie er sich schnell und angespannt durch den immer dichter fallenden Schnee bewegt, erkenne ich ihn, und er ist nicht in bester Stimmung. Sein Parka ist unverkennbar, auch wenn er heute diesen grünen Schal seines Hauses nicht trägt.

Finn nickt Olly kurz, grimmig und äußerst reserviert zu. Seit diesem Streit damals vor den Umkleiden gehen sie sich großflächig aus dem Weg. Das ist schon Monate her. „Gutes Spiel, O'Connor", sagt er im Vorbeigehen, dann bleibt er vor mir stehen und sieht mich ungehalten an.

Olly mustert Finn argwöhnisch an, lässt sich aber von Henry und Jackson weiterziehen, bis sie im Turm verschwunden sind.

Ich weiß nicht, ob Finn die abschätzigen Blicke im Rücken spürt oder nicht, aber er lässt sie sich nicht anmerken. Seinen Blick kann ich nicht deuten. Aber es verfangen sich Schneeflocken in seinen Haaren, erst zwei, dann drei. Dann immer mehr.

„McDou." Ich bleibe vor ihm stehen und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

„Sag mal, du hast auch nicht mehr alle Nieten im Kessel, oder?" So wenig ich seinen Blick deuten kann, den Tonfall kenne ich. Er ist scheiß wütend. Angespannt wütend.

Keeper Seeker (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt