Kapitel 15

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Finneagan

Diese kleine, rothaarige Harpyie.

Ich beobachte sie seit vier Tagen.

Vier Tage, in denen Evans so tut, als ob nicht zwei Eulen mit einem Feuerblitz in das Bleiglasfenster im Korridor vor den Verwandlungsklassenzimmern gekracht sind.

Als ich sie in der Eulerei getroffen habe und Snuggles mit dem Brief nach Hause geschickt habe, hat sie so getan, als ob man übersehen könnte, dass sie einen fucking Rennbesen unter ihren Beinen liegen hatte.

Meine Zunge war blutig, als ich die Eulerei verlassen habe, so heftig musste ich mir darauf beißen, um Evans nicht zu fragen, was es damit auf sich hat. Dass sie nicht darüber sprechen wollte, war offensichtlich. Und dass sie es keinem erzählt hat, ist es auch: Hätte sie auch nur ein Sterbenswörtchen im Ravenclaw-Turm über den Feuerblitz fallen lassen, Alter, meiner Schwester wäre ausgerastet.

Diese Quidditch-besessene Streberin hätte eigenhändig dafür gesorgt, dass Jonathan Horner, die alte Pfeife, ihre Freundin Evans für das Team nachnominiert. Egal, ob die mit dieser Rakete von Besen umgehen kann oder nicht.

Seltsamerweise habe ich jedoch nicht die geringsten Zweifel, dass Evans den Besen beherrscht...

Jedenfalls: Evans. Seitdem dieses Paket angekommen ist, von dem die halbe Schule spekuliert, was darin ist, performt sie im Unterricht, dass selbst McGonagall gestern die Brille auf der Nase verrutscht ist. Sie ist so darauf bedacht, alles richtig zu machen, dass sie häufiger die Hand hebt als Vi. In Zaubertränke war Professor Strugglewind begeistert von ihrer Halsschmerz-Essenz – begeisterter als von meiner eigenen und ich bin wirklich gut in Zaubertränke. So gut, dass selbst Violett sich anstrengen muss.

„Jo, man." Hector lässt sich mit Atti neben mich auf die Holzbank in der Halle fallen und versperrt mir den Blick auf Evans, die einen Tisch weiter mit dem Rücken zu mir über einer Hausaufgabe brütet.

„Hey." Ich lasse frustriert die Feder sinken.

Hector wirft einen kurzen Blick auf mein Pergament. „Scheiße, Sly. Sitzt du immer noch über dieser Strafarbeit für Binns?" Er lacht. „Wann ist die fällig?"

Ich unterdrücke ein genervtes Stöhnen. „In zwei Wochen." Immerhin konnte ich wegen des Trainings und des anstehenden, ersten Spiels nochmal einen Aufschub herausschinden.

Atti folgt meinem Blick und mustert dann Evans interessiert. Er hebt stumm und auffordernd die Augenbrauen. Auch ohne, dass er etwas sagen muss, weiß ich, was er sagen will.

Nein." Auf gar keinen Fall frage ich Evans in dieser Sache um Hilfe. Es reicht schon, dass sie von der Panik weiß. Und Fuck: Ich habe ihr in der Eulerei von Gryff erzählt. Ich habe keine Ahnung, was mich da geritten hat. Das hätte ich nicht tun sollen. Ich weiß wirklich nicht, warum ich ihr das erzählt habe. Weil sie danach gefragt hat. Nach deinem Namen. Und du hast es ihr erklärt. Idiot. Die Stimme in meinem Kopf verhöhnt mich.

Atti rollt demonstrativ die Augen, während Hec nur irritiert blinzelt. „Doch nicht in zwei Wochen?"

„Nein, wegen Atticus." Ich schnaube und nehme den Blick von Evans Rücken. Von ihren roten Haaren, die ihr heute geflochten zwischen den Schulterblättern liegen.

Atti gluckst leise und ich funkele ihn warnend an.

„Klappe, Flint. Sonst darfst du die Besenkammer schrubben."

Aber das hält ihn nicht ab, er gluckst noch immer. Er steht auf, klopft mir kichernd auf die Schulter und marschiert davon.

„Er hat echt ein Rad ab", sagt Hector.

Hat er nicht. Manchmal denke ich, dass Atti der einzige normale Mensch in diesem Schloss ist.

„Kann er nicht einfach Mal seine Klappe aufmachen und reden, wie normale Menschen?", setzte er hinterher. Ich werfe Hec einen vernichtenden Blick zu und er verstummt.

„Nein. Kann er nicht." Ich habe keine Ahnung, warum Atti nicht spricht. Aber er tut es nicht. Für mich ist das okay. Ich verstehe das. Ich bin um ehrlich zu sein dankbar und genieße seine Anwesenheit und sein Schweigen mehr, als ich es - haha – in Worte fassen kann. Um ehrlich zu sein, würde ich manchmal selbst gerne mit dem Sprechen aufhören. Die anderen verstehen es nicht.

Wieder wandert mein Blick zu Evans und bleibt an ihrem langen Zopf hängen. Ich weiß, dass Atti Recht hat. Ich könnte sie fragen. Ich könnte einfach zu ihr gehen und sie um Hilfe mit dieser bescheuerten Strafarbeit bitten. Ihr würde es vermutlich gar nicht mal schwerfallen. Ich meine: Ich soll Binns einen Aufsatz über Evans alte Schule abgeben. Es wäre ein Heimspiel für sie. Aber wir sind erstens keine Freunde – das hat sie ja noch mal sehr deutlich betont, nachdem ich es ihr um die Ohren gehauen habe – und zweitens legt sie keinen Wert auf meine Gesellschaft. Sonst wäre sie am Sonntagmorgen doch mit fliegen gegangen.

Du hast auf sie gewartet. Die Stimme in meinem Kopf lacht.

Mit einem heftigen Ruck wende ich den Blick von Evans Rücken ab und versuche mir, während ich weiter über diesem Ilvermorny-Aufsatz brüte, einzureden, dass ich eben das nicht getan habe. Dass ich nicht die ganze Zeit über den Weg zum Schloss im Auge behalten habe, während ich mit dem Nimbus meine persönliche Toleranzgrenze was Höhe und Geschwindigkeit anging wieder und wieder ausgetestet habe. Aber sie ist nicht aufgetaucht.

Ich würde gerne sagen, dass mir das egal war.

Es ist dir nicht egal, kichert die Stimme. Du magst sie, Finni. „Gott, wie mich das nervt!", stöhne ich laut und klappe geräuschvoll das Buch zu. Einige Köpfe drehen sich zu mir herum, darunter Hec und – natürlich - Evans.

Diese Stimme muss aus meinem Kopf raus. Es wäre einfacher, wenn mich ein Geist begleiten würde und mit mir reden würde – da würde ich mich weniger blöd fühlen. Manchmal habe ich das Gefühl, paranoid zu werden – oder Schlimmeres. Es soll Zauberer geben, die wegen Stimmen im Kopf im St. Mungos behandelt werden. Vielleicht hat mich dieses Ereignis...

„Was nervt dich? Dass Atti nicht spricht?" Hector runzelt verwirrt die Stirn.

Ich sehe ihn entgeistert an. „Nein. Die Gesamtsituation." Ich klinge pampiger, als ich will, und packe mein Pergament zusammen. „Ich arbeite in der Bib weiter."

Hektisch eile ich aus der Halle und kann förmlich spüren, wie der Geist, der gar nicht da ist, mich lauthals auslacht, während er über dem Gryffindor-Tisch mit mir zum Ausgang schwebt.

Hektisch eile ich aus der Halle und kann förmlich spüren, wie der Geist, der gar nicht da ist, mich lauthals auslacht, während er über dem Gryffindor-Tisch mit mir zum Ausgang schwebt

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Vize-Freitag, Vize-Freitag... hey, hey...

Ein bisschen vorweihnachtliche Motivation... und ein bisschen Finneagan McDou 💚

Keeper Seeker (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt