Kapitel 24

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Finneagan



Es ist so einfach. Diese ganze Sache zwischen Evans und mir wird von Tag zu Tag leichter für mich. Ich muss sie nur sehen und mein Kopf wird leicht. Die Last, der ganze Druck fällt förmlich von meinen Schultern ab und ich werde zu einem liebeskranken Troll, der Dinge tut, die vielleicht unvernünftig sind.

Fawley Hilfe anbieten, zum Beispiel.

Oder nicht darüber nachzudenken, welchen Eindruck es bei meinem Haus hinterlässt, wenn ich bei den verdammten Ravenclaws frühstücke, die uns vor ein paar Wochen den Quidditch-Pokal gekostet haben.

Es sollte mir egal sein. Ist es vielleicht auch bis zu dem Moment, als ich hinter mir die gepresste Stimme von Manners höre. „Verräter."

Dom steht mit Hector im Mittelgang und starrt mich mit offenem Mund an. „Ich fass es nicht", sagt Hector und klingt so, als würde ich Würmer über mein Porridge streuen.

Das Geklapper des Bestecks um mich herum hört schlagartig auf und ich spüre, wie sich Evans neben mir kerzengerade aufrichtet, und ich mich automatisch versteife. Es wird eskalieren, das spüre ich an Manners Tonfall.

„Guten Morgen", sage ich leise und atme langsam ein, bevor ich mich langsam zu ihnen umdrehe.

Das wird jetzt unschön. Verdammt unschön. Die Luft knistert aufgeladen um uns herum und ich nehme an, jedem in der Halle ist bewusst, dass Hec und Manners auf Ärger aus sind. Hec hat es mir immer noch nicht verziehen, dass ich ihm damals den Fluch auf den Hals gehetzt habe und Manners ist... ein Arsch, wie Evans sagen würde.

Manners und Hec starren mich an, als ob ich die Drachenpocken hätte. Schlechter Scherz. Für einen Bruchteil erlaube ich mir den Gedanken an Gryff und mir wird übel. Ich wünschte, er wäre jetzt hier. Würde aufstehen, mich zurück auf die Bank drücken, bevor ich aufstehen kann, und dafür sorgen, dass sich Hec und Manners verziehen. Und mich runterholen. Mich ausdampfen lassen, bevor es mit mir durchgeht.

Mach es nicht, mahnt mich Gryffs Stimme, und ich nehme wahr, dass ich meine Hände lockere, bevor sie sich überhaupt zur Faust verkrampfen können. Dann stehe ich auf. Idiot.

Manners ist größer als ich, etwas schmaler, Hec ein Stück kleiner, aber beide stehen vor Wut so unter Spannung, dass sie mich auseinandernehmen würden. Außerdem sehe ich, dass Hec bereits den Daumen an seinem Zauberstab hat. Ich wette, er brennt nur so darauf, mir die Sache mit Bombarda heimzuzahlen.

„Ist das echt dein Scheißernst, Sly?", zischt Manners. „Erst attackierst du Hec, dann lässt du dich mit dem rothaarigen Schlammblut ein und dann kehrst du uns den Rücken? Uns! Deinem Haus! Was verdammt ist los mit dir? Du bist nicht mehr du selbst!"

„Du bist ehrenlos!"

Ich will ihm für die Beleidigung, die er gegen Rory gerichtet hat, den Zauberstab am liebsten zwischen die Augen rammen, doch ich atme nur tief durch. Lass dich nicht provozieren. Wieder Gryff. Fast kann ich ihn neben mir spüren. Seine Hand auf meiner Schulter.

Ich wünschte, er wäre hier. Genau jetzt.

„Verräter!", setzt Hec hinterher und ich kann nicht anders, als zu lachen.

„Echt jetzt?", platzt es aus mir heraus und ich wundere mich, wie ruhig meine Stimme klingt. Zu ruhig. „Ihr kommt mir damit, dass ich Slytherin verrate?" Ich fahre mir kopfschüttelnd mit der Hand durch den Nacken. „Hec, du hast im Endspiel Arbeitsverweigerung begangen! Du faselst hier was von ehrenlos, wie lächerlich ist das bitte? Du beleidigst Evans in einer Tour und wunderst dich, dass du von mir diesen Fluch kassierst? Ja, das war scheiße – aber mit ehrenvollen Verhalten hat es auch nichts zu tun, sie als Bitch zu bezeichnen." Ja, damit oute ich mich quasi, dass ich auf sie stehe, aber: hey. Es reicht mir. Und es stimmt: ich stehe verdammt noch mal auf sie. Sie ist toll.

Ich weiß genau, dass wir mittlerweile Aufsehen erregen, aber das ist mir egal. Das lasse ich nicht so stehen. „Dem Haus habe ich nie den Rücken zugekehrt, ihr Affen. Ich habe immer, in jedem Moment, Hundertprozent für das Team, für das Haus gegeben – und das wisst ihr." Ich hole tief Luft und sehe Manners an. „Und du: nominiert für das Schul-Turnier, tauchst zu keinem Training auf, haust deine Mitspieler vom Besen – absichtlich – weil du sie nicht als Team-Mitglieder akzeptieren willst, weil jetzt alle unter einem Banner vereint spielen sollen? Dom, das ist engstirnig, dumm und... lächerlich." Ich lache kalt. „Mit Verrat hat mein Verhalten sicherlich nichts zu tun, sondern nur damit, dass ich heute Morgen keinen Bock hatte, mit euch Arschlöchern zu essen."

Ich trete einen Schritt vor. „Und wenn ihr beide noch einmal Evans in irgendeiner Art beleidigt, ist mein gezückter Zauberstab euer geringstes Problem."

„Gibt es hier ein Problem, meine Herren?" Professor McGonagalls Stimme durchschneidet die angespannte Stille, die nach meinem Monolog eingetreten ist.

„Nein, Professor", sage ich und mache einen Schritt zurück. Ich sehe, wie Hec mit den Zähnen knirscht und Manners meinen Blick starrsinnig erwidert. Sein Kiefermuskel zuckt, aber er sagt nichts.

McG schaut zwischen uns hin und her, dann lösen sich die zwei und gehen kommentarlos an den Slytherin-Tisch. An unseren Tisch.

Ich atme aus, weiß aber, dass dieser Kampf noch nicht vorbei ist. Vermutlich hat er jetzt erst begonnen und ich stehe jetzt ziemlich schnell als der Separatist des Hauses da.

„Mr. McDougal?", fragt McG an mich gewandt und blinzelt mich aus ihren wachen blassblauen Augen unverwandt an. Ihr kann man nichts vormachen. „Interne Unstimmigkeiten", gebe ich vage zurück.

McGonagall mustert mich kritisch. „Bei ihren letzten Unstimmigkeiten lag Goldenblatt mit einem Loch im Brustkorb auf der Krankenstation."

Das weiß ich. Sie braucht mich nicht daran zu erinnern.

Ich sehe zum Ravenclaw-Tisch. Vi und Rory beobachten uns noch, die anderen haben unauffällig ihre Köpfe abgewandt. „Ich weiß...", setze ich an und denke an mein Gespräch mit ihr zurück, das persönlicher wurde, als ich gewollt hatte. „Es ist schon okay, Professor. Ich komm klar."

„Mein Büro steht Ihnen immer offen, Finn", sagt sie leiser und der strenge Tonfall ist aus ihrer Stimme verschwunden. Sie hat mich Finn genannt. Wie damals, nachdem ich Hec weggesprengt habe.

Ich nicke lahm und spüre, wie das Blut in meinen Ohren zu rauschen beginnt. Ich sehe zum Slytherin-Tisch. Hec und Manners stecken tuschelnd die Köpfe zusammen und sehen aus, als ob sie mich am liebsten in der Luft zerreißen würden. Ich kann mir ausmalen, wie es weitergehen wird. Hec und Manners werden Susie und Persephone aufstacheln und die das ganze Haus. Abgesehen von Atti. Der steht hinter mir wie eine Wand. Es wird die Hölle werden. Als ob es das in den letzten Monaten nicht eh schon war.

Mir selbst kommt es plötzlich vor, als würde der Raum kleiner und kleiner werden. Die Wände rücken auf mich zu und die dunkle, wolkenverhangene Decke der Halle kommt unaufhörlich auf mich zu.

Der Kragen meiner Uniform fühlt sich plötzlich zu eng an und schnürt mir die Luft zum Atmen ab.

Mein Blick fällt auf Evans. Sie sieht mich an, mit großen, besorgten Augen, und ich weiß, dass sie genau das gleiche denkt. Sie weiß genau, dass ich mir einen riesigen Kopf machen werde.

Ich versuche, die Schultern ein Stück sinken zu lassen, aber es gelingt mir nicht. Ich bekomme keine Luft.

Es wäre zu leicht gewesen.

Zu einfach, wenn es leicht sein würde, jetzt mit ihr.

Keeper Seeker (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt