Keeper Seeker (Harry Potter FF)

Kapitel 3

Es ist früher Abend, als der Zug sein Tempo drosselt und sich Nebel zwischen die Hügel absenkt. Draußen dämmert es bereits und von Hogwarts ist noch immer keine Spur weit und breit zu sehen. Eben fährt der Zug an einem langen, aber schmalen See entlang, in dem zerstreut kleine Inseln liegen. Am Ufer erkenne ich hohes Schilfgras, in dem sich Nebelfetzen verfangen. Mein Kumpel Nate wäre begeistert.

„Wir sind bald da." Vi streckt sich ausgiebig und reicht mir den Schokofrosch. „Hier. Auspacken vorm Ankommen hat Tradition."

Cassie ist gerade dabei, die hübsche, fünfeckige Verpackung aufzureißen, als der braune Schokoladenfrosch, ihr bereits entgegenspringt. Sie ignoriert ihn und greift nach der Sammelkarte. „Na toll" Sie verzieht das Gesicht. „Potter. Zum vierunddreißigsten Mal." Sie wirft die Karte achtlos zwischen uns und ich werfe einen kurzen Blick auf den berühmten Zauberer. Selbst wir Kinder in Amerika hatten von Harry Potter gehört und von dem, was vor über zwanzig Jahren in dieser Schule passiert ist.

„Ich hab ihn gar nicht am Bahnhof gesehen", sagt Vi gelangweilt. „Du?"

Cassie packt den Schokofrosch und beißt ihm den Kopf ab. „Nö. Ich hab nur Lils Mutter gesehen."

Erstaunt horche ich auf.

Cassie schnappt meinen Blick auf und nickt auf die Karte. „Schau mal, sie guckt so entsetzt!" Sie lacht. „Ja, der leibhaftige Harry Potter. Entspann dich, der zaubert auch nur mit nem stinknormalen Zauberstab, wie jeder andere. Seine Kinder sind hier auf der Schule."

„Echt jetzt?" Ich blinzle und bin plötzlich irgendwie nervös. Potter ist eine Legende. Die Tatsache, dass seine Kinder im Zweifelsfall mit mir im gleichen Kurs sitzen, ist seltsam... ungewöhnlich. Und etwas beklemmend.

Vi sieht Cassie schulterzuckend an und steckt die aktuelle Ausgabe der Witch Weekly in ihren Rucksack. „Lily ist okay. Sie ist jetzt im dritten Jahr, oder Cas?"

Cassie überlegt kurz. „Kann sein. Ich hab mit ihr nicht so viel zu tun. Und von Al bekommt man nicht viel mit." Sie stopft sich die zappelnde untere Hälfte ihres Schokofroschs in den Mund und kaut nachdenklich. „Der ist in meiner Stufe. Nicht sonderlich begabt am Stab."

„Cas!" Vi zieht mahnend die Augenbrauen hoch. „Sei nett."

„Was? Ich sage nur, wie es ist! Frag -" Sie bricht auf Vis Blick hin ab und zieht schmollend die Unterlippe vor. „Er tut sich wirklich schwer mit Magie. Susie Fletcher hat sogar gemutmaßt, dass er ein Squib ist."

Ich starre sie an.

„Susie Fletcher ist ein gemeines Miststück!", fährt Vi dazwischen. „Das ist Schulgossip, Rory. Gib da nichts drauf. Albus ist... nur spät in der Entwicklung. Er hat sich gut gemacht im letzten Jahr."

„Sly sagt auch, dass-"

Vi zieht skeptisch beide Augenbrauen hoch. „Gibst du jetzt auch was darauf, was der Ober-Slytherin so sagt?"

Cassie wird tomatenrot im Gesicht und ist sichtlich erleichtert, als die ersten Gehöfte endlich in Sicht kommt. Es kann nicht mehr weit bis nach Hogsmead sein. Vi lässt jedoch nicht locker. „Sly", sagt sie mit dieser affigen Betonung, die mir vorhin schon aufgefallen ist, „sollte sich ein bisschen loyaler gegenüber den Mitgliedern seines eigenen Hauses zeigen und nicht auf den Mobbingzug seines jüngsten Schnatz-Bunnys draufspringen. So viel Klasse sollte ein McDougal schon haben."

Sie kann ihn nicht ausstehen. Das ist klar. Das hab ich schon gespürt, als der blonde Gorilla in das Abteil geplatzt ist. Ich bin mir nicht sicher, warum das so ist. So, wie sie über seine Freundin herzieht, könnte Eifersucht vielleicht ein Grund sein.

Cassie schnaubt. „Ich sag ja nur, was alle sagen."

„Alle!" Vi rollt die Augen und schlägt ihren Kopf etwas zu fest gegen die Rückenlehne. „Ihr solltet Albus ehrlich in Frieden lassen, nach allem, was ihm im letzten Jahr passiert ist." Sie schnauft und funkelt Cassie angriffslustig an.

Ich würde gerne fragen, was genau sie damit meint, aber etwas hält mich zurück. Ich will nicht, dass sie direkt glaubt, ich wäre an Tratsch interessiert – was ich wirklich nicht bin. Ich stand selbst im Auge des Sturms und war monatelang Gerüchten und Spekulationen ausgesetzt. Ich weiß, wie sich das anfühlt, wenn alle über dich und deine Familie reden und-

Der Zug fährt in den Bahnhof ein. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass wir langsamer geworden sind und als die Lok schließlich mit lautem Dampfen und Schnauben zum Stehen kommt, bin ich hin- und hergerissen zwischen Nervosität und kribbeliger Aufregung vor Vorfreude. Um diese Schule ranken sich so viele Geschichten und Legenden, dass es eine wirkliche Ehre ist, dort hingehen zu dürfen. Auf die Schule, wo vor über zwanzig Jahren die Schlacht stattgefunden hat. Wo er, dessen Name nicht genannt werden darf, durfte, vernichtend geschlagen wurde – von Harry Potter. Vom Vater meiner neuen Mitschüler. Wenn ich das Liam und Nate erzähle...

Jaja, der große Harry Potterrr... schlottern ihr da vor Ehrfurcht die Knie?

So, ich verabschiebe mich mal zu den anderen beiden Spezialisten 🙄