Kapitel 23

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Die Eulerei ist verlassen, wie immer. Die Vögel sitzen verschlafen auf ihren Stangen und registrieren kaum, dass die Tür aufgeht.

Als er mich sieht, hellt sich seine Miene sofort auf. „Hey..."

„Selber hey..." Ich sitze im Fenstervorsprung und lasse die Beine baumeln.

Finn kommt langsam näher und mustert mich gründlich. Ich tue es ihm gleich, registriere seine knitterige Schuluniform, die Krawatte, die lose um seinen Hals baumelt und das schillernde Veilchen um sein linkes Auge.

„Sieht mittlerweile richtig fies aus", murmle ich und lege den Kopf schief. „Murtlap-Essenz kann helfen."

Er zuckt die Schultern und kommt noch einen Schritt näher, bis sich unsere Knie beinahe berühren. „Halte ich aus. Ist nur ein Veilchen."

Ich strecke die Hand aus und streiche mit den Fingerspitzen vorsichtig darüber. Er zuckt nicht zusammen und weicht auch nicht zurück. Er holt nur tief Luft und atmet dann langsam aus.

„Hey, Evans...", flüstert er.

Ich hebe den Kopf und lächele. Das Occamy schwillt an und ich habe das Gefühl, dass es gleich aus meiner Brust platzt. Er ist über beide Ohren verknallt, hat Vi über ihn gesagt. Sie muss aber über mich gesprochen haben. Sie muss.

Sein Mund verzieht sich zu einem schiefen Lächeln, dann kippt er in Zeitlupe vor, immer näher und näher auf mich zu, bis sich unsere Münder fast berühren.

Ich atme ein, komme ihm entgegen, und lege meine Hand richtig an seine Wange. Mit einem vorsichtigen Lächeln schließt er die Augen und ich spüre, wie er sich entspannt. Mein Daumen streicht über seinen Wangenknochen, die fiese Schwellung darunter, und Finn schlägt die Augen wieder auf. Das Grün darin ist verhangen und dunkel, und ich möchte, dass er mich immer so ansieht.

Über beide Ohren verknallt.

Schließlich seufze ich leise und überwinde den Abstand zwischen uns. Ich küsse ihn. Vorsichtig, sanft.

Finn holt tief Luft und tritt näher an mich heran. Er greift in meinen Nacken, wickelt meine Haare um seine Finger und ich schmelze dahin. Seine Lippen sind warm und der Kuss sanft, aber gierig, und ich will nicht, dass er endet.

Und doch unterbricht er uns schließlich. „Endlich." Er grinst. „Ich wollte das den ganzen Tag schon tun..." Seine Finger lösen sich von meinem Haar und wandern meinen Hals hinunter. „Ich hätte Farinato fast im Besenschrank eingesperrt, weißt du?", sagt er und ich erinnere mich nur zu gut, wie er nach hinten gesprungen ist, kurz bevor er mich in der Hufflepuff-Kabine küssen wollte. Er berührt vorsichtig die Glieder meiner Kette und schluckt. „Was ein Tag... Selten so mies trainiert."

„Was macht dein Auge?" Ich befühle es noch einmal und sehe ihn kritisch an.

Er verzieht den Mund zu einem weiteren Grinsen und reckt sich mir entgegen und küsst mich erneut – ohne zu antworten.

Wow. Diese Küsse rauben mir den Atem und den Verstand. Ich lege ihm die Hand auf die Brust und spüre seinen Herzschlag wild darunter trommeln – mindestens so wild und heftig wie meinen eigenen Herzschlag.

Plötzlich reißt er sich los und atmet laut durch. „Ich will nicht über mein Auge reden", sagt er und streicht mir überraschend zärtlich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht.

„Sondern?"

Er zuckt mit den Schultern und legt noch einmal seine Lippen auf meine.

„Verstehe. Du willst in der Eulerei rummachen."

„Oh man, Evans..." Er stöhnt frustriert auf. „Versau den Moment doch nicht."

Grinsend lege ich ihm die Hand zurück auf die Brust und spüre, wie sich seine Brustmuskeln unter der Berührung anspannen.

Finn seufzt schwer. „Ich will nicht mit dir in der Eulerei rummachen", räumt er ein. „Ich will..." Er zögert. „Ich weiß auch nicht. Ich will einfach..."

„Ja?"

Sein Seufzen klingt gequält. „Ich hatte 'nen miesen Tag. Gestern war mies. Gut, nicht ausnahmslos mies... aber eigentlich war es 'ne Woche..."

Ich lege den Kopf schief. „Und weil du 'ne miese Woche hattest, bestellst du mich in die Eulerei zum Knutschen?" Er hat mir den Zettel zugesteckt, darauf die Uhrzeit und den Ort notiert. Mehr nicht.

„Was?" Er sieht mich verwirrt an. „Nein!" Er stöhnt. „Nein, ich... Ich will nur-" Er holt Luft und schluckt. „Du lässt mich wieder auflaufen, oder?"

Ich grinse breit.

Finn rollt die Augen. „Mach das nicht." Sein Kehlkopf hüpft dabei auf und ab. „Du machst, dass es leichter ist. Dass sich alles leichter anfühlt. Und dich zu küssen ist im Moment... mein Tageshighlight." Er lächelt vorsichtig.

„Dein Tageshighlight?"

Er nickt.

„Noch vor Quidditch?"

„Heute? Aber Hallo vor Quidditch." Er zwinkert mir zu und küsst mich. Sanft saugt er an meiner Unterlippe und ich unterdrückte ein Seufzen. Das Gefühl, das dabei durch meinen Körper kribbelt, ist besser als Zischende Whizzbees und Quidditch zusammen. Ich habe keine Ahnung, was das genau zwischen McDougal und mir ist.

Er ist immer noch er. Er ist immer noch er arrogante, überhebliche Schul-Ghul. Aber mittlerweile ist er auch mehr. Wir haben Spaß. Viel Spaß. Wir geben uns nichts, er gibt mir Kontra, ich halte ihm gegen. Und er... er küsst mich. Er küsst mich so, dass es mir bis ins Mark geht.

Ich bin sein Tageshighlight. Und er... er ist meins.

„Meinst du nicht", flüstere ich, „dass es einen besseren Ort in diesem Schloss", während er mich küsst, „für das hier gibt", und küsst, „als die kalte... zugige", und küsst, „Eulerei... neben all den zeternden ... Vögeln..."

Finn hält inne und sieht mich an. Seine grünen Augen leuchten. „Hm, ja... lass mal überlegen... Mein oder dein Gemeinschaftsraum?"

Ich stoße ihn gegen die Schulter, erwische dabei aber die, die Henry gestern beim Spiel mit dem Klatscher erwischt hat und Finn verzieht das Gesicht. Er stößt einen Fluch aus und ich schlage die Hand vor den Mund. „Scheiße, das tut mir leid!"

„Schon okay, tut nicht weh!"

Ich sehe ihn skeptisch an. „Deine Schulter ist schwarz. Sie sieht aus, als ob sie heute noch wegfault."

„Woher weißt du, wie meine-"

„Du hast dir vor Mimi Smith die Klamotten vom Leib gerissen wie ein Exhibitionist." Ich grinse und rutsche von meinem Mauervorsprung. „Bist du einer?"

Finn sieht mich irritiert an. „Ähm..."

„Ich frage nur aus allgemeinem Interesse. Du scheinst ausgesprochen gerne nichts anzuhaben. Ich muss wissen, auf was ich mich einlasse."

Er öffnet den Mund und schließt ihn wieder.

„Was ist?" Ich grinse ihn an.

„Du bist ganz schön-"

Frech?"

Er schüttelt den Kopf. „Anders." Er atmet aus. „Andere Mädchen hätten jetzt erst mal Luft geholt und 'ne Szene gemacht."

Ich schlinge meine Arme um seine Taille und sehe zu ihm hinauf. Er strahlt eine unwahrscheinliche Hitze aus. „Warum sollte ich eine Szene machen?"

Er sieht immer noch irritiert aus, grinst dann breit. „Also: Mein oder dein Gemeinschaftsraum? Oooder das Vertrauensschülerbad?"

„Ha! Das hättest du wohl gerne!" Ich lasse ihn los und gehe zur Tür. Die Eulen um mich herum schnattern aufgebracht los. „Du hast diese Wette verloren, McDou! Aber das beweist, dass du ein Exhibitionist bist!"

Er lacht dunkel und folgt mir aus der Eulerei, nicht ohne mich auf dem Treppenabsatz noch einmal zu küssen.

Keeper Seeker (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt