Kapitel 158

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Wie in Trance verließ Steffi die Praxis. Das konnte nicht wahr sein, was sie da gerade erfahren hatte. Sie hatte doch den Verhütungsring genutzt. Hatte sie ihn etwa zu spät eingesetzt? Und da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Vor zwei Wochen war die Finalparty bei The Voice Kids. Beide waren sehr betrunken und bei ihrer heißen Nummer in der Garderobe war er rausgerutscht. Sie wollte ihn danach wieder einsetzen...und hatte das wohl vergessen. Scheiße, murmelte sie vor sich hin. Verdammte Scheiße. Das konnte sie sich aktuell überhaupt nicht erlauben. Wie konnte ihr das nur passieren? Mit 1.000 Fragen im Kopf ging sie ziellos durch die Straßen. Sie wusste nicht, wohin. Mit wem wollte sie sprechen? Gut, sie musste mit Wincent sprechen. Aber der wollte sich ein Wochenende mit den Jungs in Hamburg machen. Da wollte sie eigentlich nicht stören, aber sie brauchte ihn. Aber jetzt wollte sie erstmal alleine sein. Sie zückte ihr Handy, um Wincent eine WhatsApp zu schreiben. “Hey, ich habe mir überlegt, morgen doch nach Hamburg zu kommen. Kannst du dir den Abend freimachen? Ich brauche dich ♥!” sie wusste, dass er mit den Jungs heute Abend in ihrer Wohnung sitzen und daddeln wollte, und danach wollten sie noch auf den Kiez. Dann wären morgen eh alle kaputt und Wincent würde sich hoffentlich abends Zeit für sie nehmen. Sie schlug den Weg zu ihrer Wohnung ein, als eine Nachricht von Wincent kam. “Das freut mich! Wir haben Samstag noch nicht viel geplant. Aber worum gehts denn? Ist alles okay? Wie war dein Tag? Hier wurden bereits die ersten Flaschen geköpft. Love you” Okay, scheinbar war er schon angetrunken. Steffi wollte ihn nicht beunruhigen und ihm nicht den Abend versauen. “Alles okay, war nur ein stressiger Tag heute und ich muss ein bisschen abschalten. Kann uns gerne was kochen morgen. Habt noch einen schönen Abend. ♥” “Danke, den haben wir. bis Morgen. Ich liebe dich♥”

[2] Steffi blieb im Treppenhaus stehen und sackte auf eine der Stufen. Am liebsten würde sie ihn sofort anrufen. Oder noch lieber sofort in seinen Armen sein. Sie vergrub die Hände in ihrem Gesicht und begann zu weinen. Warum hatte sie nicht aufgepasst? Sie wollte jetzt kein Kind. Irgendwann schon, aber jetzt würde sie das nicht packen. Sie fing gerade wieder richtig an zu arbeiten und Wincent hatte gerade sein neues Album veröffentlicht und wird viel auf Promo Tour sein. Und im Sommer stand die neue Tour an. Wie sollte das funktionieren? Wie sollte sie das schwanger alles durchstehen? Wincent würde sie nicht immer unterstützen können zu der Zeit. Sie konnte sich auch noch gar nicht vorstellen, in 9 Monaten ihr komplettes Leben zu verändern. Plötzlich drehte sich alles in ihrem Kopf und ihr wurde ganz schlecht. Gerade so schaffte sie es noch ins Bad, bevor sie sich übergeben musste. Sie brauchte jetzt jemanden zum reden und schrieb Alina: “kann ich vorbeikommen? muss reden.” Alina antwortete sofort: “Klar, bin zuhause. Fahr vorsichtig.” Steffi war so froh, dass Alina einfach nicht nachfragte und sofort wusste, dass es etwas Ernstes war. Als sie wenig später aufgelöst vor Alinas Tür stand, nahm diese sie fest in den Arm. Dann gingen sie rein und setzten sich aufs Sofa. “Soll ich einen Sekt holen? Ist was mit Wincent?” 

[3] “Nein, kein Sekt bitte. Das ist ja das Problem.” sie sah Alina mit ihrem verheulten Blick an. “Alina, ich bin schwanger. Aber ich will das nicht. Ich kann das nicht.” Alina reichte ihr ein Taschentuch. “Bist du dir sicher? Warst du beim Arzt?” Steffi nickte. “Oh, okay. So wie du aussiehst, war es wohl nicht geplant, oder? Was sagt Wincent denn dazu?” fragte Alina mitfühlend. “Er weiß es noch nicht. Ich habe es vorhin erst erfahren und Wincent ist heute mit seinen Jungs in Hamburg unterwegs. Ich fahre morgen hin und rede mit ihm.” “Ach man, was meinst du, wie er reagieren würde? Würdest du das Kind denn behalten wollen?” Genau diese Frage schwirrte Steffi schon die ganze Zeit im Kopf rum. “Ich weiß es nicht, keine Ahnung. Gerade will ich es absolut nicht. Ich weiß nicht, wie Wincent reagieren würde. Er wünscht sich Kinder, aber so früh? Wir sind gerade mal 1 Jahr zusammen und sind gerade beide beruflich so eingespannt. Man, er hat mir gerade erst so einen perfekten Jahrestag beschert. Alina, ich habe Angst. Ich schaff das nicht” sagte Steffi mit zitternder Stimme. “Sprich erstmal morgen mit ihm. Dann könnt ihr gemeinsam überlegen, wie es weitergehen soll. Mach bloß nichts, was du nicht willst. Aber das werdet ihr schon klären können. Mach dir keinen Kopf, Wincent wird dich sicher verstehen. Und jetzt solltest du dich etwas ausruhen. Willst du hier auf dem Sofa schlafen? Ich würde dich ungern nach Hause fahren lassen.” 

[4] Alina war etwas besorgt um Steffi. Sie saß wie ein Häufchen Elend auf ihrem Sofa und sie tat ihr so leid. Sie wusste, wie sehr Steffi immer mit dem Gedanken gehadert hatte, eigene Kinder zu bekommen. Dass ihr jetzt erstmal die Entscheidung abgenommen wurde, riss ihr den Boden unter den Füßen weg. Sie hoffte, dass Wincent genug Verständnis aufbringen konnte. Steffi schaute aus dem Fenster. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass es inzwischen dunkel geworden war. Alina brachte ihr Bettzeug und erstaunlicherweise konnte Steffi gut einschlafen. Wahrscheinlich war sie einfach müde vom vielen Weinen. Sie saßen zunächst noch eine Weile einfach auf dem Sofa und Steffi ließ die Tränen laufen. Am nächsten Morgen nach einer heißen Dusche ging es ihr schon etwas besser. Ihre Gedanken drehten sich nicht mehr so extrem und sie war zuversichtlicher, dass sie mit Wincent in Ruhe darüber sprechen konnte. Hoffentlich war er nur nicht zu sehr verkatert. Er hatte ihr gestern nacht noch eine Nachricht geschrieben, die nicht ganz so leicht zu entziffern war. Sie würde gleich erstmal nach Hause fahren, ihre Sachen in Ruhe packen und sich dann gegen Mittag auf den Weg nach Hamburg machen, viel eher war Wincent eh nicht wach. Und dann hoffte sie einfach das Beste. Auch wenn ihr bei dem Gedanken schon wieder schlecht wurde.

Wie schön das Leben mit dir ist - Steffi (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt