Kapitel 300

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Als Steffi durch die Gänge des Supermarktes schlenderte, bemerkte sie hinter sich zwei junge Mädels, die aufgeregt tuschelten. Inzwischen hatte sie sich sehr daran gewöhnt und ignorierte die beiden, bis sie auf sie zukamen. “Hallo, du bist doch Steffi, oder? Wincents Freundin?” Sie schaute die beiden an und nickte. “Ähm, ist Wincent auch hier? Wir wollen gerne ein Foto mit ihm haben.” fragten sie etwas nervös. “Da muss ich euch leider enttäuschen. Ich bin alleine hier.” “Oh, okay. Schade. Aber können wir dich mal was fragen?” Steffi nickte. Sie war inzwischen alles an Fragen gewohnt und legte sich im Kopf schon ein paar Antworten parat. “Naja, Wincent redet ja auf der Bühne immer wieder von seinem Kinderwunsch. Und vorhin hat er ja so eine Andeutung gemacht, und jetzt glauben viele in der Crew, dass ihr keine Kinder bekommen wollt oder könnt.” Darauf war Steffi nicht gefasst. Irritiert schaute sie die beiden an. “Okay? Ähm wie kommt ihr darauf? Also Ihr solltet nicht alles glauben, was in der Crew so erzählt wird, ja? Das ist immer noch eine Sache zwischen mir und Wincent, das versteht ihr doch, oder?” Die beiden Mädels nickten nur kurz und verabschiedeten sich dann. Als Steffi nach Hause kam und die Einkäufe weggeräumt hatte, setzte sie sich auf einen Küchenstuhl und schnappte ihr Handy. Zunächst überlegte sie, sämtliche Profile und Seiten zu durchforsten, entschied sich dann aber für eine andere sichere Quelle. Sie öffnete den Chat mit Maria und Sophie und tippte. “Hey ihr zwei, ich muss euch mal was fragen. ich wurde eben beim Einkaufen darauf angesprochen, dass Gerüchte in der Crew kursieren, dass Wincent und ich keine Kinder bekommen können?” Relativ schnell bekam sie ein paar Antworten von den beiden. Das Gerücht ging wohl in der Crew rum, weil einige darüber in ihren Live-Videos nach Wincents Interview gesprochen hatten. Teilweise wurden auch echt unschöne Dinge über Steffi gesprochen und einige Fans wünschen sich, dass Wincent sich von ihr trennen würde, damit sein Kinderwunsch doch noch in Erfüllung ging. Solche Kommentare ließ sie gar nicht mehr an sich ran, die Leute hatten echt keine Ahnung und sofort hatte sie Wincents Lied “Was die Menschen nicht wissen” wieder im Kopf. Wie Recht er damit hatte. Und wie neidisch sie auch manchmal darauf war, dass er diesen Kanal hatte, um das alles zu verarbeiten und seine Meinung preis zu geben. Sie beruhigte Maria und Sophie dann noch schnell, dass die beiden bloß nix davon glauben sollen und das zwischen den beiden alles in Ordnung war. Steffi ging das Thema mit der Zeit wahnsinnig auf die Nerven. Die Fragen nach dem Kinderwunsch häuften sich bei den Fans sowie auch in Interviews. Immer häufiger wurde sie auch direkt darauf angesprochen, warum sie mit Wincent noch keine Kinder planen würde, obwohl die beiden langsam das Alter dafür hätten. Wincent versuchte immer, sich aus dem Thema rauszureden und schob häufig seinen Job vor. Aber Steffi spürte, wie sehr ihn das immer wieder belastete und an die vergangene Zeit erinnerte. Warum konnten die Leute denn ihre Entscheidung nicht einfach akzeptieren. Und viel schlimmer, warum gingen einfach alle davon aus, dass es so einfach wäre, ein Kind zu bekommen? Es gab Paare, die versuchen es über Jahre hinweg und haben einfach kein Glück. Und dann gibt es eben viele Frauen, die das gleiche Schicksal erleiden,wie Steffi. Immer mal wieder schaute sie im Internet auf Foren nach um zu lesen, wie es anderen damit ging. Und immer wieder stieß sie auf die gleichen Aussagen. Viele wurden permanent bemitleidet, dabei war dieser Verlust, zumindest in der frühen Schwangerschaft, ein völlig normaler Prozess, der in jeder Schwangerschaft auftreten könnte. Es wurde viel zu wenig darüber aufgeklärt, fand Steffi. Viele Frauen schämten sich aber auch, sie hatten das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Auch wenn Steffi sich am Anfang ähnlich fühlte, wusste sie mittlerweile, dass sie absolut keine Schuld daran hatte. Niemand hatte das. Man kann eine Fehlgeburt eben nicht beinflussen. Auch mit Lisi hatte sie ab und zu über das Thema gesprochen und ihr ging es damit auch ähnlich. Inzwischen hatte sie einen gesunden, aufgeweckten Sohn, den Kevin und sie über alles liebten. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr dank der Fehlgeburt, weil ihnen bewusst geworden ist, was für ein Geschenk ein Kind sein kann. Als Wincent abends nach Hause kam, hockte Steffi mit ihrem Laptop am Küchentisch. Er stellte sich hinter sie und legte ihr die Arme zur Begrüßung um die Schultern. “Was machst du da?” fragte er, als sein Blick auf den Bildschirm ihres Laptops fiel. “Ich lese mal wieder ein bisschen in den Foren. Das ist echt Wahnsinn, womit sich einige Frauen rumschlagen müssen, die sowas erlebt haben.” Inzwischen war es für die beiden ein ganz normales Thema, was sie miteinander besprechen konnten, ohne direkt traurig zu werden. Das hatten sie in ihren Therapiesitzungen gelernt. Und auch die letzten Stunden für Steffi waren dafür hilfreich. Es ist wichtig, dass sie diesem Thema Raum geben und es eben als Teil ihres gemeinsamen Leben ansehen, hatte ihnen die Therapeutin geraten. Und tatsächlich klappte das gut. Sie sprachen nicht mehr häufig darüber, aber wenn es mal aufkam, war es fast so, als wenn sie sich über den letzten Einkauf oder so unterhielten. Steffi war unglaublich froh, dass auch Wincent es schaffte, einfach damit zu leben. Wobei es nochmal was anderes war, wenn nur die beiden alleine oder mit Freunden darüber sprachen, oder ob das Thema Kinder mal wieder in der Öffentlichkeit erwähnt wurde. Deswegen erzählte sie im auch sofort, was ihr heute im Supermarkt passiert und was sie über Maria und Sophie erfahren hatte. “Mich nervt es einfach so, das alles glauben, wir wollen keine Kinder oder können keine bekommen. Was wir erlebt haben, weiß einfach keiner und bedenkt auch keiner.” redete sie sich schon wieder in Rage. Wincent zog sie vom Stuhl hoch und schloss sie in seine Arme. “Mich kotzt es auch an. Aber wie wollen wir damit umgehen? Soll ich dazu ein Statement in meiner Story abgeben?” Steffi überlegte einen Moment. “Nein, das wäre irgendwie doof, das wirkt dann so, als wenn ich dich vorschiebe. Ich würde irgendwie gerne generell mehr über das Thema aufklären, weißt du? Gar nicht unbedingt als deine Freundin gegenüber deinen Fans, sondern eben als betroffene Frau zu anderen Frauen. Und möglicherweise habe ich dazu auch schon eine Idee.” Wincent musste schmunzeln und schüttelte den Kopf. Natürlich hatte sie dazu schon eine Idee. “Okay, du machst das schon. Darf ich dann meine Idee für die weitere Abendplanung äußern?” Steffi schaute ihn irritiert an, bekam aber sofort eine Antwort in Form eines leidenschaftlichen Kusses. Schnell hatte Wincent sie davon überzeugt, heute Abend nicht mehr weiter darüber nachzudenken, sondern sich ganz auf ihn zu konzentrieren. Sie fuhr langsam mit ihren Händen unter sein Shirt und weiter knutschend stolperten sie Richtung Schlafzimmer, wo Wincent sie aufs Bett schmiss und die beiden sich nun voll und ganz dieser Abendgestaltung hingaben.

Wie schön das Leben mit dir ist - Steffi (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt