Kapitel 259

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Steffi hörte nur noch, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel. So ein Mist. Wincent war sauer, und das wohl auch zu Recht. Den gemeinsamen Tag hatte sie damit wohl erstmal versaut. Sie versank also weiter in Selbstmitleid und lag noch eine ganze Weile auf dem Sofa im Büro. Irgendwann hatte sie sich einigermaßen beruhigt und schlich vorsichtig aus dem Zimmer. In der Wohnung war es immer noch still und Wincent war wohl noch nicht zurück. Sie ging zurück ins Wohnzimmer und als ihr Blick auf den Wohnzimmertisch fiel, erschrak sie. Dort lag das erste und einzige Ultraschallbild von Pünktchen, was sie damals bekommen hatten. Wincent musste es scheinbar rausgeholt haben. Sie nahm es in die Hand und setzte sich langsam aufs Sofa. Behutsam strich sie mit einem Finger darüber. “Es tut mir so leid.” murmelte sie das Bild an. Und plötzlich kamen so viele Erinnerungen und Gefühle in ihr hoch, dass sie wieder anfing, zu weinen. War es damals doch ihre Schuld gewesen, dass sie das Kind verloren hatte? Was, wenn eine höhere Gewalt einfach nicht will, dass sie Kinder bekommen? Und war sie wirklich noch nicht bereit für einen neuen Versuch, oder hatte sie einfach nur Angst, dass sie wieder eine Fehlgeburt haben könnte und Wincent dann vielleicht verlieren würde? Er wünschte sich so sehr ein Kind. Was ist, wenn sie ihm diesen Wunsch nicht erfüllen kann, obwohl sie das eigentlich so gerne wollte? Tränenüberströmt griff sie nach ihrem Handy und tippte mit zitternden Fingern eine Nachricht an Wincent “Komm bitte zurück…” Dann legte sie ihr Handy zur Seite und der nächste Schub überkam sie. Sie war so sehr am weinen, dass sie gar nicht mitbekam, wie die Wohnungstür geöffnet wurde und Wincent plötzlich im Wohnzimmer stand. “Oh Gott Steffi, was ist passiert?” Wincent kam zu ihr aufs Sofa geeilt und nahm sie in den Arm. Eine zeitlang hielt er seine weinende Freundin einfach nur fest und gab ihr immer wieder liebevolle, kleine Küsse auf den Kopf. “Rede bitte mit mir. Was ist los?” nuschelte er irgendwann behutsam, als Steffis Schluchzen weniger wurde. “Ich wollte das vorhin so nicht sagen. Es tut mir leid.” murmelte sie leise. Wincent hatte immer noch seine Arme fest um sie geschlungen. “Mir tut es auch leid, ich habe das wohl etwas überstürzt.” “Ich habe Angst.” jammerte Steffi leise. Dieser Satz löste in Wincent auch eine gewisse Angst aus. “Wovor denn?” Vorsichtig schob er sie ein Stück zurück, so dass er in ihre verheulten Augen schauen kann. “Du weißt, dass ich dich gar nicht gerne so sehe.” Dabei nahm er ihr Gesicht in beide Hände und wischte mit seinen Daumen ein paar Tränchen aus ihrem Gesicht. Steffi holte tief Luft und legte ihre Hände auf seinem Schoß ab. “Weiß ich auch nicht, irgendwie. Vor so Vielem. Dass wir das alles nicht schaffen. Oder das ich das nicht schaffe. Und dass ich dich dann vielleicht verliere.” Erneut brach sie in Tränen aus und sackte auf seinem Schoß zusammen. Wincent strich ihr mit einer Hand die Haare aus dem Gesicht. “Du wirst mich nicht verlieren. Streich diesen Quatsch bitte ganz schnell wieder aus deinem Kopf, okay?” “Aber ich enttäusche dich doch gerade nur.” murmelte Steffi. Wincent musste tief Luft holen. Mit dieser Steffi konnte er leider gar nicht gut umgehen, weil er einfach nicht wusste, was er ihr sagen sollte. Er war überfordert mit der Situation, wollte sich das aber nicht anmerken lassen. “Was hälst du davon, wenn du dich erstmal vernünftig beruhigst, und wir dann nochmal reden? Ich mache uns in der Zeit mal einen Kakao.” Das hatte sich inzwischen so eingeschlichen, dass er sie damit immer beruhigen konnte und sich selbst kurz sammeln konnte, wenn sie sich gestritten hatten. Als er mit den beiden Tassen zurück aufs Sofa kam, hatte Steffi sich wieder hingesetzt und sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt. “Danke” murmelte sie und nahm direkt die Tasse entgegen. “Ich hab dich vorhin echt verletzt, oder? Das wollte ich nicht.” Wincent nickte. “Ja, das hast du. Ich wollte wirklich nur das Thema mal anschneiden. Dass du mir das so um die Ohren haust, hätte ich nicht gedacht. Du hast doch letztens…” “Ja, ich habe gesagt, dass wir nach der Tour darüber reden. Und ich hab dir auch gesagt, dass ich ein Baby mit dir haben möchte. Und das meine ich auch wirklich so, das musst du mir glauben. Aber ich…” Steffi seufzte und Wincent beendet ihren Satz. “Aber du bist nicht bereit. Das habe ich verstanden. Aber wann ist man das schon? Ich glaube, das muss uns langsam mal bewusst werden, dass unser Leben aktuell überhaupt nicht bereit für Kinder wäre. Aber das können wir doch gestalten, wie wir wollen.” “Aber mein Job…” “Hör mir doch mal zu!” Unterbrach Wincent sie mit einem liebevollen Ton. “Dein Job ist wichtig, das weiß ich. Egal, was für ein Job das wird. Der Aktuelle definitiv nicht. Und das weißt du selber. Quäl dich doch nicht weiter. Steffi wie oft soll ich dir das noch sagen? Du musst dich nicht da durchkämpfen.” “Aber…” wollte Steffi gerade wieder jammern, aber Wincent legte ihr einfach eine Hand auf den Mund. “Nichts Aber! Halt jetzt einfach mal deine Klappe. Ich versuche hier gerade, dir zu helfen und bin wirklich langsam überfordert damit. Du kannst nicht immer bei Allem Widerworte haben!” sagte er ernst, musste dabei aber auch ein bisschen schmunzeln. Steffi schaute ihn mit ihrem süßen Rehblick an und holte Luft, um etwas zu sagen. “Nein, lass das. Sei still.” lachte Wincent jetzt und legte ihr wieder einen Finger an den Mund. “Kannst du das jetzt bitte einmal aushalten, dass dir jemand helfen will? Und dass das zufällig auch jemand ist, der dich über alles liebt und dich braucht?” Steffi nickte stumm.
[4] Sie hatte verstanden, was er ihr sagen wollte und tief in ihrem Inneren schmolz sie auch dahin, weil es schon extrem süß war, wie er sich gerade bemühte. Aber so ganz kampflos konnte sie auch nicht aufgeben. “Darf ich nur eine Sache…” aber weiter kam sie nicht, da hatte sie schon Wincents Lippen auf ihren und er drückte sie auf den Rücken ins Sofa. “Ich küsse dich jetzt solange, bis du einfach ruhig bist.” grinste er in den Kuss hinein und Steffi ließ sich zunächst darauf ein.

Wie schön das Leben mit dir ist - Steffi (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt