Kapitel 189

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In den nächsten Wochen war wieder der Alltag für beide eingekehrt. Wincent war viel für Interviews und andere Termine unterwegs und es standen weitere Proben für die Sommertour an. Steffi nutzte die Zeit und den freien extra Tag, um sich mal wieder mehr bei ihrer Familie und ihren Freunden blicken zu lassen und ihnen nach und nach von den letzten Wochen zu erzählen. Sie merkte dabei, wie sie das Thema rund um die Fehlgeburt immer besser verarbeiten konnte und dass ihr das Reden darüber auch wirklich half. Auch Wincent konnte sich inzwischen viel mehr öffnen und sprach häufig mit Manu oder Kevin darüber. Außerdem hatte Steffi sich über ihre Frauenärztin an eine Beratungsstelle gewandt, bei der sie zusammen mit Wincent einmal die Woche in Hamburg einen Termin hatte, um gemeinsam mit einer Psychologin über das Erlebte zu sprechen. Beiden taten diese Termine unglaublich gut und jetzt wusste Steffi auch, was Lisi meinte, dass diese Phase die beiden noch enger zusammengebracht hatte. Durch die regelmäßigen Gespräche lernten sie, mit dem Thema umzugehen und wie wichtig es eben war, das Geschehene zu akzeptieren. Natürlich gab es auch immer mal wieder Tage, an denen sie von ihren Gefühlen und Erinnerungen doch wieder überrannt wurden und gerade Wincent dachte noch oft daran, wie das Leben sich wohl durch das kleine Pünktchen verändert hatte. Aber mit der Zeit lernten sie, auch dies positiv zu sehen und sie hatten eine ganz wichtige Sache direkt gelernt: Sobald einer von beiden wieder einen schlechten Tag hatte, sprachen sie gemeinsam darüber und konnten sich dadurch auch gegenseitig Kraft geben. Und sie schafften es endlich mal wieder, sich für ein richtiges Date zu verabreden. Dazu hatte Steffi ein paar Snacks und Radler eingepackt und mit einer Decke bewappnet machten sie sich auf den Weg zu dem kleinen Park in der Nähe ihrer Wohnung. In der Nachbarschaft war es mittlerweile bekannt, dass Wincent hier wohnte und sie bekamen kaum noch Beachtung, so dass sich sie problemlos auch tagsüber an öffentlichen Plätzen hier zeigen und ein ganz normales Paar sein konnten. 

[2] Sie machten es sich auf der Wiese gemütlich und Wincent schnappte sich zwei Flaschen und öffnete sie. “Auf einen schönen Tag nur für uns.” er reichte Steffi eine der Flaschen und prostete ihr zu. “Sowas müssen wir einfach viel öfter mal machen, wenn wir ein bisschen Zeit haben.” Steffi lächelte ihn an. Die Sonne schien in sein Gesicht und brachte seine Augen dadurch richtig zum leuchten. Seine Haare fielen ihm leicht über die Stirn und Steffi musste einfach mal wieder feststellen, wie wahnsinnig gut er einfach aussah. “Was strahlst du denn so?” lächelte Wincent sie an. “Ich gucke dich gerade einfach gerne an. Erinnert mich gerade ein bisschen an unser Picknick in Paris.” Wincent griff nach ihrer Hand und drückte sie. “Das stimmt. Da haben wir die Wohnung hier gefunden. Schon fast 10 Monate her. Wahnsinn, oder?” Steffi nickte und beugte sich leicht zu ihm rüber, um ihm einen Kuss zu geben. Wincent legte einen Arm um ihre Schultern, zog sie etwas dichter an sich ran und Steffi legte ihren Kopf an seiner Schulter ab. So saßen sie einen Moment dort und beobachteten das Treiben auf der Wiese. Es war ein lauwarmes Frühlingswetter, was viele Leute nach draußen lockte. Sie beobachteten ein paar Kinder, die auf dem Rasen fangen spielten, bis sie von ihren Eltern angemahnt wurden, sich nicht dreckig zu machen. Dabei mussten beide schmunzeln. “Also mein Kind wird definitiv Ärger bekommen, wenn es nach dem Spielen nicht dreckig nach Hause kommt.” Steffi musste lachen. “Dann darfst du auch gerne das Baden und Waschen übernehmen. Ah wobei, wahrscheinlich würdet ihr das ganze Bad unter Wasser setzen.” lachte sie. Wincent wollte gerade etwas entgegnen, aber er wusste einfach zu sehr, dass es genauso passieren würde. Er drückte ihr einen Kuss auf den Oberkopf. “Ich freue mich sehr darauf. Und wir werden auf jeden Fall coolere Eltern, als die Spießer da.” Steffi strich mit ihrer Hand über seinen Oberschenkel. “Ich freue mich auch. Und wie sollen wir jemals spießige Eltern werden, wenn wir doch selber noch die größten Chaotenkinder sind?” Wincent schmunzelte. Wie Recht sie doch hatte. Und wie sehr er das an ihrer Beziehung liebte. Er fühlte in diesem Moment einfach ein wahnsinniges Kribbeln im Bauch und wusste, dass das hier alles war, was er wollte. Er hätte nicht gedacht, dass die beiden es nach dieser schweren Zeit so schnell schaffen würden, wieder normal über Kinderplanung zu sprechen und zu scherzen. Dafür war er der Psychologin und auch seiner Therapeutin, aber vor allem Steffi unendlich dankbar, dass sie alle dafür sorgten, dass es für ihn und auch für Steffi in einem normalen Leben weiter ging. 

[3] Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er etwas spürte, wie etwas gegen seinen Rücken geprallt war. Er fasste hinter sich und hatte einen Fußball in der Hand. Kurze Zeit später stand ein kleiner Junge mit braunen, wilden Locken neben ihn. “Das ist mein Ball.” sagte er etwas schüchtern und streckte die Arme aus. Wincent gab ihm den Ball zurück. “Hier, deine Freunde warten sicher schon.” Er lächelte den Kleinen an. Dieser schaute ein bisschen traurig auf dem Boden. “Ne, ich bin alleine. Meine Kumpels mussten schon nach Hause. Danke.” sagte er noch und wollte gerade gehen. “Ich spiele mit dir, wenn du willst.” Die blauen Augen des leinen Jungen weiteten sich und er strahlte Wincent mit seinem zahnlücken geprägten Kinderlächeln an. “Das wäre voll cool. Wie heißt du denn?” Wincent sprang auf. “ Ich bin Wincent, und du?” “Luka. Los komm!” Und schon tobten die beiden mit dem Fußball über die Wiese. Steffi schaute den beiden lächelnd hinterher. Es freute sie, ihn so glücklich zu sehen und ertappte sich sogar bei dem Gedanken, wie schön sie es finden würde, wenn Wincent irgendwann mal mit seinem eigenen Sohn hier spielen würde. Sie legte sich auf den Bauch und beobachtete die beiden eine Weile, als plötzlich ein Schatten über ihr auftauchte. 

Wie schön das Leben mit dir ist - Steffi (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt