Kapitel 181

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Steffi atmete tief ein. “Wir beide haben einen Weg gesucht, damit klarzukommen. Aber jeder für sich. Und das war falsch. Weil wir es beide verdrängt haben.” Wincent schaute sie ungläubig an. Ja, er hatte es versucht, mit Alkohol zu verdrängen. Aber er dachte, Steffi hätte es schon verarbeitet. “Ich dachte, du hättest dich damit abgefunden. Es wirkte so, als wenn das für dich okay ist.” “Das habe ich versucht zu glauben. Ich wollte es genau so wenig wahrhaben wie du. Aber ich habe gemerkt, wie sehr es dich belastet und wollte einfach stark sein. Und dir zeigen, dass man darüber stehen kann. Und das war dumm. Ich hätte viel mehr auf dich achten müssen, wie schlecht es dir damit in Wirklichkeit geht. Dann wärst du vielleicht gar nicht so abgerutscht.” “Ich habe einfach viel zu wenig auf dich geachtet.” sagte Wincent traurig. “Für mich ist in dem Moment eine Welt zusammengebrochen. Ich habe gar nicht richtig realisiert, was das ja auch für dich bedeutet hat, allein schon körperlich.” “Ich wollte das ja selber nicht wahrhaben. Ich liebe dich so sehr. Und ich brauche dich gerade mehr als jemals zuvor.” sagte Steffi mit brüchiger Stimme. Noch immer standen sie sich gegenüber. Wincent nahm ihren Kopf in beide Hände und zog sie zu einem sehnsüchtigen Kuss an sich. “Ich brauche dich doch auch. Immer. Ich könnte das alles niemals ohne dich.” Dann tippte er kurz auf seinem Handy rum und spielte eine Datei von Kevin ab. “Dein Augenrollen und dein Schweigen, die Art und Weise, wie wir streiten. Ich würds vermissen.” Besser würde diese Zeile wohl gerade nie passen. 

[2] Das Lied lief über sein Handy und die beiden hielten sich einfach nur fest im Arm. Kevin und Wincent hatten vor der Fehlgeburt den Song noch aufgenommen und als Demo abgespeichert. “Lass uns das nicht kaputt machen, was wir haben.” flüsterte Wincent Steffi zu, als das Lied zuende war. “Niemals. Aber wir sollten uns da wirklich Hilfe holen. Ich kann bei meiner Ärztin mal nachfragen.” Er nickte und küsste sie auf die Stirn. Steffi hatte da aber noch etwas auf dem Herzen. “Wincent? Ich würde es gut finden, wenn du vielleicht auch nochmal mit deiner Therapeutin sprichst. Gerade wegen der Geschichte mit dem Alkohol…” “Ja du hast Recht, das sollte ich wirklich tun. Ich weiß, dass das der falsche Weg  war. Aber ich rufe sie auf jeden Fall mal an.” “Danke.” Dann kuschelte Steffi sich wieder an seine Brust. “Ich hätte dieses Kind wirklich gerne mit dir bekommen.” Und dann stellte Wincent die Frage, die ihm schon die ganze Zeit durch den Kopf schwirrte. “Würdest du denn immer noch gerne ein Kind mit dir bekommen?” Steffi nahm ihren Kopf ein Stück zurück und schaute ihm tief in die Augen. “Natürlich. Auch wenn dieses Kotzen echt nervig war. Aber ich hab die Zeit ja auch irgendwie genossen, und fand den Gedanken ganz schön. Und ich lasse mich doch davon jetzt nicht unterkriegen. Zweiter Versuch und so, hast du doch selber gesungen.” Die Sätze von Steffi rührten Wincent schon wieder fast zu Tränen. “Das ist mein Mädchen! Dafür liebe und bewundere ich dich so sehr! Aber wie läuft das denn jetzt überhaupt alles genau? Ich konnte mir das letztens einfach nicht merken.”

[3] Die beiden setzten sich aufs Sofa und Steffi erklärte ihm das nochmal. “Also ich kann immer noch normal schwanger werden, das wird auch nicht automatisch eine Risikoschwangerschaft.” “Besteht denn ein erhöhtes Risiko, dass es wieder eine Fehlgeburt wird?” fragte Wincent ängstlich. “Nein, das gibt es auch nicht. Die Fehlgeburt hat absolut keine Auswirkungen auf weitere Schwangerschaften. Das hat mir die Ärztin wirklich ganz deutlich gesagt. Wir sollten jetzt erstmal mit Kondom verhüten, aber das ist eher aufgrund von Schutz vor Infektionen. Ich kann also auch ganz normal weiterhin mit dem Ring verhüten.” Wincent hörte ihr aufmerksam zu. “Okay, das klingt ja alles eigentlich ganz gut. Und da gibt es keinen Haken?” fragte er etwas unglaubwürdig. “Doch, einen Haken gibt es tatsächlich.” Wincent schaute nervös auf. “Und...und welchen?” Steffi küsste ihn sanft. “Wir können jetzt keinen Versöhnungssex haben. Damit sollten wir 2-3 Wochen komplett warten.” “Oh, mh. Okay. Damit muss ich wohl leben. Aber küssen darf ich dich, oder?” “Davon ist noch keiner schwanger geworden, darfst und sollst du so viel zu willst.” Wincent drückte Steffi auf das Sofa und beugte sich über sie. Er schaute ihr tief in die Augen, legte eine Hand an ihr Gesicht und fuhr dann langsam mit seinen Lippen über ihre. Ganz sanft legte er seine auf ihre und öffnete sie leicht für einen zärtlichen Kuss. Steffi erwiderte den Kuss und langsam bewegten sich ihre Lippen miteinander. Sie lagen eine Weile auf dem Sofa und waren in einer sinnlichen Knutscherei verloren. “Das habe ich so sehr vermisst.” hauchte er ihr zu. Steffi legte ihren Kopf auf seine Brust und streichelte sie zärtlich. “Du hast aber noch etwas auf dem Herzen, oder?” sie legte ihr Kinn auf seiner Brust ab und sah ihn von unten an. Er nickte. “Willst du wirklich wieder verhüten, also mit dem Ring? Oder wollen wir es einfach drauf ankommen lassen? Ich meine, vorbereiten können wir uns doch eh nicht.” Wincent war sich nicht sicher, ob diese Frage zu früh war aber Steffi sah ihn liebevoll an. 

[4] “Klar, im Grunde hast du Recht. Aber ich glaube, für uns beide wäre es seelisch gut, wenn wir ein bisschen Zeit vergehen lassen, bevor wir uns erneut darauf einlassen. Ich würde gerne zumindest für einen Moment sichergehen wollen, dass nichts passieren kann. Verstehst du? Das wird dir deine Therapeutin sicher auch sagen. Gib dem ganzen seine Zeit. Aber ich könnte mir gut vorstellen, zum Beispiel nach der Tour zu sagen, ab jetzt gucken wir, was passiert.” “Damit könnte ich leben.” Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und verstand ja auch ihre Gedanken dazu. Wahrscheinlich war er mal wieder etwas zu voreilig. “Ich denke, dann können wir das Ganze einfach entspannter angehen. Vielleicht war ich auch einfach zu verkrampft.” “Steffi? Ich liebe dich! Und wenn du bereit bist, bin ich es auch! Ab jetzt verspreche ich dir, werden wir alles gemeinsam durchstehen. Nur dann können wir richtig funktionieren.”

Wie schön das Leben mit dir ist - Steffi (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt