Hi, hast du Brot?

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Die Wunden saßen, auch wenn Sahra nicht darauf angesprochen werden wollte. 

„Also wenn du den Verband dran lässt, müsstest du etwas Wasserdichtes drum herum wickeln. Wenn du ihn abnimmst, könnte das schmerzhaft werden" gab Alice zu verstehen. 

‚Was mache ich jetzt?' 

„Mama, um Himmels Willen, ich will dir nicht weh tun" reagierte Mila auf Alice' Kommentar. 

Jetzt fühlte Sahra sich schlecht. Enttäuschte sie jetzt ihre Tochter? 

„Ja stimmt, Alice hat recht. Warten wir lieber noch darauf, dass ich die Verbände nicht mehr tragen muss. Dann geht das bestimmt mal..." 

„Du klingst so upset Mama... Mach dir bitte keinen Vorwurf... Ich hab da nicht dran gedacht..." 

„Wir können Mama ja gleich mal die Haare waschen" versuchte Alice die Stimmung aufzuheitern. 

„JAAA!" rief Mila. Sahra nickte. 

Indes hatte Sahra den Wasserhahn zugedreht und den kinderfreundlichen Badezusatz in das Wasser gegeben. 

„Hast du eigentlich Entchen?" fragte Mila. 

Sahra sah lachend zu Alice; halt, falsche Fanfiction. 

„Warte, ich hole dir ein paar Entchen" antwortete Sahra. 

„Pass du mal kurz auf Mila auf." Alice' Gesichtsausdruck war es diesmal, der stehen blieb. 

„Bau bloß keinen Mist Mila." 

„Und was wenn doch?" 

„Dann wird deine Mama böse. Willst du, dass deine Mama böse wird?" 

„Nein..." 

„Na also. Willst du dich nicht in die Wanne setzen?" 

„Ich komme doch nicht mal über den Rand, bin doch noch zu klein..." 

„Soll ich dich reinheben?" 

„Nein, das soll Mama machen!" Alice setzte sich auf den Toilettendeckel. 

„Willst du die Klamotten nicht schonmal ausziehen?" 

„Nee." 

„Warum denn nicht?" 

„Weil mir das unangenehm ist..." 

„Warum sollte dir das unangenehm vor Anderen sein? Warst du noch nie im Schwimmbad oder so?" 

„Nee, Annalena musste immer arbeiten und Daniel war das immer zu anstrengend. Ich weiß auch nicht, warum das so ist. Es ist halt wie es ist." 

 „Na gut, ich kann dich auch nicht dazu zwingen. Dann warten wir jetzt einfach auf Sahra." 

Mila setzte sich zu Alice auf den Schoß. 

„Hoppa, Hoppa Reiter, wenn er fällt, dann schreit er, fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben, fällt er in den Sumpf, dann macht der Reiter Plumps!" Dabei wippte Alice mit ihren Beinen und Mila bekam sich vor Lachen nicht mehr ein.

„Hey Alice, was treibst du da mit meinem Kind?" Sahra stand in der Tür mit einer Kiste voller Badeentchen. 

„Dein Kind? Seit wann haben wir Privateigentum in diesem Haushalt?" 

„Seitdem Mama der Chef ist. Ist immer noch ihre Wohnung!" 

„Dann sollten wir Sahra mal ihrer Machtstellung enteignen" lachte Alice. 

„Enteignung ist immer noch mein Job, schließlich bin ich hier die Kommunistin!" stieg Sahra empört ein. 

„Jaja, hier hast du DEIN Kind, ich gehe Das Kapital lesen. Bis denne Antenne." Alice setzte Mila auf den Boden und verließ das Bad. 

„Ist Mami jetzt sauer auf uns?" 

„Nee, wir haben ja nur herumgealbert. Leg deine Klamotten schon mal auf den Klodeckel, ich mach dir das Badezeug ins Wasser. Willst du dir Entchen aussuchen?" Sahra stellte die Kiste auf den Boden. 

„JAAAAA!!" Mila stürmte auf die Kiste zu und griff sich 10 verschiedene Badeentchen heraus. 

„Darf ich die haben?" fragte sie aufgeregt. 

„Natürlich mein Spätzchen, ich brauch die doch nicht mehr" antwortete Sahra, „Und jetzt rein ins Wasser." 

Während Mila die Entchen herausgesucht hatte, füllte Wagenknecht bereits den Badezusatz in das Badewasser. Mila hob die Arme und ließ sich von Sahra in die Wanne setzen. Sie plätscherte viel mit dem Wasser herum und erzählte Sahra eine Geschichte mit den Entchen, die sie sich selbst ausgedacht hatte. 

„'Hi, hast du Brot?' ‚Nein, sorry Kumpel.' Hast du Brot?' ‚Neiiiin.' ‚Hast du Brot?' ‚NEEEEEEIN' ‚Bestimmt hast du...' ‚HÖR ZU, ICH HABE KEIN BROT UND WENN DU MICH DAS NOCH EINMAL FRAGST, DANN NAGEL ICH DEINE FRASSADIPA!' ‚Hast du Nägel?' ‚Uhm, nö.' ‚Nah. Hast du Brot?' ‚Grrrrr.' Ente tot." 

Nach einer halben Stunde meinte Sahra dann, dass Mila lang genug in der Wanne gesessen hatte und begann den Duschkopf aufzudrehen. 

„Kannst du mir so einen Lappen für die Augen geben?" 

„Wofür?" 

„Damit mir kein Wasser oder Shampoo in die Augen kommt." 

„Mach doch einfach die Augen zu, ich halte dir auch die Hand vor die Augen." 

„Aber hast du nicht Verbände, die nicht nass werden sollen?" 

1:0 für Mila, Sahra reichte Mila einen Waschlappen. Vorsichtig setzte Sahra den Duschkopf an Milas schwarzhaarigen Schopf an und drückte mit ihrer Hand den Schädel sanft nach hinten. Mila kniff die Augen fest zusammen und legte sich den Waschlappen über die Augen. 

„Behalt deinen Kopf mal so, ich seife jetzt deine Haare ein." 

„Pass auf deine Arme auf!" Mila wusste, dass sie die Einzige war, die Sahra mit ihren Armen ärgern und nerven durfte. 

„Achso, weil Alice mich nicht auf meine Arme ansprechen soll, machst du das jetzt oder wie?" 

„Ja klar." Mila grinste so breit, dass Sahra mit dem Kopf schüttelte, „Nicht nur Mami darf sich um dich sorgen." 

„Du Mila, ich verbiete es Alice nicht sich Sorgen zu machen, ich will nur nicht, dass sie mich damit nervt." 

„Aber warum nervt sie dich? Ich dachte du liebst sie..." 

„Klar liebe ich die blonde Nazischlampe und ich weiß auch, dass sie mich liebt, aber irgendwann ist es einfach zu viel und dann erdrückt sie mich mit ihrer übermäßigen Sorgsamkeit. Irgendwann fühlt man sich nur noch erdrückt und will von allem Abstand", erklärte Sahra während sie Mila die Haare einseifte. 

„Wann kommt Annalena eigentlich wieder?" 

„Jetzt!" rief jemand vom Flur. 

Sahra spülte Mila die Seife aus den Haaren und ließ das Badewasser ab. 

„Mir ist kalt..." 

„Warte." Sahra griff nach einem kleinen Handtuch und Milas Bademantel. Die Haare wickelte sie zu einem Turban auf den kleinen Kopf und ließ sie ihren kleinen Bademantel selbst anziehen. 

„Besser?" 

„Besser." 

Sahra hob Mila wieder aus der Wanne heraus. 

„Hey, was habt ihr denn getrieben?" fragte Annalena, als Sahra mit Mila im Arm auf den Flur kam. 

„Ich hab sie mal gebadet, Daniel scheint das irgendwie vernachlässigt zu haben" antwortete Sahra. „Wie war es denn bei Linda? Du siehst ziemlich fertig aus." 

„Ach, wir haben sehr viel Kaffee getrunken." 

„Kaffee, ah ja." Sahra grinste schelmisch. 

„Anygay, wo hast du deine Freundin gelassen? Und noch wichtiger, wo ist mein Kind?" 

„Luna lernt für ihren Test und Lille liegt glaub im Bett und liest Marx." 

„Sie liest Marx?!" 

„Was ja based ist" antwortete Mila auf Annalenas entsetzte Frage. 

Gegensätze ziehen sich an... und aus ;)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt