Hank
Es ist schon bald wieder Mitternacht als ich zuhause ankomme, der Papierkram zu dem Einsatz war mal wieder immens gewesen. Ich gehe in die Küche und hole mir ein Bier aus dem Kühlschrank. Als ich die Flasche öffne, fällt mir ein Brief auf dem kleinen Tisch an der Wand auf. ‚Hank', mehr steht auf dem Umschlag nicht drauf. Ich setze mich auf den Stuhl und nehme den Inhalt heraus.
Hank,
die letzten Wochen und Monate waren nicht grade einfach für beide Seiten, das weiß ich. Nach allem, was ich getan habe, hatte ich nicht damit gerechnet, dass ich meinen Job überhaupt noch ausüben könnte. Oder dass ihr mir weiterhin so den Rücken stärkt.
Nach dem Tod meiner Eltern, waren es du und Camille, die mich aufgefangen und mir ein neues zuhause gegeben haben. Egal wie viel scheiße ich auch gebaut oder wie viel Ärger ich verursacht hatte, ihr wart immer an meiner Seite und habt mir immer wieder aufgeholfen. Du hast keine Ahnung, wie dankbar ich euch beiden bis heute bin.
Gerade deswegen fällt es mir für den Moment so schwer in deiner Nähe zu sein. Oder in der, der anderen. Ich muss für mich auf Abstand gehen, um wieder klare Gedanken fassen zu können. Das letzte halbe Jahr hat mich Mental um einiges stärker mitgenommen, als ich es zugeben möchte.
Ich weiß du würdest jetzt gerne helfen, mich in den Arm nehmen und mir sagen, dass alles wieder gut wird. Doch für den Anfang, muss ich das allein machen. Nicht, weil ich keine Hilfe annehmen möchte, sondern weil ich es für mich selbst brauche.
Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich werde für eine Weile, bei einem guten Freund unterkommen, der ein Auge auf mich hat. Wie lange ich wegbleiben werde, wird sich zeigen. Doch ich weiß, ich werde die nächsten 2 Monate damit verbringen, das Geschehene so gut es mir Möglich ist, zu verarbeiten und mir in den nächsten Tagen professionelle Hilfe zu suchen.
Alles um was ich dich dabei bitte, ist mir die Zeit zu geben, die ich brauche und meine Entscheidung zu respektieren.
Mag <3
Seufzend lege ich den Brief auf den Tisch. Sie hatte recht, am liebsten würde ich sie jetzt einfach nur in den Armen halten und versuchen ihr bei zu stehen. Doch ich verstand auch, dass es nach allem, was geschehen war, für sie schwer sein musste auch nur mit einem von uns, in ein und dem selben Raum zu sein, ohne von ständigen Schuldgefühlen geplagt zu werden.
Ich rechnete es ihr hoch an, dass sie bei dieser Entscheidung, einmal nur an sich gedacht hatte. Dass sie sich bewusst war, dass sie Hilfe bräuchte und sich diese suchen würde. Wenn ich Maggie wirklich unterstützen wollte, dann blieb mir nichts anderes übrig, als ihrer bitte nachzukommen und dann, wenn sie soweit war, für meine Nichte da zu sein, wenn sie mich brauchte.
Antonio
Müde lasse ich meine Wohnungstür ins Schloss fallen. Ich lege meine Schlüssel an ihren Platz und meine Jacke über das Sofa, als mir etwas auf dem Küchentisch auffällt. Ein Umschlag mit meinem Namen drauf. In mir kommt ein ungutes Gefühl hoch und ich musste mich an das letzte Mal erinnern, als ich so etwas fand.
‚Bitte lass es nicht das sein, was ich denke...' Ich nehme den Brief und setzte mich aufs Sofa. Ich bin unschlüssig, ob ich wissen will, was darinsteht. Doch ich fühlte nur ein Blatt Papier, nichts, was mein Gefühl bestätigen könnte. Mit leicht zittrigen Händen nehme ich das Blatt heraus und fange an zu lesen.
Antonio,
falls du denkst, das würde jetzt in die Richtung laufen, dass ich mich von dir trennen wollte, dann hast du dich getäuscht. In der Hinsicht wäre ich dann doch so fair und würde es dir von Angesicht zu Angesicht sagen.
Aber selbst das werde ich nicht tun, im Gegenteil, ich kann mir ein Leben ohne dich an meiner Seite nicht mehr vorstellen und ich würde verdammt sein, wenn ich eines der wenigen Dinge in meinem Leben, was mich wirklich glücklich macht, gehen lassen würde.
Die letzten Monate hatten einen hohen Preis. Einen Preis, der es mir aktuell nicht möglich macht, mich mit den Personen abzugeben, bei denen ich mich sicher fühle. Bei denen, ich mich geborgen und geliebt fühle. Ich bin Emotional und Mental ein Frack... ich brauche Zeit, um das ganze zu verarbeiten und mich selbst wieder zu finden.
Ich werde für eine Weile bei einem alten Freund unterkommen. Keine Sorge, er wird in dieser Hinsicht, immer ein Auge auf mich haben und mir dabei helfen, das ich mein Vorhaben auch durchziehe und keinen Rückzieher mache. Ich werde die nächsten Wochen dazu nutzen, wieder mit mir selbst ins Reine zu kommen. Ich bitte dich dabei um nicht viel, nur darum, mir die Zeit zu geben, die es benötigt und meine Entscheidung zu respektieren.
Ich liebe dich, Tonio. Du hast keine Ahnung, wie wichtig du mir geworden bist und was du alles für mich getan hast. Auch wenn du es vielleicht nicht weißt, so hast du mich immer wieder aus dunklen Zeiten geholt. Den letzten Fall miteingeschlossen. Ich kann gar nicht beschreiben, wie dankbar ich dir für alles bin. Wie dankbar ich für unsere Freundschaft bin und dass was sich daraus entwickelt hat.
In liebe, Mag <3
Zitternd und mit einem Kloss im Hals lege ich den Brief auf den Tisch vor mir und fahre mir mit den Händen durchs Gesicht. Dabei merke ich erst, das mir einzelne Tränen über die Wangen laufen. Ich lehne mich zurück und lasse ihre Worte nachwirken. Dieser Fall hatte ihr mental so viel genommen... doch sie hatte noch so viel Willenskraft, um sich dies wieder zurückzuholen.
„Dad? Alles in Ordnung?", reißt mich plötzlich jemand aus den Gedanken. „Diego, Eva... was macht ihr den hier? Solltet ihr nicht bei eurer Mutter sein?", sehe ich meine Kinder verwundert an. „Sie fährt doch morgen mit Frank nach Pittsburgh... mal wieder." „Sie hat uns grade abgesetzt." „War das nicht erst nächste Woche?" „Nein, das ist morgen." „Huh.", meine ich etwas nachdenklich.
„Alles gut?", setzten die beiden sich zu mir. „Ja, waren nur ein paar lange Tage." „Die Arbeit?" ich nicke nur und lege je einen Arm um die beiden, bevor ich ihnen einen Kuss auf den Ansatz gab. „Hat der Brief auch was damit zu tun?" Ich überlegte einen Moment, doch kam zu dem Schluss, dass ich die beiden nicht anlügen wollte, wenn es um meine Beziehung ging.
„Der ist von Mag.", seufze ich. „Hat sie Schluss gemacht?" „Nein.", lächle ich schwach. „Der Fall an dem wir zuletzt gearbeitet haben, hat ihr stark zu gesetzt. Sie nimmt sich eine Auszeit, um damit klarzukommen." „Sie kommt doch wieder, oder?" „Natürlich! Sie muss jetzt nur eine Weile allein sein, das ist alles.", bin ich optimistisch und wuschle meinem Sohn durchs Haar. „Sobald sie das für sich gefunden hat, was sie braucht, ist sie wieder zurück."
„Was haltet ihr davon, wenn wir uns einen Film ansehen?", meine ich nach einer Weile, um sie von diesen Gedanken abzulenken. „Können wir Jurassic Park schauen?", meint Diego „Ich würde mir aber lieber Top Gun ansehen.", wirft meine Tochter ein. „Wie wäre es mit beiden? Zuerst schauen wir uns die Dinos an und dann, den anderen Film." Die beiden sind damit einverstanden und wir machen es uns gemütlich. Wenn es jemanden gab, der mich davon abhielt abzustürzen, abgesehen von Mag, dann waren es diese beiden.
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Die Sucht nach Dir
FanfictionEin Mädchen, welches seine Eltern verlor. Ein Onkel, der sich ihrer annahm. Eine Vergangenheit, die sie droht einzuholen und eine Liebe mit Hindernissen. Und doch schafft es die ‚kleine Familie' es, ihr Leben einigermaßen im Griff zu haben und fürei...