Kapitel 4 - Der Brief

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„Hä, was?", fragte Amelia, weil sie ihren Ohren nicht trauen konnte. „Kannst du das nochmal wiederholen?"
„Ich sagte, ich mag dich.", antwortete William mit einem gequälten Gesichtsausdruck.

Amelia starrte ihn an.
Eine
Zwei
Drei ganze Minuten vergingen und keiner sagte ein Wort.

Schließlich sagte Amelia: „Kann nicht sein, du kennst mich doch gar nicht richtig!"
„Muss ich dich richtig kennen, um dich zu mögen? Ich kann dich doch kennen lernen, oder nicht?"
„Aber das ergibt doch keinen Sinn! Ich wette, du kanntest mich vor zwei Monaten gar nicht!"
„Ist das für dich jetzt so unvorstellbar?"
„Ja!"
„Schön!"

William stand abrupt auf.

„Dann wünschen ich dir noch einen schönen Tag. ‚In Ruhe'.", sagte er mit düsterer Stimme.

Amelia erschrak bei diesen plötzlichen Stimmungswechsel und fragte: „Was ist denn jetzt los?!"

„Also dafür, dass du in Ravenclaw bist, bist du ganz schön langsam menschliche Gefühle zu lesen. Ich habe dir gerade gesagt, dass ich Gefühle für dich habe und dass ich dich besser kennen lernen möchte und du reagierst so, als würde ich sagen, dass ich Zauberstäbe aus meinem Hintern ziehen kann!"
„Was?", fragte Amelia verwirrt.
„Amelia, vielleicht hast du noch nie ein Geständnis bekommen, aber du hast mich gerade gedemütigt und ich halte es nicht mehr länger aus, mit dir in einem Raum zu sein."

Er rannte wütend gegen die Tür und versuchte sie zu öffnen, die sich aber keinen Zentimeter bewegte, da Amelia vorhin ein Verriegelungs-Zauber angewendet hatte, um sie magisch zu verschließen. William schien dies in seiner Wut vergessen zu haben. Amelia hob ihren Zauberstab und rief: „Alohomora!"

Die Tür öffnete sich und William flüchtete aus dem Raum.

-

Es sind bereits fünf Tage seit diesem Vorfall vergangen und Amelia plagten immer noch Schuldgefühle. Immerhin wurde sie William endlich los und konnte somit zu humanen Uhrzeiten zum Essen erscheinen und zeitlich länger schlafen. Jedoch lag sie die halbe Nacht wach, da sie den gequälten Gesichtsausdruck von William nicht aus dem Kopf bekam.

War ich wirklich so hart zu ihm, habe ich nicht nur die Wahrheit gesagt?, dachte sich Amelia, als sie sich am Freitagmorgen auf dem Weg zum Frühstück machte.

Die große Halle war bereits mit Schülern und Schülerinnen erfüllt. Die Eulen, die wöchentlich die Post brachten, flogen bereits an der Decke herum, um ihre Empfänger zu finden. Sie setzte sich an einem freien Platz, etwas abseits von den anderen Kindern. Doch sobald sie ihren Toast mit Butter beschmieren wollte, landete plötzlich ein kleiner Brief auf ihrem Teller. Amelia erwartete für gewöhnlich keine Post, da sie keine Familie oder bekannte Verwandten hatte, die ihr schreiben oder etwas schicken konnten. Deshalb zögerte Amelia, bevor sie nach dem Brief griff und drehte ihn um.

An Amelia Lee

Es ist tatsächlich an sie adressiert. Sie öffnete vorsichtig den Brief und las ihn.

———

Will beobachtete vom anderen Ende des Saals, wie Amelia ihren Brief las. Es ist nicht schwer sie in der Menge zu finden, denn sie saß immer allein. Er bemerkte wie verblüfft sie war, als ein Brief auf ihr landete und wie zögerlich sie den Brief geöffnet hatte. Er sah, wie sie den Brief mit großen Augen las.

Als sie den Brief fertig gelesen hatte, fing sie an breit zu lächeln. Will erstarrte. Er hatte sie bis jetzt noch nie so breit Lächeln gesehen.

Wer hat ihr geschrieben? Wer bringt sie dazu so zu lächeln?, überlegte er.

Magic Is Might (A Hogwarts Legacy Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt