001 // 11. November - I

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Er lässt mich tatsächlich abholen, denke ich und schmunzle, als ich gerade dabei bin die Haustür zu öffnen. Ich habe mich trotz meines mittlerweile mehrmonatigen Aufenthalts immer noch nicht so recht an die entgegengesetzte Fahrweise in Großbritannien gewöhnt und bin froh, dass ich nicht im Halbdunkel draußen in Buckinghamshire nach der Adresse suchen und mich über geschwungene Landstraßen kämpfen muss. Selbst auf dem Eiland, wie die Einheimischen meine Heimatstadt nennen, hatte ich Autofahren nie besonders gemocht, obwohl ich beruflich viel unterwegs war. Ursprünglich waren zum Aufbau des neuen Standorts in Oxford wenige Wochen geplant, mittlerweile bin ich schon ein halbes Jahr, das durch einige Dienst- und Heimreisen unterbrochen wurde, hier und arbeitete die neuen Kollegen in unser Unternehmenskonzept ein. Mein Arbeitgeber, die Corporate Contentment, expandiert gerade, da unser besonderes Unternehmenskonzept zur Prävention und Mitarbeitergesundheit im Ausland durch seine unvergleichliche Erfolgsgeschichte bekannt geworden war. Einige bürokratische Hürden und die an den britischen Arbeitsmarkt angepasste strategische Vorgehensweise verzögern meinen Aufenthalt jedoch immer weiter.

B

evor ich vor die Tür trete, werfe ich einen schnellen Blick auf mein Handy und finde ein Bild von meinen beiden Lieblingen vor, das mir Clara, meine Freundin und Hundetrainerin, die sich herzerwärmend in meiner Abwesenheit um Anubis und Skadi kümmert, geschickt hat. Den beiden hängen auf dem Foto die Zungen aus den Mäulern und sie sehen dadurch aus, als würden sie breit lächeln. Ich unterdrücke die aufsteigenden Tränen.

Er mag Hunde auch. Ich denke sofort an seine zwei Vierbeiner, die für mich ein kleiner Trost gewesen sind, jedes Mal, wenn wir in den letzten Wochen einen Spaziergang mit ihnen gemacht hatten. Ich schicke Clara ein Herz und ein halb-weinendes Emoji und erhalte postwendend ein „Viel Spaß!" mit einem zwinkernden Smiley als Antwort.

Ich schmunzele und schließe die Tür hinter mir, das Handy immer noch in der Hand haltend. Am Ende der kleinen Ausfahrt des Mietshauses, in dem ich eine hübsche und recht großzügig geschnittene Wohnung während meines beruflichen Aufenthalts in Oxford bezogen habe, steht bereits ein gepflegtes Auto. Keine Limousine, wie man es vielleicht erwarten würde. Keine Protzkarre. Gepflegt, schwarz, sicher trotzdem undenkbar teuer und dennoch vergleichsweise unauffällig. Das passt zu ihm. Er ist kein Zurschausteller, kein Angeber, kein Prahler - aus dem ganz einfachen Grund, dass er es nicht im Geringsten nötig hat. Vor dem Wagen steht ein gut gekleideter, jedoch nicht in einen klassischen, penguinartigen Anzug gezwängter Fahrer, der mir freundlich entgegenschaut.

Ein britischer Gentleman, denke ich. Er macht mir ein höfliches, aber nicht unangebrachtes Kompliment und öffnet mir die Hintertür. Mehrfach hatte ich mich vorhin vor dem Spiegel gedreht und mir ewig Gedanken um mein Outfit gemacht. Die Wahl scheint die richtige gewesen zu sein.

Als ich meinen Kurzmantel sowie meine Tasche neben mir ablege und mich anschnalle, fragt mich der Fahrer nach meinem Musikwunsch. Sofort klingen die ersten Töne von Little Red Corvette von Prince durch das Auto. Ich freue mich und unterbreche die Bewegungen meiner Lippen zum Songtext, indem ich meine Mundwinkel nach oben ziehe. Der Fahrer lächelt mich im Rückspiegel an. Auf meinem Handy geht eine Nachricht von meinem heutigen Date ein.

„Bist du bei Lucas? Ich freue mich! Bis gleich, Heinz."

Ich schmunzle. Zum Glück nimmt er mir die Sache mit dem Namen nach wie vor nicht übel ... Ich denke daran, wie wir uns Anfang August kennengelernt haben - total unmöglich, so ein Zufall! Ich tippe eine kurze Antwort, Lucas startet den Wagen und fährt los.

HENRY | .•° Eine Henry Cavill Fanfic °•.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt