079 // 21. Juni - I

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„Ich nehme spontan vom neunundzwanzigsten Juni bis zum vierten Juli Urlaub", erkläre ich Millie und reiche ihr meinen eigenhändig genehmigten Urlaubsschein über den Tresen. Sie nickt, scannt ihn ein und schickt ihn nebenbei in Kopie an Mrs. Seifert. Es wird langsam echt Zeit, dass wir eine eigene kleine Personalabteilung bekommen. Alicia und ich kommen mit den ganzen Abrechnungen, Anträgen, Gesprächen und Genehmigungen schon nicht mehr hinterher. „Mr. Murphy und Ms. Stone werden in meiner Abwesenheit die Verantwortung für den Standort und unseren Praktikanten übernehmen. In dringenden Fällen bin ich wie immer erreichbar."

„In Ordnung", antwortet Millie und schenkt mir ein herzliches Lächeln. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Feierabend."

„Danke, Ihnen auch. Bis morgen!"

Sie winkt mir, als ich im Aufzug stehe. Ich schaue auf mein Handy und stelle erleichtert fest, dass meine Vermieterin Nubby und Skadi in den Garten gelassen hat. Ich mache heute zwar extra etwas früher Feierabend, würde es aber trotzdem nicht rechtzeitig nach Hause schaffen. Ich mir vor, auf dem Rückweg eine kleine Aufmerksamkeit für sie zu besorgen.

...

Ich tippe die Adresse des kleinen Ladens in mein Navi ein, starte den Motor und fahre in freudiger Erwartung den ganzen Weg bis nach Northampton.

„Ein schwarzer Flügelschlag...",

singe ich laut mein liebstes Lied von Stevie Nicks mit und habe das Gefühl, dass die Zeit nur so verfliegt. Als ich schließlich vor dem kleinen, pittoresk aussehenden Laden ankomme, fällt mein Blick auf die schwarze, behauene Eingangstür und die schwarz gestrichenen Fensterläden. Attitude Disturbia steht in einer verschnörkelten, altmodischen Schrift über der Tür. Ich steige die Steinstufen hinauf und greife nach dem Ring des Türklopfers, der die Form eines Eulenkopfes hat. Ich klopfe drei Mal und trete einen Schritt zurück.

„Ich komme!", höre ich eine gedämpfte Stimme und zwei Wimpernschläge später wird auch schon die Tür geöffnet. Vor mir steht eine Frau mit silbernem Haar, das sie zu einem strengen Dutt aufgesteckt hat. An ihren schlanken Hals schmiegt sich ein schwarzes Spitzenhalsband, an dem ein runder Perlenanhänger befestigt ist. Sie trägt einen überaus aufwendig gearbeiteten Spitzen-Zweiteiler – bestehend aus einer Leggins und einem asymmetrischen Oberteil, das eine Schulter freilässt - der ihre Figur fast obszön betont. Ihre Füße stecken in geschnürten, knöchelhohen Stiefeletten. Ihre grünen, katzenartigen Augen ruhen abwartend und ein wenig misstrauisch auf mir.

„Hallo, sind Sie Lady Obscuria?", erkundige ich mich und lege eine Hand auf meine Brust. „Ida Karlson. Ich habe einen Termin."

Sofort hellt sich ihre Miene auf. „Schön, dass Sie da sind. Willkommen in meinem Designatelier." Sie macht einen Schritt zur Seite und gibt den Eingang frei. „Kommen Sie." Ich gehe lächelnd an ihr vorbei und zucke etwas zusammen, als die schwere Tür ins Schloss fällt. Ich hatte den Laden von Lady Obscuria gestern nach einer stundenlangen Recherche in einem britischen Gothic-Forum gefunden. Scheinbar reisen Liebhaber von Attitude-Mode aus ganz Großbritannien an, um sich eines der besonderen Einzelstücke zu sichern. Die anschließende Internetsuche hatte die Adresse in Northampton und eine Mobilnummer zu Tage gefördert, an die ich eine Nachricht mit der Bitte um einen Termin geschickt hatte. Die Designerin hatte innerhalb von fünfzehn Minuten geantwortet und mich direkt für heute eingeladen. Ich betrachte die schwarz-weiße Tapete an den Wänden, die vertikal gestreift ist. Lady Obscuria führt mich an einer weißen Wendeltreppe vorbei in ihren Verkaufsraum. Um mich herum ist alles schwarz, weinrot und dunkelviolett und ich weiß gar nicht, wo ich als Erstes hinschauen soll.

„Das sieht alles wunderschön aus, Lady..."

„Nennen Sie mich ruhig Nini. Lady Obscuria ist nur mein Künstlername." Sie schenkt mir ein freundliches Lächeln, das die Bildung vieler Falten auf ihrem Gesicht zum Ergebnis hat.

HENRY | .•° Eine Henry Cavill Fanfic °•.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt