Nicht zu Demonstrationszwecken, nicht, um jemandem einfach nur Angst einzujagen, rufe ich mir Eriks mahnende Hinweise in Erinnerung und entscheide mich heute das erste Mal dafür darüber hinwegzugehen.
„Sind Sie bekloppt?", fragt Harold und schaut über meine Schulter hinweg zu Anubis und Skadi, die weiter in ihrer Position verharren.
Ich will gar nicht, dass sie sich näheren, deshalb sage ich „Vantûl!" und weiß, dass sie sich sofort entspannen und sich einfach hinsetzen.
„Was labern Sie denn da, sagen Sie mal?"
Keine Reaktion in seine Richtung. Stattdessen erteile ich meinen Hunden in schneller Abfolge verschiedene Kommandos, die sie mit hundertprozentiger Sicherheit durchführen. „Platz...Steh...Sitz...Steh...Platz... So, und nun Sie, Harold", richte ich schließlich wieder das Wort an ihn und blicke in seine schwammigen Augen, aber er spricht über meinen Kopf hinweg einfach Henry an.
„Und was sind Sie für ein Mann, dass sie diese Irre auf die Menschen loslassen?"
Ich kann mir bildlich vorstellen, wie Henry die Muskeln anspannt, die Hände, in denen er die Leinen von Kal und Baggins hält, vor seinen Unterleib führt und sie übereinanderlegt. Harold ist echt todesmutig, denke ich und frage mich, ob er wirklich so lebensmüde ist sich mit jedem anzulegen. Henry könnte den Schwamm durch das Kampftraining für seine ganzen Rollen wahrscheinlich innerhalb von zwei Wimpernschlägen umboxen.
Ein weiterer Satz von Erik kommt mir in den Sinn, den er im Anschluss an den Vorfall im Storchenflug zu mir gesagt hatte - „Bei manchen Menschen reicht ignorieren nicht, Ida, ihnen muss man demonstrieren!" Ich befinde, dass er mit diesem Spruch durchaus gerechtfertigt hat, dass ich das Anté-Manöver demonstriert habe.
Ich erwarte, dass Henry gleich die Leinen fallen lässt und zu uns kommt, um Harold zu schlagen, aber er sagt nur, ganz ruhig und selbstbewusst- „Was sind Sie für ein frustrierter, armer Mann, dass Sie jeden Tag eine Frau anpöbeln müssen, hm? Wer Wind sät..."
...wird Sturm ernten, beende ich den Satz im Geiste.
Unglücklich darüber, dass er Henry nicht zu mehr provozieren konnte, sagt er laut zu mir - „Sie sind ein durchgeknalltes Miststück und ich werde es der Polizei melden, dass Sie mich mit Ihren Kötern bedroht haben! Sie sind echt eine Gefährdung für die Allgemeinheit. Ich bin hier nicht der Einzige, der das denkt!" Harold blickt sich Hilfe suchend um.
„Leider bist du das", sagt der Halter von Sammy, der das Schauspiel offenbar verfolgt hat. „Bring es ruhig zur Anzeige. Wir können gerne alle als Zeugen bestätigen, dass du die junge Frau seit dem ersten Tag beschimpfst."
Bevor Harold etwas erwidern kann, meldet sich Naraya zu Wort, die mit Jadoo neben Henry und den Hunden stehen geblieben ist. „Die Gefährdung bist du, Harold. Ich schwöre dir, wenn ich noch einmal sehe, dass du die Hinterlassenschaften von Winston nicht einsammelst, dann nimm lieber die Beine in die Hand. Ich werde den Scheiß deines Hundes nämlich eigenhändig einsammeln und dir den Kotbeutel ins Gesicht werfen, sobald ich dich einhole."
„Schönen Tag noch", sage ich und wende mich ab. Henry hebt erst das Kinn, leint die Hunde ab und gibt sie dann frei.
„Geh weiter, Harold", sagt schließlich der Halter von Sammy und ich drücke Naraya die Hand, die Jadoo gerade ebenfalls zu unseren vier Hunden schickt.
...
„Das war ziemlich beeindruckend", sagt Henry zu mir, als wir wieder im Auto sitzen und zurück nach Buckinghamshire fahren. Wir waren kurz in meiner Wohnung, um meinen Laptop und noch ein paar Kleinigkeiten zu holen. Henry hatte meine vier Wände zum ersten Mal gesehen und kommentierte fachmännischen meinen geschmackvollen Einrichtungsstil.
„Ja, vielen Dank! Das hat mir Erik, ein Exfreund, beigebracht. Er arbeitet bei der Landesdiensthundestaffel."
Henrys Finger trommeln gegen das Lenkrad. „Ich hatte kein gutes Gefühl dabei, dass du dich alleine mit ihm anlegst."
„Wenn du mir das abgenommen hättest, würde er mich immer noch nicht ernst nehmen und bei der nächsten Gelegenheit wieder pöbeln."
„Ja, wahrscheinlich. Jetzt befürchte ich aber, dass er dir irgendwo auflauert."
„Pff. Der doch nicht. Ich habe es in seinen Augen gesehen. Viel Lärm, keine Substanz."
„Ich hoffe, du hast recht, Liebes. Zum Glück ist ja Elias auch oft mit dir unterwegs."
Beschreite bitte nicht den gleichen Weg wie Erik, denke ich. Fang nicht an, mich in einen Käfig zu sperren...
Ich lasse mich eine halbe Stunde später in die Polster von Henrys Couch fallen und nehme mein Handy in die Hand. Meine linke Hand spielt mit meinen Haaren, wickelt immer wieder die gleiche Strähne um zwei meiner Finger, lässt sie hindurchgleiten, während mein Blick auf dem Display ruht. Mir werden die neuesten Nachrichten auf der Startseite der Suchmaschine angezeigt. Ich lasse den Daumen von rechts nach links gleiten, wische mich durch das Nachrichtenbanner und halte plötzlich inne, als ich ein Foto von Henry und mir sehe. Es zeigt uns, wie wir nur wenige Stunden vorher durch den Park laufen, die Hunde an den Leinen, und uns unterhalten. Ich klicke auf den Artikel, gerade in dem Moment, als Henry mir einen Whiskey on the rocks hinstellt und sich neben mich in die bauschigen Kissen sinken lässt. Ich tippe ihn an und halte das Handy so, dass er mitlesen kann.
Neue Hundesitterin angelacht, Mr. Cavill?
Newsticker mit Charleen Harrison
Na, da ist unserem Fotografen heute aber ein schöner Schnappschuss gelungen!
Kürzlich wurde die unbekannte Dame noch mit Elias Hartman im selben Park gesehen. Die Taktik lautet wohl: Erst die Tricks abschauen, dann die Kunden klauen, oder, meine Liebe? Das finden wir – mit einem Wort – RUCHLOS! Sogar die zwei Hunde, mit denen Hartman des Öfteren gesehen wurden, führt die uns – noch! – Unbekannte an der Leine.
Hartman wurde derweil in Leicester bei einem feuchtfröhlichen Männergelage gesehen – wir berichteten dazu heute früh in unserem Newsticker (Klickt auf den Link, um zum Artikel zu kommen).
Im Kombinieren ist die Frau echt eine null – zum Glück!
Ich werfe Henry einen Blick zu, der mehr sagt als es tausende Worte jemals könnten.
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HENRY | .•° Eine Henry Cavill Fanfic °•.
FanfictionIda Karlson ist beruflich in Oxford. Der Auftrag soll innerhalb weniger Wochen abgewickelt sein. Doch es kommt anders - ihr Aufenthalt wird verlängert und alles verändert sich, als sie eine kleine Notiz zugesteckt bekommt. Sie verliert sich in eine...