063 // 27. Mai - II

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Kyle führt mich etwa zwanzig Minuten später durch die Eingangshalle in den Festsaal, in dem ein unglaubliches Gewusel herrscht. Die Catering-Firma scheint früher als geplant eingetroffen zu sein und bestückt schon die langen Buffettische mit mobilen Bain-Maries, die später das Essen warmhalten werden. Außerdem wird ein kleiner Grill installiert, auf dem sich die Gäste Lachs und Steaks mit ihrem gewünschten Garpunkt zubereiten lassen können. Mr. Davies spricht mit einer seiner Angestellten, die gerade die letzten Dekorationen an der Festtafel vornimmt, und lässt sich von ihr die Sitzordnung geben. „So, bitte sehr", sagt Kyle und reicht mir die Seite, deren Grammatur sich wie Flyerpapier anfühlt – hochwertig und glatt.

Ich überfliege die Tischordnung, der in einer U-Form angeordneten Festtafel und bleibe schließlich an der Kopfseite hängen. Mr. Lind und seine Frau sitzen, wie das Königspaar, genau mittig. Neben Mrs. Lind sitzt Mr. Reyer mitsamt Begleitung, daneben der Gebietsleiter Südwest, Ivan Sakhno, mit seiner Frau. Neben Mr. Lind wurden Elias und ich platziert, daneben – wer hätte es anders erwartet – Constantin und Begleiterin. Ganz außen links soll die Personalleiterin Mrs. Seifert mit ihrem Mann sitzen, ganz rechts außen meine Assistentin, Alicia Stone, die ihren Freund mitbringen wird. „Hier", sage ich und deute mit dem Finger auf die Sitzordnung unserer Führungskräfte, „es wäre besser, wenn sie Mrs. Seifert und Mr. Scheer mitsamt Begleitungen umsetzen würden, aber bitte so, dass Mr. Scheer neben Mrs. Lind sitzt." Zwei Fliegen mit einer Klappe, denke ich. Ich muss Constantin nicht in meiner direkten Nähe haben und die Sitzordnung spiegelt so unsere interne Organisationsstruktur besser wieder, wenn der Regional- und die Gebietsleiter zusammensitzen. Am liebsten hätte ich ihn nach ganz rechts außen gesetzt, aber diese Art der internen Respektlosigkeit hätte er sicher bemerkt.

„Natürlich", meint Kyle, geht zu der Service-Mitarbeiterin und gibt ihr die Informationen weiter. Sie nickt und beginnt anschließend damit, die Sitzkärtchen entsprechend zu verteilen. „Soll ich Ihnen das Pattio zeigen? Dort wird heute der Champagnerempfang stattfinden."

„Oh, sehr gerne", antworte ich und folge Kyle. In der Eingangshalle werden derweil schimmernde Luftballons in unseren Firmenfarben mit Helium befüllt. Auf etwa der Hälfte ist unser Logo mitsamt Schriftzug abgebildet, die anderen ziert 30+1 in Anspielung auf das dreißigjährige Firmenbestehen und das einjährige Jubiläum des Oxforder Standortes. Eine Mitarbeiterin bindet und wickelt Ballons Reihe um Reihe umeinander, sodass ein Bogen entsteht, der später die massive Eingangstür schmücken wird.

„Nach Ihnen", sagt Kyle und hält mir die Tür zum Pattio auf. Ich nicke und nehme direkt beim ersten Schritt ins Freie die Veränderung zum gestrigen Abend wahr. Um die Steinsäulen der Torbögen winden sich bereits einige der Ballonketten empor. Überall verteilen sich Stehtische, die abwechselnd mit Tischdecken in Grün- und Goldpastell bedeckt sind. Kleine Blumengestecke stehen akkurat mittig auf jedem Tisch. Wann haben sie heute Morgen bloß angefangen, frage ich mich angesichts des enormen Vorbereitungsfortschritts. Die Sitzgarnituren sehen aus, als hätte man sie komplett neu bezogen. Die Farben des Webstoffes leuchten intensiv und frisch. Weitere Tische stehen in dem Wandelgang, der das Pattio umrahmt. Die zwei doppelflügeligen Türen, die in den Garten führen, stehen weit geöffnet und geben einen kleinen Blick auf die grüne Oase frei. Die Gärtner sind immer noch dabei, die Blumen und Ziergehölze zu wässern und zu beschneiden. „Was denken Sie?", erkundigt sich Kyle und schenkt mir ein hinreißendes Lächeln, das kleine Fältchen in die Haut um seine dunklen Augen gräbt.

„Ich bin ehrlich begeistert, was Sie und Ihr Personal hier auf die Beine stellen!", gebe ich ohne falsche Zurückhaltung zu.

„Das freut mich sehr zu hören." Die Falten prägen sich noch etwas mehr aus. „Heute Abend werden Blake und ich übrigens ebenfalls an der Veranstaltung teilnehmen. Wir halten uns jedoch im Hintergrund und sind nur für den Fall vor Ort, dass Sie oder die anderen Gäste Wünsche oder Fragen haben. Haben Sie noch ein Anliegen? Ansonsten würde ich mich wieder der Organisation des Events widmen." Seine Augen blitzen und ich frage mich, welche Arten von Anliegen ich wohl an ihn richten dürfte.

HENRY | .•° Eine Henry Cavill Fanfic °•.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt