061 // 26. Mai - V

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Nachts wache ich auf, schaue in die Dunkelheit und wälze mich hin und her. Der Wind ist deutlich stärker geworden, im Haus knackt es immer wieder und ich erwarte beinahe, dass es Kyle ist, der mir einen Schrecken einjagen will. Als ich nicht wieder einschlafen kann, stehe ich auf und gehe zu den Fenstern hinüber. Ich ziehe einen der Vorhänge zur Seite, öffne das Fenster vollständig und atme die kühle Mainachtluft ein. Ich überlege einen Moment, ob ich auf die Loggia hinaustreten soll, entscheide mich aber dagegen, als die Frische meine Haut kitzelt und sich dadurch die Haare an meinen Armen aufstellen. Ich versuche, irgendetwas im Garten zu erkennen, aber das wenige Licht, das der Mond und die Sterne spenden, hebt nur ganz grob die Konturen der Steinskulpturen hervor. Dunkelgrau auf schwarz... Ich schließe die Augen während ich gleichmäßig atme. Ich beginne plötzlich ein Lied zu summen, der Text taucht vor meinem inneren Auge auf.

„Ich warte auf Dich. Bitte komm nach Hause..."

Ich merke erst, dass ich weine, als ein Windhauch meine Wange streift und es sich anfühlt, als würden sich Eiszapfen aus meinen Augen lösen. Der Schmerz der Einsamkeit überkommt mich in Wellen und ich beginne zu zittern. Ich vermisse meine Oma und meinen Opa, meine Eltern, Marleen und Clara...am meisten aber Henry, mit dem die Zeit immer, immer, immer viel zu kurz ist.

„Mon amour, je t'adore", lautet eine weitere Textzeile, die mir am meisten wehtut, denn sie drückt aus, was ich für ihn fühle, was aber nie ausgesprochen wurde.

Was würde ich jetzt dafür geben, dass mich jemand in den Armen hält. Dazu kommt eine leichte Übelkeit, die sich wegen des morgigen Tages zusätzlich meiner inneren Organe bemächtigt – als wäre es nicht schon schlimm genug, wenn das Herz leidet. Ich bleibe noch einen Moment am Fenster stehen und ziehe den Vorhang wieder zu, als mir langsam wirklich kalt wird. Mit einem Körper, der überall zu schmerzen scheint, krieche ich zurück unter die Bettdecke und hadere damit noch einmal auf das Handy zu schauen. Die Chancen stehen fifty-fifty, dass Henry sich gemeldet hat. Wenn es der Fall ist, ist es ein kleiner Trost. Wenn nicht, ein weiterer Stich. Als ich mit meiner Impulskontrolle keinen Erfolg habe, greife ich nach dem Handy und sehe Nachrichten von meinen Freundinnen, Elias und...

...keine von Henry.

Ich könnte mich dafür ohrfeigen, dass ich um 2:30am in der Nacht tatsächlich auf das Handy schaue, nur, um mein Herz noch verstimmter zu färben. In meinem Kopf kämpfen Wut, Enttäuschung und Trauer miteinander und ich würde ihm am liebsten noch eine dritte Nachricht schreiben, halte mich aber dieses Mal zurück.

Der blöde Kerl, er weiß, dass der morgige Tag wichtig für mich ist und erachtet es nicht als notwendig, sich mit einer einzigen Nachricht zu melden. Pff! Will er mich für dumm verkaufen? Niemals haben sie um diese Uhrzeit noch am Set zu tun, bestimmt seit fünf Stunden nicht mehr und er schafft es trotzdem nicht! Na, da muss ja etwas ganz besonders Wichtiges dazwischen gekommen sein...etwas oder jemand. Ich würde gerne laut schreien, aber ich weine lieber noch ein paar stille Tränen und schlafe schließlich wieder ein.

HENRY | .•° Eine Henry Cavill Fanfic °•.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt