032 // 16. April - IV

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Henry hält meine Hände fest, lehnt sich gegen den Griff, an den ich mich vorhin geklammert hatte und zieht mich an sich heran. Ich mache meine Hände los und schlinge meine Arme um ihn. Ich blicke ihn an, als ich ganz nah vor ihm stehe, kann wegen der Sonnenbrille aber seine Augen nicht sehen, spüre dennoch, dass er mich intensiv anschaut. Mein Körper drückt sich an ihn, als ich ihm einen kleinen, aber leidenschaftlichen Kuss gebe. Dabei stößt mein Kopf gegen die Krempe seines Hutes und schiebt ihn dadurch noch weiter nach hinten. Henry sieht jetzt aus, wie ich mir Huckleberry Finn vorstelle und ich muss bei dem Anblick lachen.

„Na, wie gehen die Fische heute am Mississippi, eh?", frage ich in einem Südstaatenton. Henry schnaubt amüsiert, tastet nach dem Hut und schiebt ihn wieder richtig auf seinen Kopf. Er gibt mir einen Klaps auf den Po und ich kichere noch einen Moment. Niran stellt derweil den Motor ab und lässt das Boot sacht mit dem restlichen Schwung an den Steg gleiten.

„Da wären wir", sagt er. „Wenn Sie fertig sind, kommen Sie einfach wieder zum Steg. Ich halte mich in der Nähe auf, möchte aber eine Stunde Pause machen, wenn Sie erlauben."

„Aber natürlich!", gebe ich sofort zurück.

„Ich kann noch nicht sagen, wie lange wir brauchen", ergänzt Henry.

„Kein Problem, kein Problem. Ich bin hier", antwortet unser Skipper und ein gesetzter, entspannter Ausdruck legt sich auf sein Gesicht, sodass er mich an einen Mönch erinnert. Niran begleitet uns Richtung Steuerbord, das am Steg anliegt. Er reicht mir wieder aufmerksam die Hand und hilft mir beim Aussteigen. Ich habe für einen Moment das Gefühl, dass der Steg wankt, aber wahrscheinlich hat sich mein Gleichgewichtssinn noch nicht wieder auf festen Boden eingestellt. Henry folgt mir und legt Niran zum Abschied eine Hand an den Oberarm. Sie nicken sich noch einmal zu. „Zum Markt kommen Sie, wenn Sie sich von hier aus rechts halten", sagt unser Skipper noch.

Ich nehme mir einen Moment Zeit, die Schönheit der Bucht auf mich wirken zu lassen. Linker Hand ist alles dicht und üppig grün bewachsen. Jetzt schon etwas näher, aber immer noch am Horizont liegend, ragen kluftige graue und trotz der Höhe grün bewachsene Felsen empor. Einige weitere Boote liegen vertäut an mehreren Stegen und dümpeln im seichten Wasser vor sich hin. Vor allem Einheimische, ein paar von ihnen tragen Kegelhüte und weite Hosen, aber auch einige Besucher in bunter Kleidung stehen vor einer kleinen, etwas windschiefen Strandhütte und nippen an Getränken. Wir gehen rechts entlang und treffen nach wenigen Schritten über den Sand auf einen Strandweg aus hellem Holz, der sich bestimmt hundert Meter weiter erstreckt, ehe er am Ende auf einer Promenade endet. Henry schiebt sich mit einem Finger die Sonnenbrille nach oben. Wenn wir links entlanggingen, würden wir auf eine Art Waldpfad treffen, der sich durch die dichte Vegetation schlängelt. Wir halten uns weiterhin rechts und ich entdecke, dass sich links von der Promenade ein breiter Kanal befindet, der uns auf unserem Weg begleitet. Auf der anderen Seite stehen traditionelle Häuser und Hütten unterschiedlicher Größe. Vor einigen hängt frisch gewaschene, bunte Wäsche auf Leinen, die von Bambuspfählen gehalten werden.

Nach circa fünf Minuten treffen wir linker Hand auf eine Holzbrücke, die über den Kanal führt. Ich sehe mich suchend um. Der Boulevard erstreckt sich noch hunderte Meter weiter in unsere bisherige Laufrichtung, der Kanal ebenso, zweigt aber hinter der Brücke nach links ab. Henry blickt sich ebenfalls um und will gerade auf eine ältere Frau zugehen, die uns von vorne entgegenkommt, als ein mit Obst jeglicher Farbe beladenes Boot unter der Brücke durchfährt und nach links abbiegt. Darauf sitzt eine junge Frau in einer weiten purpurnen Hose, einem blasslila Hemdchen und einem Ngob aus Palmenstroh und Bambus auf dem Kopf, der sie vor der heiß herabbrennenden Sonne schützt. Das Obst liegt nach Sorten sortiert auf einem großen Bananenblatt und sieht unglaublich frisch und knackig aus. Die Form des Paddelbootes erinnert mich an eine Banane – vorne und hinten schmal zulaufend, mittig deutlich breiter. Das Paddel klatscht gerade auf die Wasseroberfläche und taucht danach ein, das Boot bewegt sich recht zügig vorwärts.

HENRY | .•° Eine Henry Cavill Fanfic °•.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt