- Interludium -
August
Ich hatte an diesem Tag früher Feierabend gemacht, nachdem ich für die britischen Kollegen eine Schulung in Bezug auf unsere Coaching-Angebote gegeben hatte. Unser Konzept wurde über die nationalen Grenzen hinaus schließlich als Der Eiland-Weg bekannt. Wir verzichten in unserer beraterischen Tätigkeit auf Standardpläne. Jeder Kunde wird ganzheitlich betrachtet.
Im Anschluss an die mehrstündige Schulung hatte ich eine ausgelassene Shoppingtour durch die Innenstadt von Oxford unternommen. Ich hatte verschiedene kleine Boutiquen durchforstet, mich in The Caftea, mein Stamm-Café, gesetzt, Leute beobachtet und kurze Gespräche mit Einheimischen an den Nebentischen geführt. Anschließend hatte ich mich durch die Gässchen treiben lassen und einen kleinen Buchladen mit dem zauberhaften Namen Lily's Booky Emporium entdeckt.Als ich die Tür öffnete, klingelte ein helles Glöckchen und kündigte mich der Eigentümerin an, die freundlich vom Kassentresen aus zu mir herübersah. Instinktiv fand ich, dass sie genau passend für diesen Laden war. Lange rotbraune Haare, die ihr in großen Locken über die schmalen Schultern fielen, ein hübsches, elfenartiges Gesicht mit einer Stupsnase und strahlend blaue Augen. Sie begrüßte mich herzlich und lud mich mit einer kleinen Geste ihrer linken Hand dazu ein, mich im Laden umzusehen, der gefühlt auf jedem Zentimeter etwas zu entdecken bot. Den Laden hatte ein leichter, angenehmer Duft nach Zimt-Räucherstäbchen durchströmt. Ich ließ interessiert den Blick durch den Laden schweifen.Themenbezogene Erkerchen und verschiedene interessante Leute dominierten den kleinen Laden.
Vor dem Themenbereich Astrologie stand ein groß gewachsener, schlanker Mann, der mich an einen Professor erinnerte, der leicht eine zentrale Rolle bei Harry Potter hätte spielen können. Er hatte einen grauen Backenbart, graues, noch recht volles Haar, eine lange gerade Nase, auf der eine kleine runde Brille thronte und kluge graublaue Augen. Ich lächelte ihn an, er lächelte zurück und widmete sich wieder seiner Lektüre, die er ausgewählt hatte und einen Augenblick später zu einem großen, gut gepolsterten Ohrensessel trug. Ich stöberte kurz durch die Bücher, thematisch dazu passenden Dekoartikel und fand dabei ein hübsches violettes Notizbuch, das mit Steinen, Glitzer und magischen Verschnörkelungen verziert war. Ich legte es in ein kleines Bastkörbchen, das ich zwischen den Bücherregalen gefunden hatte. Das Büchlein war perfekt für meine Freundin Marleen, die neben einem royalen auch ein kleines Faible für Astrologie und Hexerei hatte.
Ich bummelte weiter und hatte das Gefühl, gar nicht alle Kleinigkeiten im Raum erfassen zu können. Überall befanden sich schöne Kleinartikel, handgemachte Tassen, Schälchen, Geschirrhandtücher und Unzähliges mehr, was meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Im angrenzenden Erker stand ein junges Pärchen und durchsuchte die exklusiv aussehende Auswahl an Mangas und Comics. Zwischendurch kicherten beide immer wieder und unterhielten sich im Flüsterton. Ich kam an einer Wendeltreppe vorbei, die nach oben führte. An der Wand war ein hölzernes Schild befestigt, in das Tea Time Reading Circle eingraviert war. Ich warf einen Blick nach oben und konnte einige bunt gemischte Stühle mit samtigen Bezügen entdecken. An der Wand befand sich eine Tee- und Kaffeebar.
"Falls Sie ein Buch finden, das Sie interessiert, können Sie sich auch oben damit hinsetzen. Der Reading Circle ist erst heute Abend. Unser Barista kommt in einigen Minuten und kann Ihnen ein Getränk zubereiten ... oder Sie bedienen sich einfach selbst", sprach mich Lily, die Ladenbesitzerin, plötzlich an und berührte mich sanft am Arm. Sie schenkte mir ein warmherziges Lächeln und ging leichtfüßig wieder in Richtung Kasse. Ehe sie ihren Platz eingenommen hatte, war sie beim Professor stehengeblieben und hatte sich lachend einen Moment mit ihm unterhalten. Sie legte ihm ebenfalls die Hand auf den Arm. Was für eine nette kleine Geste. Ich wandte mich der nächsten Ecke zu, ließ den Blick schweifen und stieg dann die Wendeltreppe hinauf. Ich machte mir einen Tee, hinterließ ein Trinkgeld in der handgemachten Sammelvase und setzte mich auf einen der Sessel. Ich sah, dass mit dem Rücken zu mir ein großer Mann bereits Platz genommen hatte.
Ich ließ meinen Tee ziehen und prüfte nebenbei die eingegangenen Nachrichten - nur auf meinem eigenen Handy. Die Arbeitsmails hatte ich jedoch geflissentlich ignoriert. Zuvor hatte mich die ständige Erreichbarkeit beinahe an den Rand eines ernsthaften Burnouts getrieben. Ich nickte dem Barista lächelnd zu, der gerade die Wendeltreppe nach oben kam. Wow, das ist ein sehr attraktiver Mann! Er hatte dunkle Haare, die er zu einem Dutt gebunden hatte, einen Nasenring im rechten Nasenloch, grüne Augen mit einem deutlichen Gelbstich und einen längeren, überaus gepflegten Bart. Der schöne Mann trug unter einer dunkelgrauen Weste mit doppelter Knopfleiste ein weißes Hemd, das seine sportliche Statur sehr eindrücklich betonte. Ich schmunzelte noch, als ich die Treppen wieder hinabstieg und beschloss, auf jeden Fall in den nächsten Tagen mal zum Lesezirkel zu gehen, um mir diesen Anblick noch einmal zu Gemüte zu führen. Der Mann, der im Samtsessel mit dem Rücken zu mir saß. Ich konnte von ihm eigentlich nur das dunkle, volle Haar sehen, das die Stuhllehne überragte....
Ein Schlagloch reißt mich kurzzeitig aus den Gedanken, Lucas entschuldigt sich sofort. Ich winke ab und blicke aus dem Fenster, sehe dabei, wie die Bebauung langsam weniger wird, Felder, Wiesen, Wälder bis zum Horizont hingegen deutlich zunehmen. Ich sehe Höfe, Bauern, die ihr Vieh wegen der einsetzenden Dämmerung gen Stall treiben, Kinder, die in den hübschen Vorgärten spielen und eine Katze, die auf einer Backsteinmauer sitzt und sich die Pfötchen leckt. Ein schöner, britischer Novembernachmittag. Wir folgen der sich scheinbar ewig dahinschlängelnden Landstraße weiter Richtung Nordosten.
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HENRY | .•° Eine Henry Cavill Fanfic °•.
Fiksi PenggemarIda Karlson ist beruflich in Oxford. Der Auftrag soll innerhalb weniger Wochen abgewickelt sein. Doch es kommt anders - ihr Aufenthalt wird verlängert und alles verändert sich, als sie eine kleine Notiz zugesteckt bekommt. Sie verliert sich in eine...