023 // 15. April - II

47 4 6
                                    

Ich weiß nicht, wie lange wir so in völliger Ruhe und Entspannung liegen. Mir ist jegliches Zeitgefühl abhandengekommen.

„Hey...", sagt Henry mit leiser, leicht kratziger Stimme.

„Hi...", gebe ich kaum hörbar von mir. Es fühlt sich so an, als hätte Dao alles aus mir herausmassiert - auch meine Stimme. Ich bin gereinigt, beinahe schwerelos und brauche einen Moment, um Körper und Geist zu verbinden, mich auf dem Massagebett wieder zu einer Einheit zusammenzuführen. „Hat dir die Massage gefallen...?", bringe ich schließlich halblaut hervor.

„Hmpf...ohja...ich glaube, ich bin zwischendurch auch eingeschlafen", gibt Henry auch nicht viel lauter zurück.

Ich schnaube amüsiert, ehe ich antworte. „Das freut mich."

Henry streckt seinen Arm aus, ich befreie meinen linken Arm und strecke ihn ebenfalls aus. Unsere Hände treffen sich, unsere Finger greifen ineinander. Wir bleiben noch einige Minuten so liegen, ehe Henry schließlich das Laken zurückschlägt und sich aufsetzt. Ich tue es ihm gleich. Am Ende der Massagebetten liegen ordentlich gefaltet unsere Bademäntel.

„Ich bin froh, dass Pana nicht auf mich gestiegen und mich mit den Füßen massiert hat...", meint Henry, als er sich gerade den Gürtel zuknotet, „...als du gesagt hast, dass du eine Thai-Massage gebucht hast, habe ich direkt Bilder in meinem Kopf gehabt, die eher schmerzhaft als entspannend aussahen."

„Ja, ich war darüber auch froh. Ich glaube, das hängt immer auch vom persönlichen Stil der Masseure ab...und ich hatte extra bei der Buchung gesagt, dass es auf jeden Fall eine ruhige Massage sein soll."

Er wirft mir ein Lächeln zu und wendet sich nach rechts. Er geht einige Schritte und schiebt zwei schwere, dunkelrote Vorhänge beiseite, die den Massageraum in zwei Bereiche teilen. Henry zieht mit der rechten Hand den Vorhang noch weiter auf und lässt mich hindurchtreten, ehe er mir folgt. Wir betreten einen etwas kleineren Bereich, der mittig mit zwei großen, gut gefüllten Sitzsäcken, einem flachen Teetischchen, gedimmten Lämpchen und Kerzen bestück ist. Vor dem Vorhang steht auf der linken Seite ein Beistelltisch, auf dem auf einem metallenen, verschnörkelten Stövchen eine hübsche Keramikteekanne über einer Kerze warmgehalten wird. Daneben stehen zwei Teegefäße aus derselben schwarz-rötlichen Keramik, die mit goldenen Malereien verziert ist, die eine Berglandschaft, ein Tal und einen See zeigen. Auf einem zweiten kleineren Beistelltisch, der direkt danebensteht, befindet sich ein gläsernes, bauchiges Ölgefäß. Ich berühre es mit dem Finger, es fühlt sich angenehm warm an. Henry gießt uns Tee ein, der nach Rosmarin, Zimt, Orange und Zitrone duftet. Eine entgiftende Mixtur! Er reicht mir einen Teebecher und wir nehmen auf den samtenen, violett-roten Sitzsäcken Platz. Ich sinke tief ein und gebe ein gelöstes „Aah!" von mir. Henry zuppelt an seinem Bademantel herum, der ihm beim Hinsetzen ziemlich weit nach oben gerutscht ist. Ich lache leise auf.

„Wird es denn gehen?", erkundige ich mich.

Henry zuckt mit den Schultern und löst kurzerhand den Gürtel. Sein nackter Körper kommt unter dem zu den Seiten weggleitenden Stoff zum Vorschein. „So ja", antwortet er und grient breit.

Ich schüttle leicht den Kopf. „Hauptsache es ist jetzt bequemer."

„Ungemein." Henry lässt sich nun ebenfalls in den Sitzsack sinken.

Wir trinken andächtig den Tee aus. Mir gefällt der Geschmack des würzig-herben Rosmarins in Kombination mit dem duftig-süßen Zimt und der leichten Säure von Zitrone und Orange. Henry schließt die Augen, lässt sich tief in den Sitzsack sinken. Ich blicke mich im Raum um und entdecke in der linken hinteren Ecke ein kleinen Bambusregal, in dem sich Tatamikissen und flauschig aussehende Decken befinden. Ich stelle meine Tasse auf den kleinen Teetisch, der zwischen den Sitzsäcken steht, und erhebe mich. Ich durchquere den Raum, in dem ein betörender Duft nach Rosenholz und Jasmin liegt. Die Musik scheint dabei mein Innerstes in Schwingungen zu versetzen, weshalb ich vermute, dass sie auf dem Kammerton A mit vierhundertzweiunddreißig Hertz gestimmt ist, was auf den menschlichen Körper eine besonders beruhigende und tiefenentspannende Wirkung hat. Die Frequenz ermöglicht es, sich innerlich durch die Musik berührt zu fühlen und tiefste Empfindungen wahrzunehmen. Mehr als einmal waren mir bei den Entspannungseinheiten am Ende der Yogasessions im Studio die Tränen geflossen - oder ich hatte plötzlich angefangen zu lachen. Ich hatte dies bislang als überaus heilsam und entwicklungsfördernd empfunden. Henry gibt gerade einen wohligen, entspannten Laut von sich, der mich in der Annahme bestätigt. Ich stehe nun vor dem Regal und nehme eines der Tatamikissen. Bevor ich zu den Sitzsäcken zurückkehre, hole ich noch das gläserne Ölgefäß von dem kleineren der zwei Beistelltische. Ich durchquere daraufhin den Raum mit wenigen Schritten und bleibe vor Henry stehen. Das Tatami lege ich vor ihm auf den Boden und nehme in kniender Position darauf Platz. Ich lege meine Hände auf seine Knie, streichle mit den Fingerspitzen seinen Oberschenkel. Er öffnet seine Augen einen Spalt, als ich einen Zipfel seines Bademantels von seinem Oberschenkel streiche, der dann auf den samtenen Stoff gleitet. Ich nehme etwas Öl auf, verreibe es leicht auf meinen Fingern und streiche dann über seine Oberschenkel, während ich ihm in die halb geöffneten Augen schaue.

HENRY | .•° Eine Henry Cavill Fanfic °•.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt