Golddigger

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   In meinem Zimmer angekommen lehnte ich mich zuerst mit dem Rücken an meine Tür. Das kühle Holz tat gut und ich seufzte laut auf.

   Was für ein verrückter Abend. Er hatte sowohl seine positiven, als auch seine negativen Momente gehabt.

   Dann stieß ich mich von der Tür ab und ging sofort ins Badezimmer. Ich würde mich erst abschminken müssen, bevor ich ins Bett konnte.

   Wie sehr ich das hasste. Ich würde mich so gerne sofort ins Bett legen und mich einfach morgen darum kümmern. Doch das würde meine Haut mir nie verzeihen.

   Nachdem ich mein Gesicht abgeschminkt und eingecremt hatte, hatte ich mir ein weites, schwarzes Shirt aus meinem Koffer geschnappt. Dazu zog ich eine kurze, graue Hose an.

   Jetzt setzte mich auf die Bettkante meines überdimensional großen Betts. Ich hatte die Matratze noch gar nicht getestet. Also ließ ich mich hinten rüber fallen und breitete meine Arme aus. Oh ja, hier drauf würde es sich schlafen lassen. Sie war wahnsinnig weich. Ich bewegte die Arme ein wenig, als würde ich einen Schneeengel machen. Dann stockte ich.

   Mit einem Mal fiel mir ein, dass ich mich noch gar nicht bei Carlos bedankt hatte. Immerhin hatte er mich mit in den Club genommen und mich seinen Freunden vorgestellt. War er wohl noch wach?

   Mit einer plötzlich neugefundenen Kraft in meinem Körper, welche nur vom Alkohol kommen konnte, stand ich auf und ging zur Tür. In einem kurzen klaren Moment griff ich mir noch schnell meine Zimmerkarte. Dann verließ ich mein Zimmer.

   Erst als ich dann im Flur stand, bemerkte ich, dass ich nur Socken anhatte. Verdammt. Ich musste aussehen wie eine Verrückte. Ich drehte mich wieder zu der Tür um, um mir Schuhe zu holen. Genau dann fiel sie vor meiner Nase ins Schloss.

   „Blöde Automatik.", fluchte ich leise. Gerade wolle ich sie mit meiner Karte wieder öffnen, als ich Stimmen hörte.

   „Das geht nicht Carlos! Denk doch mal nach!"

   Es war Matthins Stimme. Ich senkte die Hand, in der ich meine Zimmerkarte hielt und drehte meinen Kopf in die Richtung, aus der seine Stimme gekommen war.

   Durch einen kleinen Spalt von Carlos Zimmertür drang Licht in den Flur. Sie war anscheinend nicht richtig zu.

   Neugierig machte ich einige Schritte auf die Tür zu. Dabei half mir der Fakt, dass ich nur Socken anhatte, da meine Füße keinen Laut auf dem weichen Teppichboden von sich gaben.

   „Matthin, du verstehst das nicht.", versuchte Carlos seinem Freund etwas zu erklären.

   Ich trat direkt an den Türrahmen. Durch den Spalt konnte ich nichts sehen. Stattdessen starrte ich auf eine weiße Wand. Ich konnte aber nicht anders und musste den beiden zuhören.

   „Carlos, sie ist ein Fan. Ein Fan. Verstehst du das?"

   Meine Augen wurden größer und ich wurde nervös. Es ging um mich.

   „Was hat das eine denn mit dem anderen zu tun? Du bist du auch ein Formel Eins Fan.", argumentierte Carlos.

   „Ich steh aber nicht auf dich!" Matthins Stimme wurde lauter.

   Ich versteifte mich. Matthin dachte ich würde auf Carlos stehen? Ja, ich fand ihn attraktiv und ich freute mich, wenn wir Zeit verbrachten. Ich hatte seine Handynummer und wir telefonierten ab und zu. Das hieß doch aber nicht, dass ich auf ihn stand. Oder?

   Ich wartete gespannt auf Carlos Antwort.

   Doch statt einer Antwort war nur Schweigen zu hören.

   „Verstehst du, was ich meine?", redete Matthin weiter.

   „Du kennst sie nicht.", murmelte Carlos nur leise.

   „Aber du schon? Wie lange kennt ihr euch? Seit Zandvoort. Wie viel Zeit habt ihr miteinander verbracht? Kaum. Mann, du verstrickst dich hier in etwas dessen Ausmaße du nicht kennst!"

   Ich zog meine Augenbrauen zusammen. Was dachte Matthin denn, was ich vorhatte? Ihn ausrauben? Öffentlich bloßstellen? Ein Golddigger war ich auch nicht.

   Was sollte das also? War es deswegen so zurückhaltend gewesen? Es gefiel ihm nicht, dass ich ein Fan war.

   Gut, konnte ich verstehen. Er konnte aber auch einfach mit mir reden, anstatt hinter meinem Rücken zu Carlos zu rennen und schlecht über mich zu reden. Vielleicht wollte er einfach nur ein guter Freund sein, doch so über mich zu reden, obwohl er mich überhaupt nicht kannte, ging gar nicht.

   Ohne weiter darüber nachzudenken, öffnete ich die Tür weiter und trat übermütig in das Zimmer ein.

   Das Zimmer sah genau so aus wie meins. Carlos und Matthin standen sich gegenüber. Matthin stand mit dem Rücken zu mir. Er hatte immer noch dieselben Sachen aus dem Club an. Carlos stand vor seinem großen Bett, die Arme vor der nackten Brust verschränkt. Er trug kein Shirt und eine graue Jogginghose.

   „Matthin, ich weiß, dass du...", fing Carlos gerade wieder an, als sich sein Kopf zu mir drehte. Seine Augen wurden groß.

   „Kiera.", flüsterte er überrascht und seine Arme lösten sich aus der Verschränkung.

   Blitzschnell drehte sich Matthin zu mir um. Sobald er mich sah, wurde sein Blick überrascht, aber auch feindselig.

   Voller Selbstbewusstsein verschränkte ich meine Arme vor meiner Brust und starrte Matthin an.

   „Was habe ich dir getan?", fragte ich ihn mit fester Stimme, ohne, dass ich eine Antwort erwartet. Denn ich hatte ihm nichts getan.

   Matthin schien zu überrascht zu sein, als dass er etwas sagen konnte.

   „Ich mag zwar ein Fan sein, jedoch kam nichts von alledem" Ich breitete meine Arme aus, um meine Aussage zu verdeutlichen. „von mir.", beendete ich meinen Satz, indem ich auf mich selbst deutete.

   „Denkst du ich kam mit meinem mickrigen Gehalt auf die Idee eine Suite im 36. Stock, in einem Luxushotel, direkt neben Carlos Sainz zu buchen?" Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein. Carlos hat es mir angeboten." Ich holte kurz Luft und trat einen Schritt näher an ihn heran.

   „Denkst du ich habe nach Carlos Nummer gefragt?" Wieder schüttelte ich meinen Kopf. „Nein. Die hat er mir freiwillig gegeben." Ich machte einen weiteren Schritt auf ihn zu."

    „Ich bezahle mein eigenes Ticket für dieses Rennwochenende. Ich bin mit meinem eigenen Auto hergefahren. Ich habe meinen eigenen Merch gekauft.", zählte ich auf.

   „Also sag mir, vor welchen Ausmaßen", ich setzte das Wort mit meinen Fingern in Gänsefüßchen. „sollte Carlos Angst haben?"

   Matthin hatte meinem Blick die ganze Zeit standgehalten, was ich ihm hoch anrechnete. Doch er schwieg.

   „Matthin vielleicht gehst du lieber." Carlos war von hinten an ihn herangetreten und legte eine Hand auf die Schulter seines Freunds.

   „Wir sollten lieber morgen darüber reden, wenn wir ausgeschlafen und nicht mehr betrunken sind."

   Matthin nahm seinen Blick nicht von mir, als er Carlos antwortete. „Na gut.", war das Einzige, was er sagte. Dann ging er so nah an mir vorbei, dass er mich fast anrempelte.

   Als er das Zimmer verließ, schloss er die Tür hinter sich.


A longer Bathroom Break - Carlos Sainz x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt