Kasimir streckte sich, während er durch den Hausflur zur Küche schlurfte. Gefühlt hatte er den halben Tag verschlafen, doch er war so erholt wie lange nicht.
Die Küchentür stand offen, dahinter nahm er Geschirrklappern wahr. Er blieb im Rahmen stehen und gab ein leises »Morgen ...« von sich. Jean saß wie am Vorabend mit seinem Smartphone in der Hand am Tisch und erwiderte seinen Gruß. Sein großer Bruder stand vor der Spüle, vertieft ins Schälen einer Mango. Und dann war da noch Alain, der Jean gegenübersaß, seine Stirn auf die Handballen stützte und die Tischplatte anstarrte. Als er Kasimir bemerkte, hellte sich seine Miene auf.
»Guten Morgen. Ausgeschlafen?«
»Ja ...« Kasimir tappte mit gesenktem Blick in den Raum. Die Befangenheit hemmte ihn, doch er schluckte seine Nervosität herunter. Wenn er diesem Mann zehn Minuten lang in den Hemdkragen heulen konnte, sollte er auch ein Gespräch zustande bringen. »Wo ist Adèle?«
»In der Musikschule. Sie gibt vormittags Unterricht, ich am Nachmittag.«
»Verstehe.« Kasimir ließ sich zögerlich auf dem Stuhl neben seinem Vater nieder, als dieser ihm den Platz anbot. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Martin ihn über seine Schulter hinweg musterte. »Wie lange arbeitet ihr schon zusammen?«
»Ach, ewig ... zwölf Jahre? Zumindest war Jean noch nicht geboren.«
»Jepp. Mein Geburtstag ist genau neun Monate nach der Eröffnungsfeier«, kommentierte Jean zwinkernd. Sein Vater schnippte ihm mit dem Finger an die Stirn, dann seufzte Alain und griff sich an die eigene.
»Alles in Ordnung?«, murmelte Kasimir. Sein Vater winkte ab, massierte mit den Fingerspitzen seine Schläfen.
»Papa hat Kopfschmerzen«, antwortete Jean, ohne sein Handyspiel zu unterbrechen. »Hat letzte Nacht heimlich im Wohnzimmer gesoffen.«
»Silence, coquin.« Alain griff nach dem Schirm seines Basecaps und drückte ihm die Mütze so tief ins Gesicht, dass Jean sein Display nicht mehr erkennen konnte und protestierte. Kasimir schmunzelte, betrachtete seine verschränkten Finger. Tatsächlich hatte Alain sich noch zwei Gläser genehmigt, während sie gemeinsam im Wohnzimmer die Sushibox geplündert hatten. Er war redselig geworden, hatte von seinen Anfängen als Klavierlehrer berichtet. Vorspiele, die er in den Sand gesetzt hatte, seine finanziellen Engpässe in der Branche. Auch Kasimir war nach und nach aufgetaut, hatte von seiner Kindheit mit Cecilie erzählt, seiner Großmutter. Die Neugier in Alains Augen hatte ihm verdeutlicht, wie sehr sein Vater sich für ihn interessierte.
»Bestimmt Salmonellen.«
Martins Kommentar verlagerte die Aufmerksamkeit auf die Spüle. Er schälte stoisch sein Obst, als wäre er nicht an der Konversation beteiligt.
»Davon bekommt man Durchfall, keine Kopfschmerzen.« Jean legte sein Smartphone zur Seite und richtete seine Mütze. »Außerdem haben wir auch Sushi gegessen, und uns geht's gut.«
»Ein Hirnschaden mehr fällt bei dir nicht auf.«
»Martin ...«, raunte Alain und drückte die Hände fester auf seine Stirn. »Hör auf, deinen Bruder zu ärgern.«
»Mach ich nicht. Er ist blöd.« Martin legte das Messer beiseite, drehte sich um und schob sich ein Stück Mango in den Mund; sein Gesicht war zur Hälfte verborgen unter der schwarzen Kapuze. »Wenn er nicht Basketballprofi wird, landet er auf der Straße.«
»Gut, dass ich ab Herbst auf die Sportschule gehe«, erwiderte Jean und warf eine zusammengeknüllte Serviette nach seinem Bruder, erwischte ihn an der Stirn. Zugegeben, treffsicher war er. »Dann muss ich dein doofes Gesicht nicht mehr jeden Tag sehen ...«
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All Eyes On Us [3]
Romance🎼 Abschlussband der Reihe "All Eyes On Me"! 🎼 *abgeschlossen* #leomir 🐰🏳️🌈🩷 [Achtung - SPOILER für Band 1 & 2] . . . Kasimir und Leo haben sich für eine gemeinsame Zukunft entschieden. Als sein Agent setzt Leo alles daran, die Musik seines Fre...